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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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über die Lücke zu Floras Sled treiben. Ich hatte vor, die schwache Zentripetalkraft zu nutzen; sie sollte Floras an der Leine befestigten Sled um uns herumdriften lassen, bis wir die Luftschleusen aneinanderzurren konnten.
    Nicht ganz so elegant, wie Manuel es gekonnt hätte, klammerte ich mich an Floras Hülle und verankerte die Leine. Dann stieß ich mich ab, landete wieder auf unserer Seite und half Strom mit seiner Sicherheitsleine.
    Es war so weit. »Sag Flora, dass es ein bisschen ungemütlich werden könnte«, funkte ich zu Meda herüber. »Manuel, bereit zum Lösen der Klaue an Floras Sled … jetzt!«
    Die ganze Außenwand vibrierte, als der Klauenmotor anlief. Meter für Meter entfernte sich Flora, bis die Leine vollständig gespannt war und der Sled mit einem leichten Ruck zum Stillstand kam. Strom zog das Schleppseil aus der Klauenwinsch, sprang über die Lücke und verschwand auf der anderen Seite, so dass ich seine Bewegungen nur noch anhand des zitternden Seils erahnen konnte.
    Kurz darauf hörte ich seine Stimme. »Manuel, hol das Schleppseil ein. Aber langsam.«
    Floras Sled begann sich langsam zu drehen, so dass Strom wieder sichtbar wurde, der sich außen an die Hülle klammerte. Als die beiden Luftschleusen mehr oder weniger übereinanderlagen, brachten wir mehrere kurze Seile an, um ihre Position zu stabilisieren. Strom kauerte sich in Floras Schleuse, ich mich in unsere.
    Schnell befestigte ich eine weitere Leine an unserer Schleusentür und reichte sie ihm. Unverzüglich fädelte er sie durch einen Ring auf seiner Seite und warf das andere Ende zurück. Jetzt mussten wir nur noch ziehen.
    »Passt auf eure Finger auf«, warnte Meda.
    Langsam schwebten die Sleds aufeinander zu. Bei 0,1 g war ihr Gewicht durchaus mit Muskelkraft zu bewältigen, aber schwer waren sie trotzdem. Und eine Kollision hätte katastrophale Folgen gehabt.
    Doch wir erlebten keine Kollision, sondern einen sanften Kuss. Ich überprüfte die Ausrichtung der Luftschleusen. »Alles in Ordnung. Verbindung herstellen.«
    Die Rahmen der Schleusen zitterten, als sich die Bolzen ineinanderschoben. Das Verbindungsstück füllte sich mit Luft, die innere Tür unseres Sleds öffnete sich, Strom und ich konnten endlich zurück. Als Moira meinen Helm löste, atmete ich erleichtert durch. Gedanken und Emotionen überfluteten mich, es war ein gutes Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Aber ich wusste, dass mir die langen Minuten des Manövers noch eine Weile in den Knochen sitzen würden. Allein war ich einfach nicht dieselbe.
    Als wir hörten, wie Floras Luftschleuse aufglitt, krabbelte Meda hinüber, um Floras Interface die Hand zu schütteln. Unterdessen hatte Manuel schon die zweite Klaue am Kabel befestigt, die erste gelöst und das Schienenmobil in Position gebracht. Gleich konnte es losgehen.
    Fremde Gedanken und Emotionen strömten in unseren Sled, denn jetzt teilte Flora unsere Luft. Wir hatten genügend Sauerstoff für zwölf Stunden – mehr als genug für die Rückkehr zur Station.
    Gleich darauf setzte Manuel das Schienenmobil auf das Kabel, ließ es einrasten und lockerte die Klaue, die uns noch hielt. Und los.
    Als der Motor des Schienenmobils anlief, setzten sich die miteinander verbundenen Sleds langsam und bedächtig in Bewegung. Ein paar Minuten später hatten wir unsere Maximalgeschwindigkeit erreicht. Die Richtung war klar: auf direktem Weg zu Columbus Station. Wir konnten sowieso nirgendwo anders hin.
    Als wir über der Station angekommen waren, reichte unser Reaktionsgas gerade noch für einen letzten Schub zur Landebucht. Noch während wir die Anzüge anlegten, um die Sleds voneinander zu lösen, öffnete sich das Tor: Ein Schwarm Trios paddelte ins Freie und erledigte die Arbeit für uns. Auch gut.
    In der Luftschleuse drehte sich Floras Interface ein letztes Mal um. »Danke nochmal!«
    Ich saß noch immer mit zitternden Fingern vor dem Steuerknüppel. Natürlich fühlten wir uns müde und leer, aber vor allem schwappte eine überschwängliche Freude durch den Pod. Wir hatten Flora gerettet, wir ganz allein. Hier im Weltraum waren wir zu Hause, und das hatten wir ein für alle Mal bewiesen.
    Die Wartungscrew schob Floras Sled in die große Luftschleuse, um ihn bei ausgeglichenem Druck zu reparieren. Währenddessen gab ich etwas Schub und steuerte unser reguläres Dock an.
    »Schub einstellen, Tango-Fünf-Fünf«, meldete sich die stationsinterne Verkehrssicherung. Ich drosselte unsere Geschwindigkeit, und wir

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