Der Ring der Kraft - Covenant 06
für einen Moment seine Aufmerksamkeit, um sich mit seinen Kameraden wortlos zu beraten. »Es ist«, sagte er dann, »wie du's erwähnt hast. Bannor von den Bluthütern, den Toten zugehörig, hat dir das Versprechen unseres Dienstes gegeben. Und um so mehr steht dir selbiger Dienst zu, dieweil du das Land von der Knute und Blutgier der Sonnengefolgschaft erlöst hast. Ur-Lord, wir werden dich bis zum Letzten begleiten.«
Pein verzerrte Covenants Mund. Doch er gab nicht nach. Er ballte die Hände zu Fäusten, preßte sie an seine Oberschenkel. »Ich habe nein gesagt.«
Wieder kam Durris' Antwort nicht sofort. Spannung erfüllte die Luft; eine entscheidende Auseinandersetzung um maßgebliche Dinge fand statt, von denen Linden nicht wußte, wie sie sie einschätzen sollte. Covenants Absicht war ihr nicht richtig verständlich. Die Erste legte ein Gebaren an den Tag, als hätte sie vor, irgendein Ersuchen oder einen Einspruch vorzutragen. Aber die Haruchai hatten es nicht nötig, daß sie für sie sprach. Durris beugte sich leicht vor, und sein Blick verriet eine Andeutung von Dringlichkeit, als er sich erneut zu Covenants Verbot äußerte. »Thomas Covenant, bedenke wohl.« Beiläufig fragte sich Linden, wieso Durris statt Cail als Sprecher der Haruchai auftrat. »Die Haruchai sind dir vertraut. Auch ist dir die Geschichte der Bluthüter bekannt. Du hast ihren stolzen, nicht einmal vom Tode beeinträchtigten Eid kennengelernt – und du hast sein Scheitern miterleben müssen. Wähne nicht, daß wir vergessen. In all jenen Zeitaltern des Dienstes gereichte es den Bluthütern zum Kummer, daß es ihnen nimmer erlaubt war, den Kampf unmittelbar wider die Verderbnis aufzunehmen. Dann aber, als Bannor dazu die Gelegenheit erhielt – als er mit Salzherz Schaumfolger am Landbruch an deiner Seite stand und Kenntnis besaß von deinem Trachten –, da scheute er den Kampf. Du bedurftest seines Beistands, und er kehrte dir den Rücken zu. Wir verurteilen ihn nicht. Der Eid war schon gebrochen. Ich jedoch sage dir, wir haben den Geschmack des Versagens gekostet und befunden, daß er uns mißfällt. Wir müssen Treu und Glauben wiederaufrichten. Wir werden nicht noch einmal abirren.« Er trat näher zu Covenant, als wolle er vermeiden, daß andere zuhörten. »Ur-Lord, ist's mit dir dahin gekommen wie mit Kevin Landschmeißer? Ist's dein Wunsch, dich von jenen zu trennen, die dich am Ritual der Schändung zu hindern vermöchten?«
Linden rechnete damit, daß Covenant nach dieser Äußerung aufkrausen werde. Ihr war selbst danach, Durris zu widersprechen, seinen ungerechtfertigten Vorwurf scharf zurückzuweisen. Aber Covenant erhöhte nicht einmal die Lautstärke seiner Stimme. Statt dessen streckte er seine Halbhand zwischen sich und Durris hin, breitete die Handfläche aus, spreizte die Finger. Sein Ring umgab das Glied, das einmal als Mittelfinger gezählt hatte, wie eine Fessel. »Ihr vergeßt also nicht«, meinte er, indem er sich sowohl jedes Sarkasmus wie auch aller Bitterkeit enthielt. »Entsinnt ihr euch auch daran, warum der Eid gebrochen worden ist? Ich will's euch verraten. Drei Bluthütern war ein Stück vom Weltübel-Stein in die Hände gefallen, und sie dachten, dadurch wären sie mächtig genug geworden, um das schaffen zu können, was sie schon immer hatten tun wollen. Daher suchten sie Fouls Hort auf und forderten die Verderbnis zum Kampf. Aber sie hatten sich getäuscht. Kein Fleisch und Blut ist gegen sie gefeit. Foul hat sie gemeistert – nicht anders, als er Kevin meisterte, nachdem Elena gegen das Gesetz des Todes verstoßen hatte. Er hat sie verstümmelt, so daß sie wie ich aussahen, so ...« Steif bewegte er seine Halbhand. »Und er hat sie nach Schwelgenstein zurückgeschickt, um die Bluthüter zu verspotten.« Ein Aufschrei schwoll in ihm empor; doch er unterdrückte ihn. »Wundert's euch da, daß der Eid gebrochen worden ist? Ich dachte, ihnen müsse sogar das Herz brechen. Bannor ist nicht abgeirrt. Er hat mir genau das gegeben, was ich brauchte. Mir nämlich gezeigt, daß es noch immer möglich ist, trotz allem weiterzuleben.« Er schwieg für einige Sekunden, rang um Fassung; unterdessen spürte Linden, wie das Gemisch seiner Selbstsicherheit und Macht an Kraft zunahm, wie er merklich an Stärke gewann. »Tatsache ist«, sagte er ohne den Anklang eines Vorwurfs, »daß ihr euch die ganze Zeit hindurch getäuscht habt. Von Anfang an habt ihr die Natur eurer Zweifel mißverstanden. Was sie bedeuten.
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