Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
falsche Richtung, genau auf das, was auf dem Tisch lag. Es waren ihre Brüste und ein Klumpen Eingeweide.
    Mir wurde schwarz vor Augen, aber irgendwie schaffte ich es, auf den Beinen zu bleiben. Ich stolperte zum Fenster,
da die Tür ja verschlossen war, und schob es hoch. Ich fiel mehr nach draußen, als dass ich kletterte. Die Kälte und der Regen ließen mich wieder etwas zu Sinnen kommen. Als ich aufstand, fiel mir wieder ein, warum ich überhaupt in das Zimmer eingebrochen war. Aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, noch einmal zurückzugehen und mir Hemd und Rock zu holen. Ich sah beides auf dem Stuhl, als ich das Fenster zuschob, und fixierte den Blick fest darauf, damit ich Mary nicht noch einmal sah.
    Dann rannte ich durch den Hinterhof. Unter dem Torbogen hörte der Regen auf. Ich blieb stehen und lehnte mich gerade so weit vor, dass ich einen Blick auf die Straße werfen konnte, in der Angst, der Ripper könnte sich noch dort aufhalten. Ich sah weder ihn noch sonst jemanden.
    Ohne Hemd und blutverschmiert würde ich zu dieser Stunde in Whitechapel sofort Verdacht erregen. Deshalb spielte es auch keine Rolle, ob ich normal daher ging oder etwa lief, als sei mir der Teufel persönlich auf den Fersen.
    Wenn ich rannte, würde ich wenigstens schneller einen sicheren Ort erreichen.
    Ich trat aus dem Torbogen. Regen peitschte auf mich herab. Ich fuhr mir schnell über Bauch und Brust, in der Hoffnung, das Blut abwaschen zu können.
    Da ich jegliche Orientierung verloren hatte, spielte es keine Rolle, für welche Richtung ich mich entschied.
    Also wandte ich mich nach rechts und lief los. Ich rannte über das regennasse Pflaster, so schnell ich nur konnte. Mein Kopf fing an zu schmerzen, aber ich lief weiter. An der nächsten Ecke sah ich in beide Richtungen. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich links ein paar

    Leute entdeckte. Einer von ihnen war ein Konstabler. Jedoch stieß niemand einen Schrei aus, also hatte man mich vermutlich nicht gesehen.
    Als ich die Sicherheit der nächsten Straßenecke erreichte, fragte ich mich, ob ich nicht doch lieber zurückgehen und dem Bobby alles erzählen sollte. Aber dazu fehlte mir der Mumm. Wenn ich Pech hatte, würde er glauben, ich hätte Mary auf dem Gewissen.
    Außerdem war ich derjenige, der in der Gasse Ned oder Bob niedergestochen hatte. Durchaus möglich, dass trotz des Regens noch sein Blut an meiner Klinge klebte. Ich hätte das Messer wegwerfen können. Aber das kam überhaupt nicht infrage. Mal davon abgesehen, dass es ein Geschenk gewesen war, das ich in Ehren hielt, war es doch meine einzige Waffe, und vielleicht würde ich sie noch brauchen.
    Und so kam ich zu dem Schluss, dass es wohl das Beste war, sowohl den Konstablern als auch allen anderen Leuten aus dem Weg zu gehen.
    Ich eilte also um die nächste Ecke und blieb ruckartig stehen. Mein Magen zog sich zusammen.
    Nicht, dass ich ihn erkannt hätte. Zusammengekrümmt unter dem Bett liegend hatte ich nur seine Beine, seine Hände, als er sich ein paarmal gebückt hatte, seine Hosen und seine Schuhe gesehen. Daran war nichts Auffälliges gewesen.
    Der Bursche, der an der Straßenlaterne vorbeiging, trug Hut und Mantel. Unter dem Mantelsaum waren Hosenbeine zu erkennen. Es hätte die Hose sein können, die ich in Marys Zimmer gesehen hatte. Sie sah genauso aus, andererseits taten das alle dunklen Hosen. Von meinem Standort aus konnte ich nicht genug von den Schuhen
ausmachen, um entscheiden zu können, ob sie denen des Rippers ähnelten.
    Aber die Ledertasche in seiner Hand glich einer Arzttasche.
    Das genügte mir.
    Ich wusste einfach aus innerster Überzeugung, dass es Jack the Ripper war. Bei meiner überstürzten Flucht hatte ich zufällig dieselbe Richtung wie er eingeschlagen und ihn eingeholt.
    Wegen des unablässig fallenden Regens hatte er mich nicht um die Ecke kommen hören. Falls doch, drehte er sich zumindest nicht um. Er ging weiter und ließ den Lichtkegel der Straßenlaterne hinter sich.
    Ich blieb reglos stehen und sah ihm nach.
    Vermutlich würde es Stunden in Anspruch nehmen, all die Gedanken zu beschreiben, die mir in diesem Augenblick durch den Kopf schossen. Letztlich lief es darauf hinaus: So sehr ich auch das Bedürfnis verspürte, mich von dem Ripper abzuwenden, nach Hause zu gehen und mir die Bettdecke über den Kopf zu ziehen, konnte ich mich dennoch nicht dem Gedanken entziehen, dass es meine Pflicht war, ihn zu verfolgen.
    Und genau das tat ich auch, obwohl es mir

Weitere Kostenlose Bücher