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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die sie zur Kenntnis erhalten hatte. Der Bluthüter Bannor ähnelte zu sehr Brinn, als daß ein Irrtum möglich gewesen wäre. Der Mann in streng-schlichtem Gewand, der gefährliche Augen und wie zum Ausgleich dazu einen menschlich-verschmitzten Mund besaß: das war Hoch-Lord Mhoram. Die Frau war ähnlich gekleidet, denn auch sie war ein früherer Hoch-Lord; eine prophetische Wildheit beeinträchtigte – oder unterstrich – ihre klare Schönheit und glich einem Spiegelbild von Covenants innerer Verfassung; sie war Elena, Lenas Tochter. Und der Riese, aus dessen Augen Gelächter, Gewißheit und Trauer glänzten, war zweifellos Salzherz Schaumfolger.
    Die Macht, die von ihnen ausstrahlte, hätte Covenant erniedrigen müssen, obwohl sie keinesfalls an Kevins Gewaltigkeit heranreichte. Aber er besaß keine Wahrnehmung, die ihm die Gefährlichkeit dieser Geistwesen ersichtlich gemacht hätte. Oder vielleicht nannte er sie, beeinflußt durch seine verhängnisvolle Absicht, bei einem anderen Namen. Er erweckte den Eindruck, daß er sich mit Leib und Seele nach seinen Toten sehnte, als wären sie erschienen, um ihm Trost zu spenden; seine Entschlossenheit zu untermauern, damit er vor der Vernichtung der Erde nicht zurückschrak. Und warum sollte es eigentlich nicht so sein? Auf diese Weise mochten sie endlich Erlösung von der jahrtausendealten Müdigkeit ihres Gespensterdaseins erlangen.
    Du mußt! dachte Linden. Die Alternative war absolut zu gräßlich. Ja. Die Kleider durchtränkt, das Haar feucht im Nacken, stapfte sie zu der Versammlung hinunter, und ihre Wut verlieh der Nacht neue Eigenschaften.
    Covenants Tote waren mächtig und voller Bestimmtheit. Zu anderer Zeit wäre Linden ihnen auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert gewesen. Aber jetzt war ihre Leidenschaft ihnen überlegen. Sie drehten sich ihr zu, schwiegen in ihren plötzlichen gemischten Gefühlen der Überraschung, Pein und Ablehnung. Bannors Gesicht verschloß sich ihr wie eine Tür. Elenas Miene bezeugte schroffe Entrüstung. Mhoram und Schaumfolger musterten Linden, als stürze sie ihre Träume in Verwirrung.
    Doch nur Covenant sagte etwas. »Linden«, raunte er kloßig, ganz wie jemand, der gerade geweint hatte. »Du siehst ja schrecklich aus. Was ist passiert?«
    Linden mißachtete ihn. Sie schritt durch den Nieselregen zu seinen Freunden. Sie verströmten geisterhaften Silberglanz, der das Mondlicht verdrängte. Der Regen fiel mitten durch ihre körperlosen Gestalten. Ihre Augen jedoch blickten in scharfer Lebendigkeit drein, die sie Andelains Erdkraft und dem Bruch des Gesetzes des Todes verdankten. Sie standen in lockerem Halbkreis vor ihr. Keiner von ihnen wich zurück. Hinter Linden emanierte Covenant Verlustgefühl, Liebe und Verständnislosigkeit in die Nacht. Aber Linden blieb davon unberührt. Kevin hatte ihr zu guter Letzt die Augen geöffnet, sie zu erkennen befähigt, was aus dem Mann geworden war, den sie liebte.
    Sie erwiderte die Blicke der Toten nacheinander. Der schmale Rücken von Mhorams Nase schien ihm als Steuerruder zwischen den Extremen seiner Verletzlichkeit und Stärke zu dienen. Elenas geweitete Augen drückten Versonnenheit aus, als überlege sie, was Covenant an Linden eigentlich finden mochte. Bannors Gesichtszüge zeugten von dem Gleichmut, mit dem Brinn sie nach der Flucht der Gefährten aus Bhrathairealm beschuldigt hatte, ein Werkzeug des Verächters zu sein. Das sanftmütige Lächeln, das sich durch Schaumfolgers vorgereckten Bart sehen ließ, betonte seine Sorge und sein Bedauern.
    Für einen Sekundenbruchteil fühlte sich Linden, als könne sie nicht anders und müsse zurückstecken. Schaumfolger war der Reine, der die Jheherrin aus ihrem Los befreit hatte. Einmal war er, um Covenant zu helfen, durch Lava gegangen. Elena war zumindest zum Teil aus Liebe zu dem Mann, der ihre Mutter vergewaltigt hatte, zu ihren Torheiten getrieben worden. Bannor hatte dem Zweifler so treu wie Brinn oder Cail gedient. Und Mhoram ... Linden und Covenant hatten sich auf seinem Bett umarmt, als wäre es ein Zufluchtsort. Aber es war keine Zuflucht gewesen. Linden hatte sich getäuscht, und die Wahrheit erfüllte sie mit Entsetzen. Als er auf Mhorams Bettstatt in ihren Armen gelegen hatte, war Covenant bereits zur Schändung entschlossen, war er sich seiner Sache bereits sicher gewesen. Es ist des Zweiflers Absicht, den Ring aus Weißgold in Lord Fouls Hand zu geben. Nachdem er geschworen hatte, es nicht zu tun. Schmerzliche Erbitterung

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