Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
verlässt. Ich sag dir, den kriegen wir nicht so leicht. Der hatte wahrscheinlich schon alles gründlich recherchiert, noch bevor er sein erstes Opfer ermordet hat. Shit!“ Hauptkommissar Wagner fuhr sich mit jener fahrigen Bewegung durchs Haar, die verriet, dass er verzweifelt war.
„Ist alles in Ordnung, Theo?“ Menzel sah betreten drein. „Keine Ahnung. Ich glaube eher nicht. Wir werden wieder nichts finden. Da wette ich zehn zu eins. Unser Serienkiller ist offenbar ein Perfektionist. Der macht so schnell keine Fehler.“ Wagner ließ die Schultern müde hängen.
„Willst du dir den Toten nicht wenigstens mal ansehen, bevor du aufgibst?“ In Menzels Stimme schwang Ungeduld mit. Wagner setzte sich wie ferngesteuert in Bewegung. Der Flur, in dem sie eben noch gestanden hatten, mündete in einen riesigen, hellen Raum, der zur linken Seite eine Küche aufwies. Boden und Arbeitsfläche waren mit demselben dunklen Granit vertäfelt wie der Gang. Selbstverständlich war dies eine Designerküche der Extraklasse mit angeschlossener Bar. Zur Rechten öffnete sich ein gigantischer Wohnraum mit Holzdielenboden und nackten, allerdings restaurierten Klinkersteinen an der Wand. Hier und da ein modernes Gemälde, wie zufällig an den alten Industriemauern verteilt, die perfekte Umgebung für eine ausladende cremefarbene Sofalandschaft und andere teure Designermöbel.
Unwillkürlich fragte sich Theobald Wagner, wie ein derart schlechter Schauspieler einen solch exquisiten Geschmack entwickeln konnte. „Tja, mein Lieber. Wer einen Innenarchitekten bezahlen kann, braucht keinen guten Geschmack zu haben.“
Konnte dieser Menzel Gedanken lesen?
„Woher…?“ „Du solltest mal dein Gesicht sehen. Und außerdem kenne ich dich auch schon ein paar Jahre, oder?“ Menzel machte eine kurze Pause. „Marie schaut sich immer dieses Exklusiv-Weekend an, und da haben sie mal so eine Homestory über die Wohnung von Pfingst gebracht.“ „Soso, du schaust dir also Frauke Ludowich an?“ Wagner zog das “wich“ im Namen Ludowig genauso lang, wie sie es selbst immer tat. Auch er hatte sich diesen Schwachsinn mit der einen oder anderen Freundin schon ansehen müssen. Verlegen sah Menzel zu Boden.
„Wo ist er?“, wollte Wagner wissen. „Ach so. Äh ja! Im Wintergarten.“
Sie durchquerten das Wohnzimmer und traten auf die Terrasse hinaus, die einen atemberaubenden Blick über den Fluss bot. Ein Teil der Teakholzfläche war mit einem Wintergarten, oder viel mehr einem Glaspalast, überbaut, natürlich ebenso perfekt eingerichtet wie der Hauptraum. Störend war hier allein die Leiche am Fuß der breiten Glasfront. Die Spurensicherung wuselte geschäftig durch die Gegend, und Dr. Kremer machte höchstselbst Fotos von der Leiche. Als er Wagner hereinkommen sah, blickte er auf.
„Ich dachte, diesmal schaue ich mir das Spektakel live und in Farbe an.“ Der Gerichtsmediziner richtete seinen gewaltigen Körper auf und ergänzte: „Das Opfer ist offenbar gegen die Glasscheibe des Wintergartens gedrückt worden, bevor er hier durchbohrt wurde.“ Dr. Kremer deutete auf die mit schwarzem Pulver sichtbar gemachten Spuren an dem sonst piccobello geputzten Glas, und fügte zuversichtlich hinzu: „Vielleicht hat unser Freund hierbei seine persönliche Visitenkarte hinterlassen.“
„Glauben Sie das wirklich, Doc?“, fragte Wagner beiläufig, als er seine Augen auf den toten Körper am Boden heftete. Ronny Pfingst lag nackt auf dem Bauch. Aus seinem Rücken ragte ein langer Holzstiel, an dessen unterem Ende ein kunstvoller Metallbeschlag aufgebracht war.
„Die beiden vorherigen Opfer lagen auf dem Rücken. War das von Bedeutung?“ Wagner schob den Gedanken beiseite. „Die Verlobte hat gleich erkannt, dass das hier ein Speer ist? Merkwürdig, nicht wahr? Von der Klinge ist nichts zu sehen! “, wandte sich Wagner fragend an Dr. Kremer. „Na ja. Was würden Sie zunächst vermuten? Ein Speer liegt wohl näher, als ein Besenstiel. Gerade, wenn man sich diesen wunderbaren Beschlag hier ansieht, das findet man an einem Besen eher selten, meinen Sie nicht? Im Übrigen fällt bei genauerer Betrachtung auf, dass dieses Tötungsinstrument aus drei zusammengeschraubten Teilen zu bestehen scheint.“ Der Gerichtsmediziner deutete auf zwei Metallringe am Holzstiel.
„Auf diese Weise lässt sich so ein langes Ding sicherlich unauffälliger transportieren. Sie haben recht. Der Gedanke liegt nah, dass es sich hierbei um einen Speer
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