Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)
dem auf dem Boden Liegenden kniete oder stand.
Libby blickte sich suchend nach dem zweiten Verletzten um, sah aber nur Alan Brewer. »Es hieß, dass es zwei Opfer gäbe«, sagte sie zu der kleinen Menge. »Wo ist der Junge?«
»Hier ist er«, antwortete jemand und trat beiseite, um den Blick auf den Kleinen freizugeben. Er saß aufrecht da, an eine Frau gelehnt, und hielt mit einer Hand den anderen Arm an die Brust gedrückt. Sein Gesicht war von Schmutz und Tränen verschmiert. Von einem möglicherweise gebrochenen Arm abgesehen, schien er unversehrt zu sein.
Libby kniete neben Alan Brewer nieder, erleichtert, dass er bei Bewusstsein war. »Alan«, sagte sie und hielt seinen Kopf fest, als er versuchte, sie anzusehen. »Sagen Sie mir, wo es schmerzt.«
»Sein Rücken«, sagte eine unsichtbare Stimme aus der Schar der Umstehenden.
»Alan soll es mir sagen. Also, wo tut es weh, Alan?«
»Mein Rücken«, wiederholte er kehlig.
»Wo am Rücken? An den Schultern oder tiefer, zur Mitte hin?«
»Unten«, stieß er hervor. »Und meine … meine linke Schulter.« Er schloss die Augen.
Libby sah, dass seine linke Schulter ausgekegelt war, aber es war sein Rücken, der ihr in erster Linie Sorge bereitete.
»Er hat versucht, Darren festzuhalten, als dieser ausgerutscht ist«, sagte jemand und kniete auf der anderen Seite von Alan nieder. »Da hat die Leiter nachgegeben, und er hat sich im Stürzen verdreht, um Darren zu schützen. Sein Sohn ist auf ihm gelandet.«
Libby nahm an, dass es sich bei Darren um den Jungen mit dem gebrochenen Arm handelte.
»Wir haben ihn nicht bewegt«, sagte ein anderer. »So wie er daliegt, ist er gelandet.«
Libby dankte Gott für dieses Wunder und nickte geistesabwesend. Sie sah, dass Alan Brewer große Schmerzen litt und Schocksymptome zeigte. Verdammt, wo blieb der Notarztwagen?
Ihre medizinische Ausbildung war nutzlos ohne Apparate, um ihn zu stabilisieren, ohne Infusionen, ohne Rückenbrett und Nackenstütze. Zum Teufel, sie hatte nicht einmal ein Stethoskop, um ihn auf innere Blutungen hin abzuhören.
Libby umfasste Alans Gesicht mit beiden Händen und beugte sich ganz tief über ihn. »Langsam und locker atmen«, sagte sie leise. »Konzentrieren Sie sich auf mich. Hören Sie auf das, was ich sage.«
»Darren«, sagte er rau.
»Es geht ihm gut«, sagte Libby, noch immer in sein Ohr flüsternd. »Er sitzt da und ist so gut wie unverletzt. Hören Sie, Alan. Sie sollen sich jetzt auf meine Hände konzentrieren. Spüren Sie meine Hände auf Ihrem Gesicht?«
»J-ja.«
»Sie werden sich jetzt erwärmen. Konzentrieren Sie sich darauf. Lassen Sie diese Wärme durch den Körper fließen, bis hinunter in den Rücken.«
Libby schloss die Augen und lenkte nun ihre gesamte Energie auf Alan Brewer. Sofort sah sie Farben vor ihrem geistigen Auge, eine wirbelnde, aufgewühlte Masse aus Schwarz, Rot und brodelndem Blau. Ihr Herz schlug mit dröhnenden Schlägen, und Libby merkte, dass es Alans Herzschläge waren, die sie spürte. Schmerz überflutete sie in Wellen. Spannung zerrte an ihren Nerven.
»Lassen Sie mich ein, Alan«, flüsterte sie ihm zu. »Ich kann Ihnen helfen.«
Die Farben wirbelten in zornigem Chaos durcheinander, fuhren heulend durch ihren und seinen Körper. Alans heftige Emotionen wehrten sie ab und hinderten sie daran, bis zu seinen Verletzungen vorzudringen. Fast fünf Minuten lang versuchte Libby, ihn zu bewegen, sie einzulassen, flüsterte Worte der Ermutigung, bat ihn, sich ihr zu öffnen. Und jedes Mal wirbelten die Farben durcheinander, und seine Verletzung entzog sich ihrem Zugriff.
Starke, warme, kräftige und vertraute Hände umfassten ihre bebenden Schultern, und Libby erneuerte ihre Anstrengungen. Doch trotz aller ihrer Bemühungen vermochte sie Alans gebrochene Wirbelsäule nicht zu erreichen.
Von Weitem hörte man einen Sirenenton, der sich langsam näherte, bis er schließlich hinter ihr anhielt. Stimmen durchdrangen den Nebel in ihrem Bewusstsein, und Libby richtete sich auf die Knie auf und ließ Alans Gesicht los.
Michael stellte sie auf die Beine, schlang die Arme um sie und drückte sie an sich. »Hier ist deine Ausrüstung, Libby«, flüsterte er, als er ihren Kopf unter sein Kinn steckte und sie fester an sich drückte, als könne er ihren zitternden Körper mit seinem eigenen zur Ruhe bringen.
Die Sanitäter stürzten mit Geräten beladen herbei. Und für ganze zwei Minuten wurde Libby zur Zuschauerin – bis die Routine über ihren
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