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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Linden. Anscheinend verwünschte er sich selbst. Oder Kevin.
    Über alle Zurückhaltung hinaus widmete Linden sich nun zuletzt Mhoram. »Und du«, sagte sie mit einer Ruhe wie latentes Gift. » Du. ›Seher und Orakel‹ hat man dich genannt. Das habe ich gehört. Bei jeder Gelegenheit erzählt er mir, wie sehr ihm daran läge, wärst du bei ihm. Du bedeutest ihm mehr als jeder andere.« Lindens Zorn und Kummer waren eins, und sie konnte sie nicht mäßigen. Zorn darüber, daß Covenant so irregeleitet worden war; tiefer Kummer, weil er ihr zuwenig traute, um seine Bürden mit ihr zu teilen, weil er Verzweiflung und Vernichtung jeder Liebe oder Freundschaft vorzog, die geeignet gewesen wäre, ihm seine Verantwortung etwas zu erleichtern. »Du hättest ihm die Wahrheit sagen müssen.«
    In den Augen des toten Hoch-Lords glitzerten silberne Tränen; doch er zeigte keine Verunsicherung, verschwand nicht. Das Bedauern, das er emittierte, betraf nicht ihn selbst, sondern Linden. Und vielleicht auch Covenant. Ein wehmütiges Lächeln verzog ihm den Mund. »Linden Avery ...« – es gelang ihm, ihren Namen auf seltsame Weise gleichermaßen mit rauhem Nachdruck und sanft auszusprechen –, »... du erfüllst mein Herz mit Freude. Du bist seiner wert. Zweifle nie daran, daß du bei der Prüfung aller Dinge würdig an seiner Seite zu bestehen vermagst. Du hast den Toten Gram bereitet. Doch sobald sie sich erneut vergegenwärtigt haben, wer du bist, werden sie ebensolche Freude empfinden. Nur zu einem will ich dich mahnen: Gedenke stets, daß auch er deiner wert ist.« Mit förmlicher Gebärde hob er die Handflächen an seine Stirn, dann breitete er, indem er sich verneigte, die Arme aus, als entblöße er sein Herz. »Meine Freunde«, sagte er mit einer Stimme, die durch die Nacht hallte, »es ist mein Glaube, daß ihr obsiegen werdet.« Noch während er sich verbeugte, zerfloß er im Regen und war im nächsten Moment verschwunden.
    Benommen starrte Linden hinüber zu der Stelle, an der er sich eben noch befunden hatte. Unter der kühlen Berührung des Nieselns fühlte sie sich plötzlich heiß von Scham. Dann ergriff Covenant das Wort. »Das hättest du nicht tun sollen.« Die Mühe, die es ihn kostete, zu verhindern, daß er sie anbrüllte, ließ seine Stimme erstickt klingen. »So was hatten sie nicht verdient.«
    Wie zur Entgegnung darauf durchdröhnte Kevins Du mußt! Linden, ließ ihr keinen Raum für Reue. Mhoram und die anderen gehörten Covenants, nicht ihrer Vergangenheit an. Sie hatten sich dem Untergang all dessen verschrieben, das sie je zu behüten gelernt hatte. Von Anfang an hatte das Brechen des Gesetzes des Todes ausschließlich dem Verächter gedient. Und es diente ihm noch immer. Sie drehte sich nicht nach Covenant um. Sie fürchtete, sie müßte beim bloßen Anblick seiner im Dunkeln kaum erkennbaren Gestalt zu weinen anfangen wie die Hügel. »Deshalb hast du das also gemacht, nicht wahr?« entgegnete sie grob. »Darum hast du dafür gesorgt, daß die Haruchai in Schwelgenstein bleiben. Nach dem, was Kevin den Bluthütern angetan hat, war dir natürlich klar, daß sie versuchen würden, dich daran zu hindern, das gleiche anzustellen.«
    Sie spürte, wie Covenant um Selbstbeherrschung rang und dabei keinen Erfolg hatte. Er war seinen Toten in einem heftigen, unauflöslichen Gefühlswirrwarr aus Schmerz und Freude wiederbegegnet, der ihn nun gegen die Schärfe von Lindens leidenschaftlicher Erbitterung wehrlos machte. »Du weißt genau, daß es nicht so ist«, erwiderte er. »Was, zum Teufel, hat Kevin zu dir gesagt?«
    »›Niemals werde ich ihm den Ring geben‹«, knirschte Linden so harsch wie der Atem des Winters. »›Niemals.‹ Wie oft hast du das beteuert? Wie oft hast du versprochen, daß du ...« Unvermittelt fuhr sie herum, warf die Arme in die Höhe, wie um ihn zu schlagen – oder ihn fortzuscheuchen. »Du ungeheuerlicher Lump!« Sie konnte ihn nicht sehen, doch mit ihren Sinnen trotz der Dunkelheit genau erkennen. Er war so starr und unnachgiebig wie ein aus roher granitener Pein gehauenes Standbild der Zielbewußtheit. Sie mußte auf ihn einschimpfen, um zu vermeiden, daß sie aus Jammer zu weinen begann. »Im Vergleich zu dir war mein Vater ein Held. Er hat jedenfalls nicht geplant , irgendwen außer sich selbst umzubringen.« Schwarze Echos scharten sich um sie, machten die Macht tückisch und trügerisch. »Hast du nicht einmal genug Mut zum Weiterleben?«
    »Linden.« Sie spürte mit

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