Der Ring
kochen, aber jetzt müssen wir damit vorliebnehmen. Wären wir wirklich allein im Gebirge, sende ich, müssten wir uns unser Essen selbst jagen. Dazu schicke ich ein Bild von mir mit einem riesigen Elchkadaver auf den Schultern herum. Moira muss lachen, und ich hatte wirklich einen Witz machen wollen, aber als ich unsere Vorräte an Trockenfleisch und -obst durchgehe, kommen mir tatsächlich ernsthafte Bedenken. Wir werden hier noch ziemlich hungern müssen, überlege ich und fühle mich sofort schuldig, weil wir nur so wenig eingepackt haben. Schließlich bin ich für die Sicherheit des Pods zuständig.
»Noch ein Test«, sagt Quant. »Sie wollen uns schon wieder testen, nur diesmal im Gebirge. Als ob wir uns jemals in den Bergen rumtreiben müssten. Als ob sie daraus irgendwelche Rückschlüsse auf unsere wahren Fähigkeiten ziehen könnten.«
Wir wissen, was sie meint. Manchmal fühlen wir uns wirklich wie Versuchskaninchen. Eine Prüfung nach der anderen, so geht das schon seit Ewigkeiten. Dabei gibt es gar keine Niederlagen, nur Siege, wiederholte Siege, bis sie vollkommen bedeutungslos geworden sind. Wir dürfen überhaupt nicht scheitern. Das wäre eine Katastrophe.
Ich will den Gedanken noch zurückhalten, aber er ist mir schon entkommen.
»Wir werden nicht scheitern«, sagt Meda, und ich laufe wieder rot an.
Quant schüttelt den Kopf, bevor sie im Anblick des flackernden Lichts auf der Zeltwand versinkt.
»Wir könnten uns den Sonnenuntergang anschauen«, schlage ich vor.
Im Zelt haben wir unsere Kapuzen und Handschuhe gelockert, obwohl die Temperatur selbst hier nur knapp über dem Gefrierpunkt liegt. Als wir ins Freie treten, ist der Unterschied zwischen drinnen und draußen noch deutlicher zu spüren als zuvor, denn die Sonne ist mittlerweile hinter den Gipfeln im Westen versunken. Es ist ein farbloser Sonnenuntergang. Das Licht, noch immer klar und weiß, spiegelt sich an der Unterseite des Rings und lässt den schmalen Orbitaltorus heller glänzen als zur Mittagszeit. Wolkenfetzen gleiten rasch über den Himmel, und ich warne die anderen: Es könnte Schnee geben. Im Lauf unserer fünf Tage im Gebirge wird es sicher noch schneien, und vielleicht schon heute Abend.
Brandgeruch weht zu uns herüber; offenbar ist es Elliott O’Toole gelungen, Feuer zu machen. Der Wind trägt Grillduft an unsere Nasen.
»Verdammt!«, ruft Quant. »Bei dem gibt’s Steak!«
Brauchen wir nicht.
Will ich aber!
»Hier geht es ums Überleben, nicht um irgendwelchen Luxus«, schalte ich mich ein.
Quant starrt mich wütend an. Ich spüre ihren Ärger, und dass sie nicht die Einzige ist, die so empfindet. Angesichts dieses Teilkonsenses knicke ich sofort ein und entschuldige mich, obwohl ich eigentlich nicht weiß, wofür. Meda meinte einmal, ich sei konfliktscheu. Aber ist das nicht normal? Wir sind fünf, ich bin nur einer. Ich muss mich dem Kollektiv unterwerfen, genau wie wir alle. Nur so kommen wir zu guten Entscheidungen.
Gegessen haben wir, und bald wird es dunkel. Zeit, die letzten Arbeiten zu erledigen, die noch im Freien zu tun sind: eine Latrine graben und falls möglich ein Feuer machen. Die Feuerstelle übernehmen Manuel und ich. Wir ordnen Steine an, bereiten Zunder vor und schichten eine Pyramide aus Brennholz auf. Noch während wir damit beschäftigt sind, wird mir klar, dass es heute Abend zu windig ist. Eigentlich ist das Plateau ein optimaler Campingplatz, aber der Wind, der in den Zeltschnüren singt, peitscht nur so den Abhang hinunter.
Auf einmal bemerken wir Angstgeruch in der Luft, kindliche Angstpheromone. Instinktiv denke ich, eine von uns sei in Gefahr – bis wir genauer riechen und den fremden Duft erkennen. Es ist einer von unseren Klassenkameraden. Als der Wind für einen Moment nachlässt, hören wir dumpfe Schritte: Jemand rennt schwer atmend durch den Schnee.
Wie in jeder kritischen Situation sammelt sich der Pod um mich. Wir fassen uns an den Händen und vereinigen uns, aber unser Konsens ist nicht viel wert, da wir nur nach fremden Pheromonen und ein paar vereinzelten Geräuschen urteilen können.
Ich löse mich aus der Gruppe. Wer auch immer in Gefahr ist, ich muss helfen. Der Duft des Pods mahnt mich zur Vorsicht, doch ich ignoriere ihn. Ich habe keine Wahl, ich muss helfen. Manchmal zögern wir zu lange, manchmal suchen wir zu lange nach einer Entscheidung, und dann ist es zu spät. Ein Gedanke, den ich ganz sicher nicht mit den anderen teilen möchte, niemals.
Es ist eine
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