Der Ring
fluten unser Hirn, ohne dass wir uns dagegen wehren könnten.
Scarlet Redd betrachtete den Ausdruck aus Khalids Genspleißer. Was zum Teufel …?
Ihre Schwestern, die gerade ein Gen implantiert hatten, das eventuell zur Vergrößerung des Jacobson-Organs von Bibern beitragen könnte, blickten erstaunt auf. Ein solcher Fluch aus Scarlets Mund war eine Seltenheit.
Als Martha Scarlets Handgelenk berührte, sahen alle vier, was auf dem Ausdruck stand.
Er konstruiert ein Quintett!
Wie bitte?
Das hat er nicht drauf!
Wer hat ihm das erlaubt?
Der Ausdruck war eindeutig: Khalid arbeitete an einem Quintett. Dabei hatte sich schon Peake, dem vor einigen Jahren das erste Quartett gelungen war, an einem Quintett versucht. All seine Experimente waren nach spätestens sechs Wochen gescheitert, und seitdem hatte das Eugenikministerium des OG derartige Projekte kategorisch untersagt.
Die Labortür glitt auf – Khalid! Einer von ihm entdeckte das Papier in Scarlets Hand, lief rot an und riss es an sich. »Das geht dich nichts an.«
Redd und Khalid mussten sich das winzige Labor mit zwei Doktoranden teilen; zu viert passten sie überhaupt nicht rein, selbst zu zweit wurde es eng, und so vermischte sich der Gestank von Khalids Gedanken mit Redds Bewusstsein. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.
»Ist das denn offiziell genehmigt?«, fragte Martha.
Einer von Khalid zuckte die Schultern, während die anderen den Ausdruck studierten.
»Raus mit der Sprache, oder wir gehen zu Yeats.«
»Yeats weiß längst Bescheid.«
»Woher hast du den Code?«
»Du traust uns das nicht zu, was?«
»Nein. Nie im Leben.«
Khalid zerknüllte das Papier. »Tja, da irrst du dich. Du bist nicht die Einzige, die was auf dem Kasten hat.« Er wandte sich ab, warf den Ausdruck in den Mülleimer und ging zur Tür. »Deine Arroganz wird dich nochmal teuer zu stehen kommen, Redd!«
Idiot!
Arschloch!
Vivian holte den Ausdruck aus dem Müll, um ihn eingehender zu studieren: Es handelte sich um eine Zusammenfassung des Genoms auf höherer Ebene, der eigentliche Code war nur im Genspleißer abgespeichert. So wie es aussah, setzte Khalid Sequenzen von gewöhnlichen DNA-Spendern zusammen, um die Basis eines lebensfähigen Quintetts zu erschaffen. Danach würde er die DNA mit Hilfe von RNA-Strängen modifizieren, um das Ei schließlich in einen künstlichen Uterus einzupflanzen.
Währenddessen ging Rachel die Uterusbänke im Reinraum durch. Hinter den Wänden aus präatomarem Stahl herrschte immer ein positiver Druck. Im Gebärmutterraum musste jede wechselseitige Kontamination vermieden werden, hierher durften sich keine Gammastrahlen verirren. Bald hatte sie sich vergewissert, dass in den Uterusbänken nur Biber und Hunde schlummerten, keine Menschen. So weit war Khalid also noch nicht.
So weit darf er auch nicht kommen.
Was, wenn es doch offiziell genehmigt ist?
Das hätten wir mitbekommen!
Gehen wir zu Cahill.
Sie hatten Glück: Ihre Supervisorin Dr. Cahill, eine anerkannte Expertin für Humanklonen, saß ausnahmsweise hinter ihrem Schreibtisch.
»Dr. Redd! Wie läuft’s?«, fragte eine des Trios.
»Geht so. Wir hätten da eine Frage. Aber nicht zu unserer eigenen Arbeit, sondern zu einem Projekt, das einer unserer Kollegen in unserem Labor durchführt.«
»Wir hören. Worum geht’s? Um Laborsicherheit?«
»Wie man’s nimmt. Es geht um die Konstruktion eines Quintetts.«
Dr. Cahills Lippen wurden schmal. »Dieses Projekt ist uns bekannt.«
Dieses Projekt ist ihr bekannt?!
»Hat das Eugenikministerium das Verbot gelockert?«
»Nein, noch nicht.«
»Aber dann …«
»Wir gehen davon aus, dass die Stimmung im Ministerium bald umschlägt. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Solange das Ei nicht in den Uterus transferiert wurde, sind Khalids Überlegungen rein hypothetischer Natur.«
Scarlett strich den Ausdruck glatt und reichte ihn über den Tisch. »Die RNA-Sequenzen hat er schon. Er steht kurz vor dem Transfer.«
Cahill betrachtete das Papier. »Wer wird denn im Müll anderer Leute wühlen, Miss Redd? Das ist doch schlechter Stil.«
»Wir haben nicht im Müll gewühlt! Wenn er seine Sachen auf dem Sequenziersystem herumliegen lässt …«
»Sei’s drum, er …«
Sie will uns abwimmeln.
»Weiß Yeats davon?«
»Selbstverständlich ist der Dekan informiert.« Cahill zögerte. »Uns ist durchaus bewusst, dass Sie Khalid als Konkurrenten betrachten. Und wir verstehen ja, wenn Sie jetzt ein bisschen neidisch sind, aber
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