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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schlug ihr dann die Tür vor der Nase zu. Noch während Robin verdutzt die geschlossene Tür anstarrte, hörte sie, wie draußen der Riegel vorgelegt wurde.
    Im ersten Moment war sie wie vor den Kopf geschlagen, dann aber begann sie, wütend mit den Fäusten gegen die Tür zu trommeln.
    »Aufmachen!«, befahl sie. »Was fällt dir ein? Ich muss zu Naida!«
    Sie bekam keine Antwort, und das Geräusch des sich bewegenden Riegels, auf das sie wartete, blieb aus. Robin schlug noch zwei oder drei Mal mit der Faust gegen die Tür, versetzte ihr abschließend noch einen Tritt und kehrte dann wieder zum Fenster zurück. Der Mann hatte sie verstanden, daran bestand kein Zweifel. Aber anscheinend hatte er Befehl, sie unter keinen Umständen herauszulassen. Vielleicht hatte sie Naida doch nachdrücklicher verärgert, als ihr bisher klar gewesen war.
    Die Szene unten auf dem Hof hatte sich verändert. Noch mehr Fackeln brannten und tauchten das gemauerte Geviert in helles, rotes Licht. Ein gutes Dutzend weiterer Sklaven sowie bewaffneter Krieger waren aus dem Haus getreten. Robin konnte keine Einzelheiten erkennen, aber es herrschte eine Stimmung allgemeiner, bedrohlicher Aufregung. Einmal hob ihr Leibwächter den Kopf und blickte direkt zu ihr herauf, und obwohl es im Zimmer dunkel und Robin somit sicher sein konnte, dass sie nicht zu erkennen war, hielt sie doch erschrocken den Atem an. Instinktiv trat sie einen halben Schritt zurück, bevor sie sich selbst in Gedanken eine ängstliche Närrin schalt und ihre ursprüngliche Position wieder einnahm.
    In diesem Moment wurde die Tür unter ihr aufgerissen und Naida stürmte auf den Hof hinaus. Der schwarz gekleidete Krieger fuhr mit einer so zornigen Bewegung herum, dass Robin sich nicht gewundert hätte, wenn er sich im nächsten Moment auf die alte Sklavin gestürzt hätte, aber Naida ließ ihn gar nicht zu Wort kommen, sondern überschüttete ihn mit einem wahren Redeschwall. Robin konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber ihr schriller, fast hysterischer Tonfall verriet genug. Der Krieger antwortete, ebenso laut und ebenso unverständlich und gleichermaßen erregt, und für einen Moment konnte man die Spannung zwischen den beiden fast mit Händen greifen. Die übrigen Sklaven und Posten wichen erschrocken ein Stück zurück, sodass sich die beiden ungleichen Gegner gegenüberstanden wie zwei Gladiatoren in einer Arena, dann spie der schwarze Hüne ein einzelnes verächtliches Wort in Naidas Richtung. Die Alte antwortete, nicht mehr so laut und keifend wie zuvor, aber scharf, und diesmal konnte Robin verstehen, was sie sagte - zumindest die Worte, wenn auch nicht ihren Sinn: »Du Narr! Du tötest deinen Herrn durch diesen Verrat!«
    Der schwarz gekleidete Hüne fuhr herum und hob die Hand, wie um Naida zu schlagen, und vielleicht hätte er es sogar getan, hätte nicht genau in diesem Moment das Geräusch dumpfer, trommelnder Hufschläge den Hof erreicht. Der Mann erstarrte mitten in der Bewegung und fuhr zum Tor herum. Das Hufgetrappel schwoll rasch an ; was gerade noch ein entferntes Dröhnen war, wurde nun zum hallenden Echo zahlreicher beschlagener Pferdehufe, die durch die schmalen Gassen der nächtlichen Stadt hetzten. Robin sah überrascht und beunruhigt zugleich zum Himmel empor. Die Nacht war so klar wie fast alle Nächte in diesem Teil der Welt. Wenn sie den Stand des Mondes richtig deutete, dann musste es ungefähr zwei Stunden nach Mitternacht sein. Hama war eine Stadt, die niemals wirklich ganz zur Ruhe kam, und Rücksicht gehörte nicht unbedingt zu den vornehmsten Wesenszügen der Muselmanen - wenigstens nicht der, die sie bisher kennen gelernt hatte. Aber ein ganzer Trupp Reiter, der zu dieser Stunde mitten durch die Stadt jagte, gehörte auch hier nicht zum Alltag. Irgendetwas musste geschehen sein. Und sie hatte das Gefühl, dass es mit ihr zu tun hatte. Die wenigen Augenblicke, die vergingen, bevor der erste Reiter das Tor erreichte, dehnten sich zu einer Ewigkeit. Robins Herz klopfte und ihre Finger schlossen sich so fest um die marmorne Fensterbrüstung, dass es wehtat. Sie merkte es nicht einmal.
    Schließlich ritt der erste Reiter in den Hof. Anders als Robins Leibwächter zügelte er sein Pferd in einen raschen Trab, ehe er es durch das Tor lenkte. Dann sprang er ebenso wie dieser aus dem Sattel, noch bevor das Tier völlig zum Stehen gekommen war. Auch er war staubbedeckt und von den Flanken seines Pferdes tropfte Schweiß. Dem ersten Reiter folgten

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