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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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daß er wirkte, als wäre er sauber gewaschen worden. Die schmale Sichel des Mondes, der sich hinter ihr zu sinken anschickte, bestätigte Linden, daß ihre Richtung stimmte. Durch ihre nasse Kleidung spürte sie die Kühle der Luft auf ihrer feuchten Haut; aus ihrem Haar strömte Wasser, das ihr wie eisige Schauder den Rücken hinabrann. Doch Andelain hielt sie aufrecht. Wie es in all seiner Üppigkeit unter der unergründlichen Weite des Himmels lag, machte es alles möglich. Lindens Herz nahm es freudig mit allen Beschwernissen auf. Sie marschierte unentwegt weiter.
    Aber als sie einen Höhenzug überquerte und den ersten deutlichen Ausblick auf den Sonnenaufgang erhielt, blieb sie stehen – erstarrte vor Entsetzen. Die Hänge und Bäume waren weithin übersät mit Regentröpfchen; und jeder Tropfen fing in seinem Innern das Sonnenlicht ein, warf es als winziges Stückchen des Tagesanbruchs zurück zur Sonne, so daß alles Gras, sämtliche Gehölze von glitzrigem Widerschein gleißten. Der gelbe Schimmer war in verhängnisträchtigem Zinnoberrot verfärbt. Die Sonne wies einen Halo der Seuchen auf, als das Sonnenübel sich nach Andelain auszubreiten begann.
    Die Aura war noch so schwach, daß wahrscheinlich nur Lindens Wahrnehmung sie erkennen konnte. Aber sie war vorhanden. Die Vergewaltigung der letzten Schönheit des Landes nahm ihren Lauf.
    Für einen langen Moment stand Linden reglos da, durch die Überraschung, ihren Schrecken über die unerwartete Schnelligkeit, mit der das Sonnenübel nach dem Tode des Forsthüters Andelains regionale Naturgegebenheiten attackierte, abermals in ihre alte Paralyse der Handlungsunfähigkeit gestürzt. Sie besaß keine Macht. Sie konnte nichts tun. Ihr Herz jedoch forschte in rasereiartiger Hast nach Betätigungsmöglichkeiten – und fand eine. Lindens Freunden fehlte die Sinneswahrnehmung, mit der das Land sie ausgestattet hatte. Sie waren nicht zu bemerken in der Lage, daß das Sonnenübel sie einzuholen drohte; und infolgedessen würden die Riesen keinen Felsboden suchen, um sich zu schützen. Dann müßten sie – wie Marid – zu Kreaturen des Destruktiven und des Selbstabscheus werden. Linden hatte sie kilometerweit zurückgelassen, und sie erachtete es als undenkbar, daß sie sie noch rechtzeitig genug erreichen könnte, um sie zu warnen. Aber sie mußte es wenigstens versuchen. Ihre Gefährten brauchten sie.
    Indem sie alle anderen Absichten aufgab, begann Linden in verzweifelter Eile in die Richtung zurückzulaufen, woher sie gekommen war. Das Tal unterhalb des Höhenkamms lag noch in tiefem Schatten. Sie rannte wie eine Verrückte, und ihre Augen stellten sich nur langsam auf die zwielichtige Morgendämmerung um. Bevor sie den Abhang halb hinunter war, prallte sie mit Hohl zusammen.
    Er schien übergangslos vor ihr aus der frischen Morgenluft zu materialisieren, als hätte er sich vom einen zum anderen Augenblick über Kilometer hinweg versetzt. Doch als sie von ihm zurücktorkelte, ums Gleichgewicht rang, begriff sie, daß er ihr die ganze Nacht lang gefolgt sein mußte. Ihre Aufmerksamkeit war so stark auf ihre Gedanken und auf Andelain konzentriert gewesen, daß sie seine Gegenwart nicht gespürt hatte. Hinter ihm, auf der Talsohle, befanden sich Covenant, die Erste und Pechnase. Sie hielten an den Dämondim-Abkömmling Anschluß.
    Nach zwei Nächten ohne Schlaf sah Covenant abgezehrt und fiebrig aus. Seine Schritte jedoch drückten unverringerte Entschlossenheit aus. Er wäre nicht einmal zurückgeblieben, um sein Leben zu schonen – und erst recht nicht, solange Linden ihm voraus der Gefahr entgegeneilte. Er erweckte durchaus nicht den Eindruck eines Menschen, der seiner Verzweiflung erliegen konnte. Doch Linden hatte jetzt keine Zeit, um sich mit seiner Widersprüchlichkeit zu befassen. Die Sonne schob sich über den Höhenrücken. »Das Sonnenübel!« schrie Linden. »Es ist da! Sucht Stein!«
    Covenant reagierte nicht. Anscheinend war er viel zu müde, um irgend etwas außer der Tatsache, daß er Linden wiedergefunden hatte, zu begreifen. Pechnase schaute bestürzt zum Höhenkamm herauf. Die Erste dagegen fing sich unverzüglich im Tal nach steinigem Untergrund umzublicken an. Linden deutete, und die Erste sah, was sie meinte: einen begrenzten, unregelmäßigen Auswuchs von Felsbrocken ungefähr am Fuße des Abhangs, nur ein Stück weit von dem Trio entfernt. Sofort packte die Erste ihren Gatten am Arm und zog ihn in raschem Lauf mit sich in die Richtung

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