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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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verbundenen Arbeiten zu vernachlässigen? Das eingetretene Dilemma verunsicherte ihn sichtlich. Aber Covenant hatte dem Riesen keinen Trost zu bieten, und die Tür war offen. Er schnitt der Pein, die all die Menschen in seiner Umgebung zu ertragen hatten, ein böses Gesicht und ging in die Kapitänskajüte, ließ Cail draußen stehen.
    Blankehans' Behausung war schlicht: Außer einigen in ihrer Größe für Riesen geschaffenen Lehnstühlen, einer großen Seemannstruhe sowie einer tiefen Koje umfaßte die Einrichtung nur einen langen Tisch, auf dem ein Durcheinander von nautischen Instrumenten und Karten lag, und zwei Lampen, die in steinernen Kardanringen hingen. Blankehans stand am entfernten Ende der Tafel, als hätte Covenants Ankunft ihn im Aufundabschreiten unterbrochen. Derbhand saß auf dem Rand der Koje, wirkte in seiner Müdigkeit melancholischer als je zuvor. In seiner Nähe befand sich die Lagerverwalterin, die Schultern an die Wand gestützt, die groben Gesichtszüge ausdruckslos. Die Erste und Pechnase hatten auf zwei Stühlen Platz genommen. Die Schwertkämpferin hielt sich aufrecht, den Rücken gerade, als versuche sie zu leugnen, wie müde auch sie war; ihre Waffe lag in der Scheide auf ihren Knien; ihr Ehemann dagegen lehnte in unverhohlener Mattigkeit im Stuhl, und seine lasche Haltung betonte die Deformation seiner Wirbelsäule. In einer Ecke der Kajüte hockte Linden im Schneidersitz auf dem Boden. Schlaftrunkenheit verschleierte ihre Augen; als sie bei Covenants Erscheinen aufblickte, erregte sie den Eindruck, ihn kaum sehen zu können. In der Gesellschaft der Riesen schien sie winzig und fehl am Platze zu sein. Doch die Tönung ihrer Haut und die Gleichmäßigkeit ihrer Atemzüge zeigten an, daß sie sich im wesentlichen wieder erholt hatte.
    Die Stimmung in der Kajüte kam Covenant gespannt vor, als hätte er sie mitten in einer Meinungsverschiedenheit betreten. Mit Ausnahme Pechnases und Derbhands vermieden sämtliche anwesenden Riesen es, ihn anzuschauen. Aber als er in stummer Fragestellung Pechnase ansah, senkte der Gatte der Ersten den Kopf und sagte nichts. Und die Falten alten Kummers in Derbhands Gesicht waren zu tief, als daß es möglich gewesen wäre, nachdrückliche Fragen an den Ankermeister zu richten. Doch Covenant fühlte sich zu sehr genervt, um allzu umgänglich sein zu können. »Also«, meinte er mit rauher, barscher Stimme, »was sollen wir eurer Ansicht nach jetzt anfangen?«
    Linden runzelte die Stirn, als kränke sein Tonfall sie. Oder vielleicht hatte sie die Natur seines Vorhabens bereits erkannt. »Darüber haben wir uns gerade unterhalten«, erwiderte sie leise, ohne den Kopf zu heben.
    Ihre Auskunft beruhigte Covenant etwas. Er war auf seinem Schicksalsweg schon so weit gekommen, daß er instinktiv erwartete, jede feindselige, schmerzliche oder ganz einfach komplizierte Gefühlsregung sei gegen ihn gerichtet. Aber seine Frage war noch unbeantwortet. »Welche Möglichkeiten haben wir?« Daraufhin verkrampfte sich die Muskulatur an Blankehans' Kinn. Derbhand rieb sich mit den Handflächen die Wangen, als wollte er den Gram aus seiner Miene verdrängen. Die Erste entließ einen gedämpften Seufzer durch die Zähne. Aber niemand gab eine Antwort. Covenant schöpfte Atem, suchte mit der gefühllosen Klammheit beider Fäuste Halt an seinem Mut. »Wenn euch nichts Besseres einfällt, werde ich uns aus dem Eis herausbrechen.«
    Da fielen alle Blicke auf ihn, und Schwingungen des Erschreckens schienen die gesamte Kajüte zu erschüttern. Blankehans' Gesicht starrte ihn an wie eine von neuem geöffnete Wunde. Alle Schläfrigkeit verschwand aus Lindens Augen. Die Erste sprang auf. »Willst du ohne jedweden Sinn die ganze Erde aufs Spiel setzen?« entgegnete sie in einem Ton, der nach der Härte von Eisen klang.
    »Glaubst du, daß deine Kontrolle über die wilde Magie so gut ist?« fügte Linden sofort hinzu. Sie war ebenfalls aufgesprungen, als ob sie die Verrücktheit seines Vorschlags nur im Stehen ertragen könnte. »Oder suchst du nur einen Vorwand, um Energie in die Gegend verpulvern zu können?«
    »Hölle und Verdammnis!« brauste Covenant auf. Hatte Findail alle an Bord der Dromond gelehrt, ihm zu mißtrauen? »Wenn das euch nicht paßt« – die Narben an seinem Unterarm juckten spürbar –, »dann nennt eine Alternative! Meint ihr etwa, ich hätte Spaß daran, dermaßen gefährlich zu sein?«
    Sein Ausbruch veranlaßte die Erste zu einer Grimasse des Bedauerns.

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