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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unheimlicher, eisiger Schauer kroch ihren Rücken hinab. Ihre Hand zitterte, als sie den Arm ausstreckte und den Metallgegenstand berührte, der aus der Kehle des Hundes ragte.
    »Was ist das?«, murmelte sie. Sie musste eine Menge Kraft aufwenden, um das Ding, das den Hund getötet hatte, aus seinem Fleisch zu ziehen. Warmes Blut sprudelte aus der zerfetzten Kehle des Tieres, besudelte ihre Hand und ihren Kaftan.
    Beunruhigt bewegte sie die Hand hin und her, um ihren Fund in der Dunkelheit besser erkennen zu können. Es war eine Waffe, ganz ohne Zweifel, aber eine, wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Was sie in den Fingern hielt, war ein fünfzackiger geschmiedeter Stern aus schwarzem Metall, der rasiermesserscharfe Kanten und nadelscharfe Spitzen hatte. Sie hatte den Hund nicht getötet. Ihr Schildstoß hatte ihn zurückgeschleudert und ihm allenfalls wehgetan. Getötet hatte ihn dieser sonderbare Stern, den ihm jemand in die Kehle gerammt hatte.
    »Was ist das?«, fragte sie noch einmal. Sie drehte sich ein wenig herum und streckte den Arm aus, damit Nemeth sehen konnte, was in ihrer Handfläche lag. Das Mädchen sog erschrocken die Luft ein und prallte so hastig einen Schritt zurück, als hätte Robin ihr einen giftigen Skorpion entgegengestreckt, nicht ein Stück Eisen.
    »Bei Allah!«
    »Du weißt, was das ist«, vermutete Robin.
    Nemeth nickte zögerlich. Ihr Blick hing wie gebannt an dem fünfzackigen Stern und sie streckte eine Hand vor, als wollte sie fürchterliches Unheil von sich abwenden.
    »Sag es mir«, verlangte Robin.
    »Ich weiß nicht, wie… wie man so etwas nennt«, murmelte Nemeth. »Aber die Ismailiten benutzen so etwas.«
    »Die Ismailiten?« Robin wurde hellhörig. »Was sagst du da? Du weißt von den Ismailiten? Wer sind sie?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Nemeth. Ihre Stimme zitterte vor Angst. Robin spürte, dass sie nicht die Wahrheit sagte. »Sie sind… man sagt, sie seien Geister. Böse Dämonen, die die Nacht in der Wüste wohnen und nur Unheil und Tod bringen.«
    »Nemeth, bitte«, sagte Robin eindringlich. Sie zog die Hand zurück, als sie sah, dass das Mädchen noch immer voller Panik auf den Eisenstern in ihrer Handfläche starrte. »Das ist wichtig. Ich muss wissen, wer diese Leute sind. Was sie sind.«
    »Ich weiß es nicht!«, behauptete Nemeth. »Niemand spricht über sie. Wenn man über sie redet, dann kommen sie, um einen zu töten oder einem noch Schlimmeres anzutun.«
    Robin gab auf. Sie spürte, dass sie von dem Mädchen jetzt nicht mehr erfahren würde. Vielleicht war das auch gut so. Es war sowieso unglaublich, wie tapfer die Kleine die letzten Stunden überstanden hatte.
    In trüben und gleichermaßen kraftlosen Gedanken gefangen, hätte sie die sonderbare Waffe beinahe eingesteckt. Doch dann legte sie sie angewidert wieder auf dem Boden ab, richtete sich auf und drehte sich mit einem entschlossenen Ruck um. Soweit sie beurteilen konnte, waren sie und Nemeth die einzigen lebenden Wesen hier. Aber das konnte täuschen, wie der Angriff der Hunde gerade bewiesen hatte. Und vor allem beunruhigte sie ein Gedanke: Wo Bluthunde waren, da waren im Allgemeinen auch Hundeführer.
    »Komm!«, sagte sie. »Wir müssen weiter!«
    »Und du bist ganz sicher, dass du auch wirklich kein Dschinn bist?«, fragte Nemeth fast unhörbar.
    Robin lachte leise. »Diese Frage beantworte ich dir, wenn wir hier raus sind.«
    Im selben Moment bedauerte sie bereits ihre Worte. Es war absolut unnötig, das Mädchen jetzt auch noch mit dummem Gerede zu verunsichern. Sie streckte die Hand aus, um ihm beruhigend über den Kopf zu fahren.
    Als Nemeth erschrocken zurückzuckte, ließ Robin den Arm sofort wieder sinken. Plötzlich spürte sie einen bitteren Kloß in der Kehle. So unglaublich die Glückssträhne zu sein schien, die sie an diesem Abend hatte - vielleicht war der Preis, den sie dafür zahlen musste, am Ende doch zu hoch.
    Ohne einen weiteren Zwischenfall erreichten sie das jenseitige Ende der Gasse. Einen verzweifelten Moment lang zögerte sie, den Schutz der menschenleeren Gasse zu verlassen, denn vor ihnen war die Nachtstille dem Flackern zahlreicher Lichter und nervös umherhastender Menschen gewichen. Wenigstens bemerkte sie keine Krieger, keinen von Omars Männern und auch sonst niemanden, der irgendwie verdächtig erschien - was vielleicht auch daran lag, dass diese Gegend weitaus ärmlicher wirkte als die, die sie bereits hinter sich gelassen hatten.
    Unter diesen

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