Der Ring von Ikribu
unter der Rüstung getragen wurde –, das ihr viel zu groß war. Wortlos glitt sie ins Becken zu Sonja, rieb sich mit Badeöl ein und lächelte entspannt.
»Du bist doch nicht zum Baden hergekommen«, bemerkte Sonja. »Wolltest du mit mir reden?«
Tias seufzte tief und betrachtete Sonja, und wieder fühlte sie sich ein wenig eingeschüchtert, wie immer in Gegenwart der Kriegerin. »Ich weiß nicht, ob ich es sagen kann.«
»Sprich dich aus, Kind, es wird dir gut tun.« Sonja lächelte. »Wir sind möglicherweise die einzigen noch lebenden Frauen hier und müssen uns umeinander kümmern.«
»Ich habe solche Angst!«
Das glaubte ihr Sonja gern. Sie hatte selbst Angst. Und vermutlich gab es nicht einen Krieger in Suthad, Olin eingeschlossen, der keine hatte. Dazu war Tias noch so jung und ein Stadtmädchen obendrein. Zweifellos stammte sie aus einer reichen Familie, in der man sie verwöhnt und verzärtelt hatte, ehe es zum Angriff auf die Stadt gekommen war.
Plötzlich fragte Sonja sich, ob Tias nicht vielleicht wie sie in jüngeren Jahren sein mochte, nur in anderer Umgebung aufgewachsen. Schwer vorzustellen, aber …
Tias drehte sich um, und das Wasser schlug kleine Wellen. »Du bist stark, Sonja«, sagte sie. »Das weiß ich. Ich hätte eigentlich während all dem umkommen müssen, ich bin nicht stark genug zu überleben.« Ihre Stimme klang bitter. Sonja spürte, dass Tias eifersüchtig auf sie war.
»Sprich weiter, Tias.«
Tias murmelte: »Allas – er …« Doch dann unterbrach sie sich, wich Sonjas Blick aus und kletterte aus dem Becken. Sie griff nach Sonjas Tuch und trocknete sich schnell ab.
»Ich habe solche Angst – Sonja. Vielleicht kannst du es nicht verstehen, aber ich …«
»Tias …«
»Olin will weiter Krieg führen!« schrie Tias plötzlich. »Er will irgendwo hinziehen und diesen Zauberer – Asroth …«
»Tias, hör mir …«
»Wenn Allas mit ihm geht, wird er getötet! Ich will nicht, dass er stirbt. Und ich möchte nicht mitkommen, aber ich kann auch nicht hier bleiben! Verstehst du denn nicht …«
»Ischtar! Tias, würdest du bitte …«
»Oh, vergiss es!« schluchzte das Mädchen. Hastig schlüpfte sie in das Wams und rannte aus dem Badegemach.
Verärgert ballte Sonja die Fäuste im Wasser. Tarims Blut! Welch ein Kind! Sie war hierhergekommen, um mit ihr zu reden, aber sie hatte Sonja nicht einmal die Chance gegeben, ihre Sorgen mit ihr zu teilen, ihr Trost zu bieten, ja nicht einmal ihr gut zuzureden.
Sonja schüttelte die Gedanken daran ab. Sie legte sich wieder auf den Rücken und genoss es, auf dem Wasser zu treiben. Tias, ein Mädchen, verzogen und verzärtelt und auf ein Leben wie dieses überhaupt nicht vorbereitet! All diese Vernichtung, diese Zauberei, dieser Wahnsinn! War sie selbst denn in einer viel beneidenswerteren Lage, fragte sie sich, nur weil sie nicht wie Tias war, sondern eine Kriegerin, die schon früher gegen Zauberei gekämpft hatte? Würde überhaupt irgend jemand diesen Strudel des Wahnsinns und Untergangs überleben, der um den Ring Ikribus zu wirbeln schien?
Sie bemühte sich, auch diese quälenden Gedanken zu vertreiben – diese entmutigenden Überlegungen, die sie an sich selbst zweifeln ließen und zu keinem guten Ende führen konnten. Sie schwamm zum Beckenrand und wollte sich gerade daran hochziehen, als die Tür erneut aufschwang.
Zweifellos Tias, um sich zu entschuldigen. Sonja blickte auf …
Pelides’ Schatten überquerte den Boden vor ihm. Sonja erstarrte und legte die Hand in die Nähe des Schwertgriffs auf dem Marmorboden. Der Herzog kam geradewegs auf sie zu. Als er den Beckenrand erreichte, blickte er auf sie hinab. Seine Haltung verriet weder Verlegenheit noch Lüsternheit.
»Ich sehe, Ihr habt keine große Achtung vor mir, Pelides, mich so beim Baden zu stören.«
Pelides schnaubte durch seine Maske und tat ihre Bemerkung mit einer Gebärde seiner behandschuhten Rechten ab. »Euer Bad interessiert mich nicht, Hyrkanierin. Ich habe versucht die Leiche des Stygiers zu bergen.«
Mit einem Arm auf dem nassen Marmor schaute Sonja zu ihm hoch. »Sie ist unter einem Trümmerhaufen begraben, Pelides. Ihr könnt sie nicht freischaufeln – und es gäbe auch keinen Grund dafür.«
»Ich habe eine tote Hand gefunden …«
»Sie ragte aus den Trümmern heraus, und ich hatte sie plötzlich in der Hand, als ich versuchte den Stygier daran herauszuziehen. Zweifellos haben Asroths Ungeheuer mit dem Rest aufgeräumt.«
»War ein Ring
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