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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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büßen lassen würde, um sie damit umso härter zu treffen. Und auch dieses Gefühl der Erleichterung, dass es nicht das Mädchen, sondern jemand anders getroffen hatte, schmerzte sie. Sie fühlte sich unendlich schuldig. Wäre sie nicht an den Stuhl gefesselt gewesen, sie wäre aufgesprungen und hätte eines der Messer vom Tisch genommen, um es sich ins Herz zu stoßen.
    »Warum bringt Ihr ihn nicht gleich um?«, murmelte sie matt. »Das wäre barmherziger.«
    Omar gab den beiden Wachen einen Wink und sie griffen Rustan unter die Arme und zwangen ihn, zwischen ihnen zur Tür zu gehen. Der Junge sackte immer wieder in sich zusammen. Er schien nicht einmal mehr die Kraft zum Weinen zu haben. Es war nur noch ein jämmerliches Schluchzen. Erst als sich die Tür hinter ihm und den beiden Kriegern geschlossen hatte, drehte sich der Sklavenhändler wieder herum und sah sie an.
    »Meister Ribauld wird alles tun, damit der Knabe am Leben bleibt«, sagte er. »Schließlich übersteht nur einer von vier Jungen die Kastration. Die Überlebenden sind dafür umso kostbarer. Es liegt eine glänzende Zukunft vor ihm, denn Eunuchen tun nur in den vornehmsten Häusern Dienst und müssen niemals schwere Arbeit leisten. Du wirst sehen, Christenmädchen - wenn er stark genug ist zu überleben, dann wird er dir eines Tages dankbar sein.«
    Robin war fassungslos, zumal sie spürte, dass diese Worte keineswegs höhnisch, sondern vollkommen ernst gemeint waren.
    »Du hast nun gesehen, was denen geschieht, die sich meinem Willen widersetzen«, fuhr Omar ruhig fort. »Solltest du einen weiteren Fluchtversuch unternehmen - ob allein oder zusammen mit anderen -, dann werde ich vor deinen Augen alle Jungen aus dem Fischerdorf kastrieren lassen. Und deine kleine Freundin wird vor deinen Augen zu Tode gepeitscht. Verhältst du dich dagegen angemessen, so wird es ihr und auch all ihren Mitsklaven gut ergehen. Du ganz allein bestimmst über das Schicksal der Sklaven vor ihrem Verkauf.« Er wandte sich zu seinem Leibwächter, der noch immer hoch aufgerichtet und reglos hinter Robins Stuhl stand. »Bring sie zurück auf ihr Zimmer. Sie soll zu essen und saubere Kleider bekommen. Morgen bei Sonnenaufgang wünsche ich sie in tadellosem Zustand zu sehen.«
    »Was sollte mich daran hindern, bei Sonnenaufgang nicht mehr zu leben?«, fragte Robin leise.
    »Niemand«, erwiderte Omar. »Einzig vielleicht das Wissen, dass deine Freunde unten im Verlies dich nicht lange überleben würden. Und dass ihnen kein leichter Tod bevorsteht. Wie gesagt: Die Entscheidung liegt ganz allein bei dir.« Er sah Robin noch einen Moment lang durchdringend an, um seinen Worten den gehörigen Nachdruck zu verleihen, dann drehte er sich um und verließ mit schnellen Schritten das Zimmer.
     
    13. K API T EL
     
    »Bei allen Wüstenflöhen, die je in den Decken meiner Großmutter genächtigt haben, du würdest es mir leichter machen, wenn du nicht dauernd blinzeln würdest, Weib!«, fluchte Harun.
    Auf seiner Stirn perlte Schweiß, obwohl durch das offene Fenster ein angenehm kühler Lufthauch hereinwehte. Wenn er nicht gerade fluchte, Robin beschimpfte oder bedrohte, sie in die tiefsten Abgründe der Hölle wünschte, dann hatte er die Lippen vor Konzentration zu einem dünnen Strich zusammengepresst, der hinter seinem sorgsam gestriegelten weißen Bart nahezu verschwand. Robin beobachtete interessiert, wie sich dicke Schweißtropfen in den Falten auf seiner Stirn sammelten und wie durch ein Kanalsystem zu seiner Nasenwurzel geleitet wurden, von wo aus sie auf sein Gewand und seine Hände herabtropften. Manche landeten auch in der hölzernen Schale, die er auf Robins Knien abgestellt hatte, und in der sich eine schwarze, wie Pech glänzende Paste befand.
    Harun kniete seit einer geraumen Weile vor Robin, die auf der Bettkante saß. Durch seine enorme Größe befand sich sein Gesicht dennoch ein gutes Stück über ihr und sein riesiger weißer Turban schien den Himmel auszufüllen wie ein Vollmond, den jemand mit kleinen goldenen Glöckchen verziert hatte. Ab und zu tauchte er einen dünnen Holzspan in die Paste auf Robins Knien und versuchte, damit eine dünne schwarze Linie über ihre Wimpern zu ziehen. Der Sinn dieses Vorhabens war ihr bis jetzt nicht klar geworden und Harun hatte sich nicht erst die Mühe gemacht, ihn ihr zu erklären. Überhaupt wirkte er an diesem Morgen… anders.
    Robin konnte den Unterschied nicht benennen. Er war redselig und aufgekratzt wie immer.

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