Der Ring der Kraft - Covenant 06
euch gesagt?« erkundigte sie sich gefaßt.
Für einen zermürbenden, längeren Moment schwieg Pechnase. Linden zwang sich dazu, ihm Zeit zu lassen. Er vermied es, sie anzuschauen. Sein Blick schweifte mürrisch über die Höhen, als wäre ihre Pracht bereits vergangen. Ohne etwas, das Lindens Sinnen gleichkam, konnte er nicht ersehen, daß das Sonnenübel Andelain bislang noch keinen Schaden zugefügt hatte. Schließlich seufzte er auf und entrang seiner Verdrossenheit Worte.
»Nachdem er uns aus dem Schlafe weckte, um dir nachzueilen, vermeldete er uns deinen Glauben, es sei nun sein Vorsatz, dem Lande den Untergang zu bringen. Und Seidensommer Glanzlicht, meine Gemahlin, ist nicht willens, an ihm zu zweifeln. Ich weiß wohl, er ist der Erdfreund und daher jedweden Vertrauens würdig. Doch hast du dich nicht stets aufs neue als gleichermaßen wert und würdig erwiesen? Du bist die Auserwählte, und ins Geheimnis deines Weilens in unserer Mitte ist uns noch keine Einsicht zuteil geworden. Die Elohim jedoch haben dich als Sonnenkundige benannt. Du allein besitzt die Sicht, welche Hoffnung auf Heilung gewährt. Wiederholt haben die Härten unserer Suche dich getroffen – und du hast sie rühmlich bewältigt. Ich mag nicht glauben, daß du, die du unter den Riesen und ebenso den Opfern der Sonnengefolgschaft soviel Wohl gewirkt hast, in der Frist einer Nacht gar wahnwitzig oder grausamen Gemüts geworden sein sollst. Und du hast dem Erdfreund dein Vertrauen entzogen. Das ist fürwahr eine ernste Sache. Sie bedarf der Erwägung. Meine Gemahlin aber ist die Erste der Sucher. Sie verbietet jeglichen Zweifel an ihm. Auserwählte ...« Seine Stimme war voller verschwommener Flehentlichkeit, als wolle er etwas von ihr, ohne darüber Klarheit gewinnen zu können, um was es sich handelte. »Ihr Wort lautet, daß wir keine andere Hoffnung als ihn haben. Sollte er treulos geworden sein, so ist alles vertan. Denn besitzt er nicht den Ring aus Weißgold? Deshalb müssen wir unseren Glauben an ihn bewahren und stille sein. Und wenn er wahrlich den schmalen Grat zwischen Heil und Untergang wandelt, so dürfen wir ihn nicht durch Zweifel ins Wanken bringen. Aber wenn er keine Rechenschaft zu geben braucht, aufgrund welchen Rechts oder welcher Schicklichkeit wäre es da angebracht, Rechtfertigung von dir zu verlangen? Selbst im Falle dir nicht in gleichem Maß vertraut zu werden vermag, so muß dir zumindest gleichartig zugestanden sein, daß auch du dich in Schweigen hüllst.«
Linden wußte nicht, was sie dazu sagen sollte. Pechnases bekümmerte Stimmung bereitete ihr Mißbehagen, seine Fairneß löste in ihr Dankbarkeit aus; die Einstellung der Ersten brachte sie in Rage. Aber hätte sie an der Stelle der Schwertkämpferin nicht die gleiche Haltung eingenommen? Hätte sich Kevin Landschmeißer an jemand anderes gewandt, wäre nicht auch von ihr selbst ihr Glaube an den Zweifler mit regelrechtem Stolz bekräftigt worden? Doch diese Erkenntnis erhöhte ihre Einsamkeit nur um so mehr. Sie besaß nicht das Recht, Pechnase auf ihre Seite ziehen zu wollen. Sowohl er wie auch seine Frau hatten etwas Besseres verdient, als daß sie versuchte, die beiden gegeneinander auszuspielen – oder gegen Covenant aufzuhetzen. Trotz allem jedoch stand ihr keine andere Möglichkeit offen, um zu prüfen beziehungsweise zu bestätigen, daß sie bei gesundem Menschenverstand war, als die direkte Opposition gegen Covenant. Nichtsdestoweniger war er ihr sogar in seiner Starre der Ermüdung und Entschlossenheit so lieb und teuer, daß sie die Heftigkeit ihres Verlangens nach ihm kaum zu bändigen vermochte. Die Müdigkeit und Niedergeschlagenheit in ihr selbst hatte zur Folge, daß sie über den unebenen Grasboden dahinstolperte. Aber sie lehnte Pechnases tröstliche Unterstützung ab. »Was wirst du tun?« fragte sie ihn in mattem Ton.
»Nichts«, antwortete er. »Ich kann nichts tun.« Das Mitgefühl, das er für sie empfand, verlieh ihm eine gewisse Bissigkeit. »Ich verfüge über keine Sicht, welche der deinen gleicht. Bis die Wahrheit ersichtlich ist, wird die Frist für alles notwendige Handeln verstrichen sein. Was getan werden muß, das vermagst allein du zu tun.« Er verstummte; und Linden ging davon aus, er sei fertig, ihre Freundschaft wäre damit am Ende angelangt. »Aber ich sage dir das Folgende, Auserwählte«, knirschte er dann jedoch unterdrückt durch die Zähne. »Du warst's, der dieser Dämondim-Sproß namens Hohl sein Entweichen
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