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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie die Hand zum Mund, berührte das kühle Gold zum letzten Mal mit den Lippen und dachte an Salim. Er würde es verstehen.
    Und er würde ihr verzeihen.
    Schnell, fast hastig, als hätte sie Angst, es sich im allerletzten Moment doch noch einmal zu überlegen, streifte sie den Ring ab und hielt ihn Ribauld hin. Es war wie am Morgen, als sie den Ring schon einmal weggegeben hatte. Da hatte sie geglaubt, das Letzte zu verlieren, was sie noch mit ihrer Vergangenheit verband, und doch war es jetzt ganz anders. Jetzt wusste sie es.
    Der Medicus nahm den Ring entgegen, sah sie dabei aber auf sonderbare Weise an, bevor er das kleine Schmuckstück in der Hand verbarg und einen Moment später in der Tasche verschwinden ließ. Er konnte nicht wissen, was ihr dieser Ring bedeutete, doch vielleicht ahnte er es. Bevor er an Robin vorbeiging und sich neben Rustans Lager in die Hocke sinken ließ, um den Jungen zu untersuchen, streifte er sie noch einmal mit einem kurzen, fast mitleidigen Blick. Naida zog die Augenbrauen zusammen, schüttelte den Kopf und wandte sich mit einem Ruck ab. Seltsamerweise wirkte sie zugleich erleichtert wie auch erschrocken.
    Robin änderte ihre Meinung über den sonderbaren Medicus rasch, während sie ihm dabei zusah, wie er den Sklavenjungen untersuchte. Geschickt tastete er seinen Körper ab, hielt seine Handgelenke eine Weile und schien dabei mit geschlossenen Augen in sich hineinzulauschen, dann legte er dem Jungen die Hand auf die Stirn und hob mit dem Daumen seine Lider an, um die Augen zu untersuchen. Schließlich zwang er seinen Mund auseinander und roch daran. Als er sich nach einer Weile wieder aufrichtete, wirkte er ernst und angespannt, aber nicht wirklich besorgt.
    »Wie steht es mit der Ernährung dieses Jungen? Seinem Stuhlgang, seinem allgemeinen Befinden?«
    Robin hob die Schultern. »Das kann Naida besser beantworten, fürchte ich.«
    Der Medicus wandte sich gar nicht erst zu der alten Sklavin um, sondern verzog nur die Lippen zu einer flüchtigen Grimasse. Offenbar hatte Robin seine Frage bereits hinlänglich beantwortet.
    »Was fehlt ihm?«
    »Nichts Ernstes«, erwiderte Ribauld. »Die Sklavenkrankheit, wie ich sie für mich nenne. Der Knabe leidet an den Strapazen der Reise und der Unterernährung, und er hat sich wohl ein leichtes Fieber gefangen, wodurch die Säfte seines Körpers ungleich erhitzt werden. Gebt ihm ausreichend zu essen, frisches Brot, Gemüse, vielleicht eine kräftige Fleischbrühe, und sorgt dafür, dass ihm mit kaltem Wasser angefeuchtete Tücher auf die Stirn gelegt und um die Waden gewickelt werden. Alles andere wird die Natur schon richten.«
    »Und das ist wirklich alles?«, fragte Robin. Dafür hatte sie ihre Zukunft geopfert?
    Ribauld wirkte leicht beleidigt. »Ihr könnt gerne einen anderen Medicus zurate ziehen, wenn Ihr mir nicht traut«, sagte er. »Aber auch der wird Euch nichts anderes sagen. Wenn es Euch beruhigt, dann kehre ich morgen Abend zurück, um mich von den Fortschritten bei der Heilung des Jungen zu überzeugen.« Er zuckte mit den Schultern, schien sich umwenden zu wollen, fuhr aber dann leiser und in versöhnlicherem Ton fort: »Ihr braucht Euch wirklich keine Sorgen um den Jungen zu machen. Er hat nichts, was einige gute Mahlzeiten und ein wenig Ruhe nicht wieder heilen könnten.«
    »Ich danke Euch«, sagte Robin. »Das ist wirklich…«
    »Das ist genug«, mischte sich Naida ein. »Ihr könnt jetzt gehen, Ribauld. Ich lasse nach Euch schicken, wenn wir Eure Hilfe noch einmal benötigen.«
    Man sah Ribauld an, dass er Naida gerne etwas entgegnet hätte, aber Robin warf ihm einen raschen, warnenden Blick zu, und der Medicus beließ es bei einem Achselzucken und einem enttäuschten Seufzen. Mit einer gestelzten Bewegung drehte er sich zu Naida herum, verbeugte sich steif und schritt dann mit schnellen Schritten davon.
    »Nun, bist du zufrieden?«, fragte Naida verächtlich.
    »Warum hast du ihn fortgeschickt?«, fragte Robin. Sie hätte gern noch ein paar Worte mit dem Heiler gewechselt, nicht nur um sich genauer über den Gesundheitszustand des Jungen zu vergewissern, sondern auch, weil ihr das kurze Gespräch vor Augen geführt hatte, wie schmerzlich sie ihre Muttersprache und irgendeine Kunde von ihrer Heimat vermisste. Aber sie drängte Naida nicht weiter. Die Alte war nicht in der Stimmung, Großmut zu zeigen.
    »Geh auf dein Zimmer«, fuhr die Sklavin fort. »Es geziemt sich nicht, dass du mit fremden Männern sprichst. Schon

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