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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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gestern gewesen: Scarlet hinter der Glasscheibe, wie sie in Zeichensprache buchstabiert: E-s w-a-r …
    »Und wir hatten es fast vergessen«, erklärt Redd nach einer Weile. »Wir hatten fast vergessen, was sie uns angetan hat.« Eine Kaskade von Pheromonen ergießt sich ins Innere des Jets, dominiert von Angst und Wut.
    »Es tut uns leid. Wir wollten nicht, dass das alles wieder hochkommt«
    »Schon gut, Kind. Die Erinnerung war nie ganz verschwunden. «
    »Aber was wollte sie damit sagen: ›Es war …‹?«
    »Vielleicht ›Es war die richtige Entscheidung‹? Das haben wir jedenfalls angenommen. Dass sie ihr Opfer vor uns rechtfertigen wollte. Vor sich selbst.«
    »Und, war es gerechtfertigt?«
    Lachend steht Mother Redd auf, zieht Meda hoch und umarmt sie. Wir anderen kommen dazu, nehmen sie in den Arm, drücken uns an sie. Wir waren viel zu lange von ihr getrennt.
    »Kind, Kind, Kind«, seufzt sie nach einer Weile in Medas Haar. »Was machst du auch für Sachen! Wir haben dich überall gesucht. Dabei wussten wir eigentlich, dass du klarkommst.«
    »Natürlich sind wir klargekommen.«
    Und nicht nur das, sendet Manuel. Wir sind weitergekommen. Wir haben uns weiterentwickelt.
    »Was ist mit den anderen Quintetten?«, fragt Meda. »Haben die anderen auch diese … Fähigkeit?«
    Mother Redd schüttelt den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Nur du.«
    »Und was ist sonst noch anders an unserer DNA? Dr. Baker hat sich fast vor uns gefürchtet.«
    »Der war schon paranoid, als er noch in die Gesellschaft integriert war. Nach einem Dutzend Jahren in der Einsamkeit …«
    »Er hatte die Bären als Gesellschaft.«
    »Gut, die Bären. Trotzdem hat ihm das Exil wahrscheinlich nicht gerade gutgetan.«
    »Er war brillant«, sagen wir. »Und die Bären waren … richtig gute Freunde.«
    »Bären.« Wieder schüttelt Mother Redd den Kopf. »Biberpods haben einen IQ von neunzig. Höchstens.«
    »Die Bären haben sogar Geschichten erzählt. Sie waren eine echte Gemeinschaft.«
    Sag’s ihr, sendet Strom. Sag ihr, was wir aus dem Labor gerettet haben.
    »Wir haben Dr. Bakers Aufzeichnungen retten können. Das Bärengenom.«
    »Wie bitte?« Sie reißt die Augen auf. »Das heißt …«
    Auch ohne ihre Gedanken zu lesen, wissen wir, was sie denkt – schließlich waren wir gerade sie: Apollo-Redd. »Khalids DNA-Sequenzen waren dir nie ganz geheuer«, sagt Meda, »du hast dem Ring nie getraut. Was ist mit Bakers Erkenntnissen? Er hat sich jahrzehntelang mit der Pod-DNA beschäftigt. Kannst du ihm trauen?«
    »Wenn Baker Recht hatte …« Redd schluckt. »Wenn die gesamte Pod-DNA, angefangen bei den Trios und Duos, vom Ring gesteuert wurde … Dann sollte ich nicht mal mir selbst trauen. Dann wurde auch meine DNA manipuliert.«
    Meda lächelt für uns. »Und wer ist jetzt paranoid? Baker oder du?«
    »Egal. Auf jeden Fall würde ich mir seine Sachen gerne mal anschauen. Darfich?«
    »Ja. Aber das kostet was.«
    »Was?«
    »Eine warme Dusche und ein frisch bezogenes Bett.«
    »Abgemacht.«
    Seit Monaten haben wir nicht mehr in einem richtigen Bett geschlafen. Eigentlich kein Wunder, dass sich Mother Redd von uns ferngehalten hat. Wir stinken nach Bär.

APOLLO
     
    Zum ersten Mal, seit wir zu unserem Abschlusspraktikum auf Columbus Station aufgebrochen sind, kehren wir zurück zur Farm. Eigentlich ist es gar nicht so lange her, aber uns kommt es vor wie eine Ewigkeit. Obwohl es hier unten noch deutlich wärmer ist als in den Bergen, wird das Sojafalfa bereits geerntet. Mac, das Ochsalopentrio, windet sich bei unserem Anblick aus dem Geschirr des Mähdreschers, kommt herübergelaufen und leckt uns die Hände.
    »Hallo, Mac«, sagen wir.
    Er schnüffelt. Riecht nach Bär.
    Selbst die Gedanken des Ochsalopentrios liegen offen vor uns. Mac verabschiedet sich mit einem Schnauben und macht sich wieder an die Arbeit.
    »Nun kommt schon rein!« Mother Redd steht in der Tür. »Euer Zimmer ist noch genau wie früher!«
    »Du hättest es doch nicht etwa vermietet?«
    »Doch, wenn die Miete gestimmt hätte.«
    Für einen Moment wirbelt der Luftzug des Scryfejet, der in unserem Rücken dröhnend abhebt, unsere Gedanken und Gefühle durcheinander.
    Mother Redd hat nicht zu viel versprochen, unser Zimmer im ersten Stock ist tatsächlich noch genau wie früher. Als Erstes duschen wir, zunächst Moira und Meda, dann Quant und Manuel und ganz am Schluss Strom, der doppelt so lange braucht wie alle anderen.
    Ich bin ja auch größer, meint er. Mehr

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