Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
etwas mehr Zeit genommen, um die Umgebung genauer inspizieren zu können. Wo auch immer sein Blick hinfiel, stapelten sich teuerste Scheußlichkeiten. Kitschig bemaltes, feinstes Porzellan in Vitrinen, alte Ölschinken in vergoldeten Rahmen an den Wänden und naturgetreue Nachbildungen von Geparden in Lebensgröße vor dem Fenster, ebenfalls aus Porzellan. Während er diese geschmacklich fragwürdige Ansammlung von sicherlich kostspieligen Absurditäten betrachtete, schüttelte es Wagner regelrecht. Jedes noch so kleine Detail glänzte golden. Polierte Tür- und Fenstergriffe, Schubladenknäufe, Lampenstiele und so weiter. Am Fenster lehnte Menzel mit Rosalie, die inzwischen ebenfalls eingetroffen war. Beide schienen in ein Gespräch vertieft und bemerkten seine Rückkehr zunächst nicht.
„Ah, da sind Sie ja!“ Mit einem schnalzenden Geräusch zog Dr. Kremer den rechten Latexhandschuh aus und reichte Wagner die Hand. „Ich nehme unseren Freund hier mit, und informiere Sie baldmöglichst wegen eines Obduktionstermins. Es wird sicherlich nicht vor Montag, acht Uhr, klappen.“ Wagner nickte und war froh, nicht heute noch einer Autopsie beiwohnen zu müssen. Er hatte anderes geplant. Menzel und Rosalie kamen auf ihn zu. „So Boss, jetzt lass´ mal raus, was du weißt. Wir platzen sonst noch.“ Rosalies herbe Stimme klang amüsiert. Wagner war sich immer noch unschlüssig darüber, ob er die beiden überhaupt in sein Vorhaben einweihen sollte. Schließlich verließ er sich bei diesem Unterfangen vor allem auf seine Intuition, die Fakten waren schlicht zu dürftig. Wenn er nun falsch lag, würde er seine Kollegen in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Konnten sie ihm tatsächlich helfen, ohne selbst in Gefahr zu geraten? Um sich selbst machte er sich diesbezüglich schon seit geraumer Zeit keine Gedanken mehr. Alles oder nichts, war die Devise. Hauptkommissar Wagner fuhr sich einmal mehr nervös mit beiden Händen durch die dunklen Locken. „Wie wär’s mit einem Kaffee? Ich lade euch ein!“ „Wenn das so ist, sag ich nicht nein.“ Menzel schlug ihm kurz auf die Schulter. Rosalie dagegen blieb ungerührt stehen. „Was zum Teufel ist los mit dir? Wo ist deine überwältigende Arroganz geblieben? Versteh mich nicht falsch. Ich habe dich als Kollegen wegen deiner Fähigkeiten immer geschätzt. Aber menschlich warst du bisher eine Niete, Theo. Die letzten Monate warst du dann selten ohne Kater und Fahne unterwegs, und jetzt seit ein paar Tagen… Bist du irgendeiner erleuchtenden Glaubensgemeinschaft beigetreten? Nimmst du bewusstseinserweiternde Substanzen zu dir? Aber egal, was es ist, mach weiter damit!“
Wie üblich kam Rosalie direkt zum Punkt. Damit stieß sie die Leute häufig vor den Kopf. Sie scherte sich allerdings nicht darum.
„Kann ich euch nicht einfach zu einem Kaffee einladen? Kann es nicht einfach sein, dass man aus seinen Fehlern lernt und sich verändert, ohne sich eine Glatze scheren zu müssen oder den Jakobsweg zu gehen? Ich habe euch übrigens schon immer geschätzt, als Kollegen und Menschen, nur habe ich es eben nicht zeigen können oder wollen! Was weiß ich! Genug Erklärung, Miss Perfect?“ Rosalie und Wagner starrten sich kampfeslustig in die Augen, während Sebastian Menzel betreten zu Boden sah. Rosalies Entschlossenheit verlieh ihrem schönen Gesicht eine ausgesprochene Härte. Dann erinnerte sie Wagner an die fleischgewordene Lara Croft. Gegen Rosalie erschien Angelina Jolie wie eine niedliche Barbie-Puppe. „Was ist jetzt, Miss Croft? Ich muss mit euch reden! Das Ganze ist ohnehin ziemlich heikel. Wenn ihr nicht dabei sein wollt, nehme ich euch das sicher nicht übel.“
„Ich bin dabei, Boss!“ Sebbi warf Rosalie einen missbilligenden Blick zu. „Weißt du, Theo, ich hoffe sehr, dass deine neue Masche nicht bloß eine vorübergehende Phase ist! Mich altes Weib wickelst du nicht so einfach um den Finger wie unseren Freund Sebbi.“ Sie rollte die Augen und schnaubte leise. „Also, wo wollen wir hingehen?“ Wagner grinste. „Danke, Rosalie, altes Weib. Du wirst es nicht bereuen. Wie wär’s mit der „Brasserie Bernstein“ in der Seckenheimer Straße?“ „Na dann los!“ Sebbi war kaum zu halten. Der schien tatsächlich gleich vor lauter Neugierde zu platzen. Im „Bernstein“ fanden sie einen Tisch im hinteren Teil des Cafés, wo es bedeutend ruhiger war als im hektischen Barbereich an den großen Fenstern, die wegen des guten Wetters beinahe komplett zur
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