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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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in den Sled krabbelten, hörten wir ein mächtiges Würgegeräusch – mitten in der Landebucht und umgeben von einem Nebel aus Erbrochenem rotierte einer von McCorkle, offenbar unfähig, aus seiner Kreisbewegung auszubrechen. Der andere klammerte sich schwer atmend an den Boden.
    Mit einem Zischen schloss sich die Tür, und Aldo drehte sich um. »Hatte ich gar nicht erwähnt, dass Flora Stationsmeisterin im schwerelosen Ju-Jutsu ist?«
     
    Die Sonne blinzelte hinter dem Rand der Erdkugel hervor, als wir uns still und leise von der Station entfernten. Aldo hatte mir das Steuer überlassen und sich in den überfüllten hinteren Teil des Sleds zurückgezogen. Erst nach hundert Kilometern entdeckte uns die Verkehrssicherung. Meda schaltete den Funk aus.
    Der Sled flog sich wie ein Teil meines Körpers. Als ich ihn in Rotationsrichtung auf den nächstgelegenen Stachel des Rings zusteuerte, fühlte ich mich wieder lebendig, zum ersten Mal seit einer Woche. Der Schlepper nach Sabah Station würde nur einen einzigen Passagier an Bord begrüßen dürfen: McCorkle. Wir suchten uns unseren eigenen Weg.
    Dreißig Minuten später hatten wir den Stachel erreicht. Auf Höhe der geosynchronen Umlaufbahn weitete er sich zu einer Art Birne aus. Das gigantische, glatte, fremdartig anmutende Gebilde war etwa halb so groß wie Columbus Station. 28 000 Kilometer unter uns schloss sich der Ring um die Erde, direkt über uns erhoben sich massive Gegengewichte sowie das hintere Ende des Weltraumlifts, der vor langer Zeit Fracht ins All befördert hatte.
    Zehn Meter vor der Luftschleuse des Stachels drosselte ich die Geschwindigkeit. Zögerlich legten wir die Helme an, einer nach dem anderen, bis wir vollkommen isoliert waren. Aldo überprüfte die Nahtstellen und gab jedem von uns ein Zeichen: Daumen nach oben.
    »Viel Glück, Apollo«, funkte er noch herüber.
    Nacheinander durchliefen wir die Luftschleuse, kletterten ins Freie und klammerten uns an die Außenwand des Sleds. Vor meinen Augen rotierte das tiefschwarze All mit seinen strahlenden Sternenkonstellationen, und ich begriff, dass ich loslassen könnte, jetzt, in diesem Moment. Einfach loslassen, und ich müsste nie mehr zurück auf die Erde. Mit dem Helm auf dem Kopf, abgeschnitten von den anderen, wäre mir der Abschied leichtgefallen.
    Doch schon hatte es der Letzte – Strom – geschafft, und wir sprangen Hand in Hand zur Luftschleuse des Stachels hinüber.
    »Was, wenn Leto doch auf dem Ring ist?«, ertönte Medas angespannte Stimme aus dem Helmlautsprecher.
    »Ist er nicht«, antwortete Moira. »Und selbst wenn, der Ring ist riesig. Er wird kaum hinter der Tür auf uns warten.«
    Strom nickte. »Er ist nicht auf dem Ring. Und wenn doch, werden wir mit ihm fertig. Fünf gegen einen.«
    Als wir uns bis auf einen Meter genähert hatten, öffnete sich die Luftschleuse automatisch. Die Kammer war groß genug für uns alle. Kaum waren wir drinnen, aktivierte sich die Verriegelung, Luft strömte ein. Doch die innere Tür blieb verschlossen.
    Meda nahm den Helm ab und legte eine Hand auf die Tür. In der eisigen Luft ließ ihr Atem unsere Visoren beschlagen.
    »Da«, sagte ich und tippte auf eine kleine Vertiefung in der Wand, die sich sofort öffnete und ein Kabel freigab, ein Kabel mit dem Stecker zu Medas Buchse.
    »Also los.« Meda nahm den Stecker und drückte ihn in ihr Genick.
    Die Kammer hallte von einer glatten, geschlechtslosen Stimme wider. »Willkommen auf dem Ring, Apollo Papadopulos. Womit kann ich dienen?« Gleichzeitig glitt die innere Tür auf. Dahinter lag ein leerer, weißer Korridor.
    Gemeinsam betraten wir den Ring – und ließen damit die Träume hinter uns, die wir unser ganzes Leben lang geträumt hatten. Wir mussten uns neue Träume suchen.

MANUEL
     
    Kaum hatten wir den Ring betreten, zog Meda das Kabel aus dem Nacken und warf es in Richtung Wand, wo es automatisch in die Vertiefung glitschte. Geräuschlos glitt die innere Tür der Luftschleuse zu, während Quant aus der Luke links daneben blickte. Durch ihre Augen sahen wir, wie Aldos Sled in Richtung Columbus Station beschleunigte.
    Der Ring ist leer, sandte Meda und sprach damit aus, was wir längst wussten. Während ihrer Verbindung mit dem Ring hatten wir die Leere gespürt – nirgendwo auf der riesigen Raumstation existierte menschliches Leben.
    Wir könnten einfach hierbleiben, fing Quant an, ehe sie von Medas heftigen Vetopheromonen zum Verstummen gebracht wurde.
    Nein. Meda zitterte. Wir

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