Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
Unfähigkeit ausbaden müssen? Ein weiterer Mensch sollte leiden müssen, auf die vage Hoffnung hin, dass der Mörder endlich einen Fehler machte? Und er - der Herr Hauptkommissar - brauchte nur dazusitzen und darauf zu warten, dass er den Bösewicht verhaften konnte?
Klang irgendwie nach einer schlechten amerikanischen Krimiserie. „Hey Horatio, sieh mal was ich hier habe. Ein Haar. Sieht nicht so aus, als stammte es vom Opfer. Ich schicke es ins Labor, die sollen die DNS durch die Datenbank jagen.“ Noch ein bisschen Luminol am Tatort versprühen - fertig. Es folgt ein lockerer Spruch von Horatio, der währenddessen unangestrengt die Sonnenbrille vom Gesicht nimmt. Alles ganz easy.
Beim Zähneputzen dachte Wagner darüber nach, dass er nach der Herkunft der Waffen forschen sollte. Der Dolch, der in Olaf Westhofens Leiche steckte, hatte bereits alle Tests durchlaufen. Es gab weder Fingerabdrücke noch DNA-Spuren des Mörders darauf. Im Labor wurde nur das Blut des Opfers analysiert. Offenbar war der Dolch wertvoll und ziemlich alt, vermutlich Anfang des letzten Jahrhunderts. Das war immerhin etwas. Vom Schwert, mit dem Herr Gornheim getötet wurde, fehlte allerdings weiterhin jede Spur. Wagner blieb nur zu hoffen, dass der Abdruck aus der tödlichen Wunde Gornheims hilfreich sein würde. Der Silikonabdruck sollte im Laufe des Tages mit Gips oder Kunststoff ausgegossen werden und so wenigstens über die Form der Klinge Auskunft geben.
Außerdem wollte er mit dem Team die beiden Fallakten noch einmal gemeinsam durchgehen.
Es waren noch so viele Dinge unklar. Wie hatte sich der Täter jeweils Zutritt zum Haus verschafft? Woher bezog er diese College-Ring-Imitate? Welche Bedeutung hatten diese Ringe und deren Platzierung, ausgerechnet im Enddarm der Toten? Dies war die grundlegende Frage in dieser Mordserie, die es zu lösen galt, bevor ein weiterer Ring gefunden werden musste. Und vor allem anderen… wer, zum Teufel, war dieser Kerl? Der musste doch irgendeine Vorgeschichte haben! Manche trainieren an Tieren. Andere suchen sich für den Anfang leichte Opfer wie schlafende Obdachlose, Junkies auf Turkey, Prostituierte mit ähnlichen Problemen, alte Menschen oder Kinder. Wie und warum hatte dieser Täter sein Morden begonnen?
Während Theobald Wagner sich anzog, dachte er an Lara. Nein, er dachte an Kaffee. Oder doch Lara? Arbeitete sie freitags überhaupt? Er wusste es nicht. Während der letzten Wochen hatte ihm sein Zustand zu dieser Uhrzeit noch keine Mutmaßungen über den Wochentag erlaubt. Eigentlich fühlte sich dieses nüchterne Erwachen richtig gut an. Er hatte beinahe schon vergessen, dass das erste Sonnenlicht des Tages nicht unweigerlich in den Augen schmerzen musste, und dass die erste Zigarette nicht unbedingt abrupte Übelkeit verursachen musste. Wagner wunderte sich darüber, wie schnell der Mensch unangenehme Begleiterscheinungen als selbstverständlich hinnehmen konnte, obgleich er selbst in diesem Fall durchaus die Wahl hatte, darauf zu verzichten.
Heute war ein guter Tag.
Wenn jetzt noch Lara… So ein Quatsch. Kaffee. Es ging hier um spitzenmäßigen Espresso Latte, und sonst gar nichts. Als Lara dann aber den üblichen Pappbecher auf die Theke stellte, nahm er den verheißungsvollen Duft, der ihm entströmte, kaum wahr. Es war ihr Lächeln, das Theobald Wagner zunehmend verwirrte und zugleich bezauberte. „Sie sehen heute irgendwie so…vital aus. Sind Ihnen die Damen ausgegangen?“, scherzte Lara auf ihre ureigene provozierende Art. „Wie kommen Sie eigentlich zu der Annahme, dass ich in meiner Freizeit wie Don Juan durch die ganze Stadt vögele?“, antwortete Wagner schlagfertig und grinste.
„Heute so schlagfertig? Wie aufregend.“ Sie machte eine kurze Pause, und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Was sollte ich denn sonst annehmen? Ich kenne diesen Zustand, in dem Sie normalerweise morgens hier aufschlagen, auch. Ist schon eine Weile her, aber ich habe es nicht vergessen. Partys, Männer und reichlich Alkohol. Das hinterlässt unweigerlich Spuren.“
Wieder machte Lara eine kurze Pause und neigte den Kopf leicht zur Seite. „Na, wie nah bin ich dran, Herr Kommissar?“ Theobald Wagner überlegte kurz. „Lassen Sie die Männer und die Partys weg, und sie sind verdammt nah dran.“ Lara sah ihn mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an. Sie lehnte sich über die Theke und kam ihm so nahe, dass ihr herbes Parfum in seine Nase stieg. „Sie stehen nicht auf Männer?
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