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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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warteten, ohne einen klaren Gedanken zu teilen.
    Ein paar Minuten später kehrte die Wartungscrew zurück und manövrierte uns zu einem anderen Dock. Als wir uns durch die Luftschleuse drückten, wurden wir von Aldo abgefangen. »Du bist vom Dienst suspendiert, Apollo. Aufenthalt nur in Kabine und Cafeteria.«
    Mir drehte sich der Magen um. Wie bitte? Sollten wir jetzt nur noch drinnen sitzen und lernen?
    »Aber …«, fing Meda an. »Befehl von Commander Hilton.« Wir erinnerten uns an die mürrische Hilton – seit wir kurz nach unserer Ankunft bei ihr vorsprechen mussten, hatten wir sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen, aber damals hatte sie sich ebenso wenig gefreut, uns zu sehen, wie die übrigen Space Dogs.
    Was soll das?, fragte ich. Warum sind wir suspendiert?
    Vielleicht ist das Standardvorschrift nach so einem Vorfall.
    Kaum einer schenkte Moiras Erklärungsversuch Glauben, doch Meda vertagte die Diskussion auf später. Erst mal duschen.
    Müde hangelte sich der Pod zu unserem Zimmer, ich folgte als Letzte. Natürlich freute ich mich darauf, den Geruch des Erbrochenen von meinem Körper zu waschen, natürlich war auch ich mit den Nerven fertig, nicht nur physisch erschöpft, sondern auch geistig. Aber diese Zurückweisung, diese Abschiebung in unsere Kabine, schmerzte am meisten.
     
    Zwei Tage lang mussten wir warten, zwei Tage, in denen wir uns nur zu den Mahlzeiten vor die Tür wagten. Wir versuchten sogar, in die Cafeteria zu gehen, wenn niemand sonst dort war, was sich auf der kleinen Station jedoch als Ding der Unmöglichkeit erwies. Die Space Dogs ignorierten uns einfach, genau wie in den ersten drei Wochen, und von Aldo oder Flora sahen wir niemanden. Nur McCorkle schien überhaupt nichts mitbekommen zu haben; als wir ihn einmal allein in der Cafeteria sitzen sahen, winkte er uns sofort zu sich. Wir grüßten nur kurz und verdrückten uns wieder.
    Er ist ein Ausgestoßener, sandte Moira. Genau wie wir.
    Aber warum? Niemand konnte meine Frage beantworten.
    In unserer Kabine lenkten wir uns ab, indem wir lernten oder E-Mails an unsere Klassenkameraden schrieben. Manchmal spähten wir mit dem stationseigenen Nahobjekt-Teleskop auf die Consensus , aber zwischen all den Gerüsten und Kränen auf dem Mond war ihre schnittige Form kaum auszumachen. In fünf Jahren würde sie startklar sein für die Reise durch das Rift, dann noch zwei Jahre bis zum Neptun und wer weiß wie viele für die Erforschung der anderen Seite. Unser ganzes Leben hatten wir auf diesen Moment hingearbeitet.
    Endlich kam der Befehl, uns bei der Kommandantin zu melden. Wir hangelten uns in Hiltons Büro hinauf.
    Ihr Assistent bat uns mit einem Nicken in die bescheidene Kammer, die kein bisschen größer war als die gewöhnlichen Mannschaftsquartiere. Die Luft roch nach Gedanken – schweren, entschlossenen Gedanken – und langen Stunden vorm Computer.
    Hilton kam zehn Minuten zu spät. Zu dritt marschierte sie durch unseren intimen Raum, mitten durch unseren Pod hindurch, und baute sich hinter dem Schreibtisch auf, drei identische, brünette Frauen, drei kleine, drahtige Gestalten mit scharf geschnittenem Gesicht und dunklen Augen. Sie begrüßte uns nicht, sie lächelte uns nicht einmal zu. Eine loggte sich sofort in den Computer ein und fing an zu arbeiten, eine andere hakte sich mit den Füßen in einer Schlaufe an der Wand fest und schnappte sich ein paar Berichte. Die dritte nahm eine Akte vom Tisch und schlug sie auf.
    »Reaktionsmasse für sechs Monate Stationsunterhalt verbraucht. Zwei überholungsbedürftige Sleds. Sechs Wochen Arbeit für die Neuausrichtung des Gegengewichtsfühlers verursacht. Unerlaubter Abbruch des Funkverkehrs. Ein Trio auf der Krankenstation. Zwanzig Klicks restaurierungsbedürftige Kabel. Sechsundzwanzig Verstauchungen und Brüche durch den Ruck. Ergebnisse von dreihundert Stunden Experimenten vernichtet. Fünfzig zerstörte Proben. Und was weiß ich wie viele Tage, die wir auf Strukturchecks verschwenden müssen.«
    Meda öffnete den Mund.
    »Ich bin noch nicht fertig. Dein ›Rettungsversuch‹ hat meinen kompletten Zeitplan durcheinandergeworfen. Wir haben Wochen verloren. Wochen, die ich nie mehr aufholen kann! Du bist überhaupt nicht befugt, Rettungsaktionen im All durchzuführen, bist noch Schüler, machst hier ein Praktikum. Mir ist völlig egal, wer dich entworfen hat. Genauso egal ist mir, welche Beziehungen deine Mentoren haben spielen lassen, um dich hier unterzubringen. Wegen dir ist

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