Der Ripper - Roman
eine Höllenangst einflößte.
Ich war fünfzehn Jahre alt, bis auf die Knochen durchnässt, mir war kalt, ich hatte Angst, und als ich Jack the Ripper durch die dunklen Morgenstunden folgte, war ich fest davon überzeugt, dass ich das erste Licht des neuen Tages nicht mehr erleben würde.
Aber ich verfolgte ihn trotzdem.
6
Dem Teufel auf den Fersen
Ich wollte den Ripper bis in sein Schlupfloch verfolgen und dann die Polizei alarmieren. Auf gar keinen Fall wollte ich ihn selbst stellen. Er hatte viel größere Erfahrung im Umgang mit Messern als ich, außerdem war er einen Kopf größer und hätte mich mühelos überwältigen können. Davon abgesehen hatte ich eine Todesangst. Es würde reichen, wenn ich auf seiner Spur blieb.
Er führte mich kreuz und quer durch verlassene Straßen. Ich hielt Abstand und drückte mich eng an die Hauswände, so dass ich sofort in Eingängen oder Gassen untertauchen konnte, sollte es ihm in den Sinn kommen, über die Schulter zu sehen.
Der Ripper benahm sich, als hätte er keine Sorge auf der Welt. Er sah sich nicht einmal um. Ein paarmal konnte ich einen Blick auf sein Profil werfen, als er um Ecken bog, aber das nutzte mir nicht viel. Es war einfach zu dunkel, und die Hutkrempe schützte sein Gesicht vor dem Licht der Straßenlaternen. Ich konnte nur erkennen, dass er eine Hakennase und ein fliehendes Kinn hatte.
Es wäre sicher von Vorteil gewesen, ihn aus der Nähe zu sehen. Aber das wagte ich nicht. Was hatte ich davon, wenn ich erfuhr, wie er aussah, bei dem Versuch aber getötet wurde?
Nein, es kam darauf an, am Leben zu bleiben und ihn nicht aus den Augen zu verlieren.
Nach einer Weile schien das ziemlich einfach zu sein. Er war nicht vorsichtig oder gar verstohlen. Er schlenderte einher wie ein Gentleman, der einen Spaziergang unternahm.
Bald dachte ich darüber nach, was für ein Held ich sein würde, wenn ich Jack the Ripper bis zu seinem Schlupfwinkel verfolgt hatte. Ich würde der berühmteste Junge von ganz London sein, ach was, von ganz England. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde mich Ihre Majestät, die Königin, höchstpersönlich ehren. Und Mutter würde so stolz sein …
Als der Ripper um die Ecke verschwand, legte ich einen Schritt zu. Ich entdeckte ihn sofort wieder. Er schlenderte auf eine Laterne zu, an deren Pfahl eine Frau lehnte.
Sie sprach ihn an. Ich konnte die Worte nicht verstehen.
Er näherte sich ihr.
Bis auf die beiden war die Straße menschenleer.
Plötzlich war mir ganz schlecht, und es hatte den Anschein, als würde mein Herz explodieren, so heftig pochte es.
Das wagt er nicht!, dachte ich.
Ich stand wie erstarrt da, während die Frau seinen Arm ergriff, sich an ihn schmiegte und mit ihm zusammen weiterging.
In einer der Nächte zuvor hatte er ebenfalls zwei Frauen umgebracht, also hätte mich das hier nicht überraschen dürfen. Doch ich war der felsenfesten Überzeugung gewesen, er würde mich direkt zu seiner Wohnung führen, und ich würde als Held enden.
Doch das würde nicht geschehen.
Mary hatte ihm nicht gereicht. Er wollte auch noch dieses Mädchen abschlachten.
Und falls ich das zuließ, wäre ich schuld an ihrem Tod.
Ich riss das Messer aus der Tasche, klappte es auf und stürmte hinter den beiden her.
Mein Vater war in der Schlacht gestorben. Ich würde es ihm gleichtun und rechnete damit, ihm bald wieder zu begegnen.
Natürlich wollte ich noch nicht sterben. Aber ich konnte nicht zulassen, dass dieses Mädchen umgebracht wurde.
Als sich die Entfernung verringerte, wurde ich langsamer. Einen Augenblick später war ich nur noch ein paar Schritte hinter ihnen. Das Mädchen hatte den Kopf an seine Schulter gelehnt, ihren Arm um seine Taille geschlungen. Er hatte ebenfalls einen Arm um sie gelegt. In der anderen Hand trug er die Ledertasche, die bei jedem Schritt mitschwang.
Sie hatten mich noch nicht gehört. Ich hielt den Atem an. Dass mir die Diebe meine Schuhe gestohlen hatten, erwies sich jetzt als hilfreich.
Es ging mir gegen den Strich, jemandem von hinten ein Messer in den Rücken zu jagen.
Ich tat es trotzdem.
Ich sprang den Ripper an und trieb die Klinge durch den Mantel.
Er schrie auf. Ich zog das Messer für den nächsten Stoß zurück, aber bevor ich wieder zustechen konnte, wirbelte er herum. Seine Tasche traf meine Wange und ließ mich taumeln. Während ich auf den Hosenboden fiel, fing die Frau an zu schreien. Dann ergriff sie die Flucht.
Der Ripper verfolgte sie nicht.
Ich hatte sie
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