Der Ring der Kraft - Covenant 06
brauchten nur noch zu wissen, wohin es nun ging. Die Angelegenheiten, mit denen man sich noch befassen mußte, betrafen die Haruchai. Aber nachdem Covenant die Kameraden Cails zum Aufstehen gedrängt hatte, war es die Erste, die sich an ihn wandte. Trotz Kampf und Trauer wirkte sie frisch und munter. Im Gegensatz zu ihrem Gatten hatte die Bewährungsprobe des harten Gefechts Anstrengungen und Anforderungen für sie bedeutet, für die sie ausgebildet worden war, die sie verstand. »Erdfreund«, sagte sie feierlich, Glanz in Haar und Stimme, »wir heißen dich von neuem in unserer Mitte willkommen. Die Niederwerfung der Sonnengefolgschaft, das Löschen des Sonnenfeuers und die Befreiung Schwelgensteins sind fürwahr Heldentaten, die zu höchstem Stolz berechtigen, und man wird sie von Meer zu Meer, überall dort, wo unser Volk noch Wohlklang und Gesang im Herzen trägt, in Liedern ehren. Niemand wollte es wagen, Rede dagegen zu führen, sollte es dein Wunsch sein, hier zu verbleiben und dir Ruhe und Erholung zu vergönnen. Gar ziemlich wär's, euch für das, was du und die Auserwählte vollbracht habt, Kunstfertigkeit und Gesicht, welchselbige in dieser von Riesen geschaffenen Feste in Stein gefaßt worden sind, zur Wohnstatt zu geben.« Die Riesin sprach weiter, ohne zu stocken. »Dennoch preise ich das Trachten, das dich von diesem Ort von neuem in die Ferne zieht. Durch Fährnisse und schmerzlichen Verlust bin ich dir um die Welt gefolgt, und nun endlich war's mir gegeben, dem Bösen einen Schlag zuzufügen. Doch sind unsere Verluste schwer und traurig gewesen, und ein Schlag ist zuwenig. Mich verlangt's danach, weitere Schläge zu führen, so's mir möglich ist. Und die Steinhausener haben uns darauf hingewiesen, daß das Sonnenübel geblieben ist, unvermindert auf der Erde Vernichtung hinwirkt. Die Suche ist noch nicht an ihrem Ende angelangt. Erdfreund, wohin wirst du nunmehr Weg nehmen?«
Linden sah Covenant an. Er glich einem aufrechten Widerspruch in sich selbst, machte gleichzeitig einen furchtsamen und starrsinnig-verwegenen Eindruck. Den Kopf hielt er hoch, als wüßte er, daß er es wert war, die Freundschaft und Gefährtenschaft der Riesen und Haruchai, des Steinmeisters und der Sonnenseherin genießen zu dürfen; und Sonnenschein spiegelte ihm vom rein gewaschenen Stein ins saubere Gesicht, so daß er aussah wie das pure Gebein der Erde. Seine Schultern jedoch waren verspannt, starr in dem Bemühen zusammengekrampft, seine innere Schwäche niederzudrücken, seinen Wunsch zu verdrängen, das Leben möge ihm erhalten bleiben. Zuviel hing von ihm ab, und er besaß keine besonderen Sinne, die ihm hätten Anleitung geben können. Unüberwindlich und doch menschlich und anfällig, erwiderte er den Blick der Ersten, schaute danach an ihr vorbei hinüber zu Cail, Durris und den verletzten Haruchai. Dann antwortete er.
»Als ich in Andelain gewesen bin, habe ich dort einige meiner früheren Freunde getroffen – die Menschen, die an mich glaubten, die auf mich achtgaben, mich liebten, lange bevor ich zu so was selber imstande war. Mhoram hat mich auf ein paar Dinge aufmerksam gemacht, die ich schon längst von allein hätte begreifen sollen. Schaumfolger hat mir Hohl mitgegeben. Bannor hat versprochen, sein Volk werde mir dienen. Und Elena ...« Elena, seine Tochter, die ihn auf die gleiche unausgewogene Weise geliebt, wie sie Lord Foul gehaßt hatte. »Sie hat mir gesagt, was ich zum Schluß zu tun habe. ›Wenn die Stunde da ist‹, hat sie gesagt, ›und du den Verächter zum Endkampf forderst, kannst du ihn unterm Donnerberg antreffen – im Kiril Threndor, wo er Wohnsitz genommen hat.‹« Mühsam schluckte Covenant. »Dort will ich hin. Auf die eine oder andere Art werde ich jetzt dem ganzen Unheil ein Ende bereiten.« Obwohl er ruhig sprach, schienen seine Worte in der hohen Halle zu dröhnen und zu hallen.
Die Erste nickte mit allen Anzeichen grimmiger Beifälligkeit. Sie begann die Frage zu stellen, wo der Donnerberg sei, unterbrach sich aber plötzlich mitten im Satz. Durris hatte einen Schritt nach vorn getan. Er wandte sich mit einem ungewohnt eindringlichen Glanz in seinen gleichmütigen Augen an Covenant. »Ur-Lord, wir werden dich begleiten.«
Covenant kannte kein Zögern. »Nein, das werdet ihr nicht«, entgegnete er mit einer Stimme, die so unerschütterlich wie die des Haruchai klang.
Durris hob die Brauen, gestattete sich jedoch keinen anderen Ausdruck der Überraschung. Er entzog Covenant
Weitere Kostenlose Bücher