Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
handelt.“
Wagner starrte frustriert auf den nackten Rücken des toten Schauspielers.
Auf dem Teakholz war eine getrocknete Blutlache zu sehen. „Wie lange liegt er schon so da?“ „Grob geschätzt? Etwa fünfzehn Stunden, flüstern mir die Totenflecken. Er wurde nach seiner Ermordung nicht mehr bewegt.“
Dr. Kremer ging in die Knie. „Sehen Sie die Flecken hier? Das ist eindeutig.“ Mit seinem Zeigefinger fuhr er an der Taille entlang zu den Beinen und dann zurück bis zu den Schultern hinauf. Die Hautverfärbungen bildeten eine horizontale Grenze am Körper von Ronny Pfingst. „Haben Sie bereits versucht, die Leiche zu bewegen?“
„Nein“, antwortete der Gerichtsmediziner. „Wir wollten auf Sie warten. Und außerdem war ich noch hiermit beschäftigt.“ Dr. Kremer erhob sich und zeigte auf den Arm des Opfers zu seinen Füßen. „Was glauben Sie, was das ist?“ Hauptkommissar Wagner rang um Fassung.
Auf dieses wichtige Detail hatte er bislang nicht geachtet.
Die Hand des Toten hielt ein langes Schwert. Die Klinge war etwa im oberen Drittel zerbrochen. Die Spitze war am Ende des Schwertes so akkurat in einem kleinen Abstand platziert, dass es schien, als wäre die Waffe soeben in der Hand von Ronny Pfingst ohne großes Zutun zerbrochen. „Das ist…“, Wagner räusperte sich, „das könnte die Mordwaffe sein, durch die Wilhelm Gornheim starb. Was soll der Scheiß?“ Warum war ihm dieses Detail nicht sofort aufgefallen? Früher wäre es ihm sicher nicht entgangen. „Ich werde das noch überprüfen lassen. Wir vergleichen die Klinge mit dem Abdruck, den ich aus Gornheims Wunde genommen…“ „Tun Sie das. Aber vermutlich können Sie sich die Mühe sparen, Doc. Was will dieser Kerl uns jetzt wieder sagen?“ „Finden Sie es heraus, Wagner. Und zwar flott. Ihr Chef wird nicht sehr erfreut sein, von einem weiteren Opfer zu hören.“ „Was ist mit …? Haben Sie…? Also, ich meine, konnten Sie schon feststellen, ob das Opfer auch einen Ring…? Sie wissen schon!“ „Wollen Sie eine kleine Wette wagen?“ Dr. Kremer sah Wagner amüsiert an. „Morgen früh gebe ich Ihnen Bescheid.“ Der Gerichtsmediziner winkte die Beamten mit dem Leichensack heran. „Können wir?“ Er sah Wagner fragend an.
Der nickte bloß stumm. Dr. Kremer machte sich daran, Ronny Pfingst auf die Seite zu drehen. Der Körper rührte sich kaum.
„Oh! Ihr Serienkiller hat ohne Zweifel immense Kraft. Er hat unseren Schauspieler durchbohrt und an der Holzdiele befestigt. Respekt!“ Der Gerichtsmediziner packte mit seinen mächtigen Händen den Speer und zog ihn mit einem heftigen Ruck aus dem Boden und dem toten Körper.
„Das macht mir weniger Sorgen als seine Wut. Der Kerl muss eine Mordswut haben“, murmelte Theobald Wagner.
Der Montagmorgen begann erwartungsgemäß mies. Nach dem Leichenfund am Vorabend hatte Hauptkommissar Wagner zu Hause keine Ruhe finden können. Daraufhin hatte er sich mit Tim im Onyx getroffen. Nur auf ein kleines Bier. Wie üblich faselte Tim unentwegt über sein vermasseltes Leben. Seit ihn seine Frau vor einem Jahr mitsamt Kind und Hund verlassen hatte, schwelgte er in Selbstmitleid. Da hatten sie etwas gemeinsam. Beide standen sie den einschneidenden Veränderungen in ihrem Leben ohnmächtig gegenüber. Tim hatte die Probleme mit seiner Frau genauso aussitzen wollen, wie Wagner selbst es bezüglich seines Berufslebens getan hatte. Während er scheinbar anteilslos zusah, wie seine Karriere den Bach runter ging, badete er in regelmäßigen Abständen gerne in seinem Selbstmitleid.
Zu vorgerückter Stunde und sich potenzierendem Alkoholkonsum philosophierten sie gegen die immer lauter werdende Geräuschkulisse an. Je später der Abend wurde, desto leichter fiel es, sich einzugestehen, dass sie beide Waschlappen waren.
Sie kannten sich seit der Schulzeit und waren eigentlich stets vom Glück verwöhnt worden.
Das Leben lief fröhlich plätschernd vor sich hin, und niemand schien sich an ihrer Oberflächlichkeit zu stören, bis Tims Frau ihre Koffer packte, und Wagner schließlich über seine Überheblichkeit stolperte. Interessant fanden sie beide, dass ihr Dasein etwa im selben Zeitraum eine gravierende Änderung erfahren hatte. Beim letzten, beim wirklich allerletzten Drink, schworen sie sich gegenseitig gleich morgen die Dinge anzupacken.
Wagner wollte sein berufliches Leben wieder auf die Reihe bringen, indem er den Serienkiller zügig zur Strecke brachte, während Tim sich schwor,
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