Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Mohnpflanze. Sie hat die Fähigkeit, Schmerzen zu lindern und dem Rastlosen Schlaf zu schenken.«
    »Was bedeutet das?«, fragte Robin zum wiederholten Male. Ihre Stimme war schrill. Sie versuchte fast verzweifelt, Omars Blick einzufangen, oder den Ribaulds, aber keiner der beiden sah auch nur in ihre Richtung.
    Der Junge zögerte noch immer, doch als Ribauld noch einmal aufmunternd nickte, setzte er den Becher an die Lippen und stürzte den Inhalt in einem einzigen Zug herunter. Als er dem fränkischen Arzt den Becher zurückgab, stahl sich sogar ein schüchternes Lächeln auf seinen Mund. Einen Moment später drehte er den Kopf und sah in Robins Richtung, und sein Blick brach ihr fast das Herz. Sie las keine Furcht mehr in den Augen des Jungen. Er hatte Angst gehabt, als er hereingeführt worden war, aber nun war davon nichts mehr zu sehen und sie begriff, dass allein ihre Anwesenheit dieses kleine Wunder bewirkt haben musste. Er vertraute ihr vorbehaltlos, weil sie ihm schon einmal geholfen hatte.
    »Omar!«, wimmerte sie. »Ich flehe Euch an! Was immer Ihr mit diesem Jungen vorhabt, tut es nicht. Er ist von allen hier im Raum der am wenigsten Schuldige. Ich bin bereit, jede Strafe zu erdulden, aber ich werde nicht zusehen, wie Ihr dem Jungen ein Leid zufügt.«
    Kühl, und ohne sich auch nur zu ihr herumzudrehen, erwiderte Omar: »Genau das ist deine Strafe, Christenmädchen. Hilflos zusehen zu müssen.«
    »Ich werde Euch töten, Omar«, wimmerte Robin. »Wenn Ihr diesem Jungen etwas antut, werde ich Euch töten, das schwöre ich Euch!«
    »Mach dich nicht lächerlich!«, sagte Omar.
    »Irgendwie wird es mir gelingen«, antwortete Robin mit einer Stimme, die sie selbst erschreckte, einer Mischung zwischen Schluchzen, hilflosem Entsetzen und einer so gewaltigen Wut und Entschlossenheit, dass selbst Omar den Blick wandte und für einen kurzen Moment verwirrt aussah. »Ganz egal, an wen Ihr mich verkauft, ganz egal wie weit Ihr mich fortbringen lasst. Ihr habt es selbst gesagt: Ich werde die Gemahlin eines sehr einflussreichen, mächtigen Mannes werden. Und wenn es zehn Jahre dauert oder den Rest meines Lebens - irgendwann werde ich ihn dazu bringen, Euch töten zu lassen.«
    »Du redest wirres Zeug, Christin«, antwortete Omar. Bildete sie es sich nur ein, oder klang er ganz leicht verunsichert?
    »Vielleicht schon nach der ersten Nacht«, fuhr sie fort. »Vielleicht dauert es ein Jahr, vielleicht auch fünf oder zehn. Und vielleicht habt Ihr Recht, und es gelingt mir nie. Aber Ihr werdet nie wieder sicher sein, wer vor Euch steht, ob der Schatten hinter Euch wirklich nur ein Schatten ist, und die Schritte, die Ihr zu hören glaubt, wirklich nur eingebildet. Wollt Ihr den Rest Eures Lebens in Angst verbringen?«
    Omars Verunsicherung war nun deutlich zu sehen. Sein Blick flackerte. Für einen kurzen Moment klammerte sich Robin an die verzweifelte Hoffnung, ihn mit ihren Worten tatsächlich beeindruckt zu haben. Dann aber schüttelte er den Kopf und lachte hart. »Ich habe mich nicht in dir getäuscht, Robin. Du bist wie eine Löwin. Eine Löwin im Körper eines Kindes, aber dennoch eine Löwin. Dein neuer Herr wird viel Gefallen an dir finden.« Er drehte sich mit einem Ruck wieder zu Ribauld herum. »Fahrt fort!«
    Van Melk hatte mittlerweile den Becher aus der Hand gestellt und damit begonnen, Bauch und Oberschenkel des Jungen mit weißen Leinentüchern zu umwickeln, die so fest angelegt waren, dass sie ihm das Blut abschnüren mussten. Rustan ließ es klaglos geschehen, aber er sah dabei nicht den fränkischen Arzt an, sondern Robin, und in seinen Augen lag ein Flehen, dem sie nicht länger standhielt. Sie senkte den Kopf. Und immer noch spürte sie seinen Blick.
    Sie hörte Schritte. Nur einen Moment später trat Omars Leibwächter hinter sie, legte die Hand unter ihr Kinn und zwang sie mit unerbittlichem Griff, den Jungen weiter anzusehen. Rustan wankte. Sein Blick begann sich zu verschleiern und sein Kopf fiel immer wieder auf die Seite, so, als kämpfte er mit aller Macht dagegen an einzuschlafen. »Wasser«, lallte er. »Ich habe… Durst. Gebt mir etwas… zu… trinken.«
    »Später«, antwortete Ribauld. »Im Moment wäre es nicht gut für dich.«
    Ribauld forderte den Jungen auf, sich auf dem Tisch auszustrecken. Langsam und mit unsicheren, wie schlaftrunken wirkenden Bewegungen kam Rustan der Aufforderung nach. Omar klatschte erneut in die Hände, und ein weiterer Mann betrat den Raum. Zusammen mit

Weitere Kostenlose Bücher