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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stark war, aber sie brauchte auch nicht zu denken. Sie handelte genauso, wie Salim es ihr unzählige Male gezeigt hatte. Als der Krieger den letzten Schritt in ihre Richtung tat, riss sie das Knie hoch und rammte es ihm mit aller Gewalt in die empfindliche Stelle zwischen seinen Beinen. Mit einem gurgelnden Laut krümmte er sich. Sie krallte beide Hände in seinen Turban, zerrte seinen Kopf nach oben und riss das Knie abermals und mit noch größerer Kraft hoch. Robin konnte hören, wie der Kiefer des Wächters brach, als seine Zähne krachend aufeinander schlugen.
    Blitzschnell sprang sie zurück, spreizte die Beine ein wenig, um festen Stand zu haben, und hob abwehrbereit die Hände. Aber ihre Angriffshaltung war nun nicht mehr nötig. Der Krieger sank mit einem erstickten Laut auf die Knie. Ein Schwall Blut rann ihm über die Lippen. Und dann sah er zu ihr auf…
    Vielleicht war das das Schrecklichste überhaupt. Sie hatte noch nie einen Menschen getötet - nicht auf diese Weise! - und sie hätte sich in ihren schlimmsten Träumen nicht vorstellen können, wie entsetzlich es war, wie grausam. Der Mann hockte auf den Knien da, beide Hände auf den Mund gepresst, aus dem unaufhörlich Blut quoll, und die Augen, die von einer Mischung aus Todesangst und purer Fassungslosigkeit erfüllt waren, weit aufgerissen. Robin konnte sehen, wie das Leben in seinen Augen erlosch. Es dauerte nicht sehr lange, aber ihr erschien es wie eine Ewigkeit. Ganz egal, was sie zuvor miterlebt hatte und später noch erleben sollte, sie würde den Ausdruck im Blick des sterbenden Mannes gewiss nie mehr vergessen.
    Wie lange sie so dastand und den reglosen Körper auf dem Boden vor sich anstarrte, vermochte sie hinterher nicht zu sagen. Seine Fackel war in der Blutlache auf dem Boden verloschen. Er war endlich nach vorne gestürzt und barmherzige Dunkelheit verbarg den Anblick seines in Todesqual verzerrten Gesichtes.
    Endlich erwachte Robin aus ihrer Erstarrung, trat ans Bett und legte den Schleier und anschließend den schwarzen Umhang an. Sie ging so weit um den Toten herum, wie es in der Enge des Zimmers überhaupt möglich war, und sie blickte überall hin, nur nicht in seine Richtung. Bevor sie den Raum verließ, nahm sie einen der Wasserkrüge, die Harun wie üblich am Morgen mitgebracht hatte.
    Im Gang draußen war es so still, wie sie es erhofft hatte. Aus dem Haus drangen gedämpfte Geräusche zu ihr: Stimmen, ein Klirren und Scheppern aus der Küche, etwas, das sich wie Gelächter anhörte. All diese Laute waren weit entfernt und bedeuteten keine Gefahr. Wie ein Schatten glitt Robin zur Treppe, hielt mit angehaltenem Atem noch einmal inne, um zu lauschen, und schlich dann die Stufen zum Erdgeschoss hinab. Auf dem letzten Absatz verharrte sie kurz, schloss die Augen und lauschte erneut und mit höchster Konzentration. Aber außer den gedämpften Stimmen und dem leisen Plätschern des Brunnens hinten auf dem kleinen Hof war auch hier nichts Verdächtiges zu hören. Robin bedauerte es plötzlich, den toten Wächter nicht durchsucht und seinen Säbel oder wenigstens einen Dolch mitgenommen zu haben, aber nun war es zu spät. Möglicherweise wäre ihr sogar die Zeit geblieben, noch einmal zurückzugehen und ihren Fehler zu korrigieren, aber sie wollte nicht zurück. Der Weg, den sie mit dem Kniestoß gegen das Kinn des Kriegers begonnen hatte, führte nur in eine Richtung.
    Ebenso lautlos wie bisher schlich sie zu der Tür, hinter der die Kellertreppe lag. Als sie sie öffnete, gaben die Angeln ein quietschendes Geräusch von sich, das Robin so laut erschien, als müsste das ganze Haus davon aufwachen, dennoch blieb weiter alles ruhig. Den Wasserkrug unter dem linken Arm, schlich sie auf Zehenspitzen die Kellertreppe hinab. An der Wand brannte eine einzelne Fackel, die den Keller in ein Labyrinth aus tanzenden Schatten und unsteter Bewegung verwandelte. Robin hörte die gleichmäßigen Atemzüge der Sklaven, die dort unten in ihren Zellen lagen und schliefen, aber auch ein gedämpftes Wehklagen und Stöhnen. Der Gestank, der ihr entgegenschlug, raubte ihr den Atem, obwohl er längst nicht mehr mit dem zu vergleichen war, der hier unten geherrscht hatte, als sie Nemeth das erste Mal besucht hatte.
    Robin blieb stehen, setzte sich den gefüllten Wasserkrug vorsichtig mit beiden Händen auf den Kopf und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie diesmal ihre Last nicht fallen lassen möge. Auf den letzten Stufen bemühte sie sich nicht

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