Der Ripper - Roman
Whittle ließ die seinen blutig. Trudy bereitete das Essen zu. Für uns alle reichte der Platz am Tisch nicht aus, also aß ich im Stehen. Es fiel mir nicht leicht, etwas herunterzubekommen, denn der arme Patrick tat mir schrecklich leid. Und Whittle mit seinem blutgetränkten Pullover bot keinen appetitanregenden Anblick, vor allen Dingen, wenn er sich mit seinen blutverschmierten Händen das Essen in den Mund stopfte.
Dennoch zwang ich mich dazu, den Teller zu leeren. Michael und Trudy folgten meinem Beispiel, obwohl beide etwas grün um die Nase waren. Keiner sagte ein Wort.
Als wir fertig waren, hieß es saubermachen. Trudy hatte die leichteste Aufgabe. Sie musste abwaschen. Michael und ich durften die Schweinerei im Salon wegmachen.
Whittle befahl uns, die Leiche in die Vordeckskabine zu schaffen.
»Auf hoher See werfen wir sie über Bord«, erklärte er.
Wir schafften Patrick in die Kabine und legten ihn zwischen den beiden Kojen ab. Es war unsere Kabine, meine und Trudys. Die Vorstellung, die Nacht eingeschlossen mit Patricks sterblichen Überresten zu verbringen, behagte mir gar nicht.
Dazu sollte es nicht kommen. Wie, war allerdings alles andere als erleichternd.
Michael und ich teilten uns die hässliche Arbeit, den Boden des Salons aufzuwischen. Whittle kippte mehrmals den Eimer an Deck aus.
Als wir fertig waren, teilte er Michael mit, dass wir erst bei Sonnenaufgang segeln würden. So konnte sich Michael eine Nacht ausschlafen und Kräfte für die Reise sammeln. Ich sollte an Deck helfen.
Nun, es wurde Zeit, sich für die Nacht zurückzuziehen.
Zeit für Trudy und mich, zusammen mit Patrick in der winzigen Kabine eingeschlossen zu werden.
Doch Whittle befahl Michael und mir, im Salon zu schlafen. Dann brachte er Trudy in die Kabine, schloss die Tür hinter sich und legte den Riegel vor.
Nun waren sie alle drei in dem winzigen Raum eingeschlossen.
Wir starrten die Tür eine Zeit lang an. Schließlich setzte sich Michael auf eine der Kojen, beugte sich vor und rieb sich das Gesicht.
»Wir sollten sehen, dass wir etwas Schlaf abbekommen«, sagte ich.
»Er ist wahnsinnig«, murmelte Michael. »Er ist total verrückt. Und Trudy … oh, die arme Trudy.«
»Ich bin sicher, er wird sie nicht umbringen.«
»Manche Dinge sind schlimmer als der Tod.«
»Das mag schon sein, aber wenn wir Geduld haben und die Augen für die richtige Gelegenheit offenhalten, können wir Whittle umbringen und sie retten.«
Er warf mir einen verdrossenen Blick zu. »Es ist deine Schuld, dass wir in dieser Klemme stecken.«
»Das tut mir auch schrecklich leid«, erwiderte ich. »Aber jetzt stecken wir drin, also müssen wir weitermachen.«
Er kroch unter die Decke. Ich drehte die Lampen herunter und belegte die andere Koje. Ich hatte mich gerade bequem ausgestreckt, als ein atemloser, schriller Schrei ertönte. »Nein!«, schrie Trudy. Daraufhin stieß Whittle ein so gemeines Lachen aus, wie ich es noch nie im Leben gehört hatte.
Das war erst der Anfang.
Lange Zeit kamen alle Arten schrecklicher Laute aus der Dunkelheit hinter der Tür. Dumpfe Schläge. Ein Schleifen. Wimmern. Trudy flehte, Whittle kicherte. Michael gab keinen Mucks von sich. Er blieb liegen, aber ich glaube, er hat genauso wenig geschlafen wie ich.
Ich lag dort und gab mir alle Mühe, mir nicht vorzustellen, was Whittle da drin mit Trudy anstellte. Jedoch konnte ich dabei keinen Augenblick den Gedanken aus dem Kopf bekommen, dass es, was auch immer es war, Patrick mit einbezog.
Schließlich hielt ich mir die Ohren zu. Das half. Irgendwann schlief ich ein.
12
Mann über Bord
Michael weckte mich bei Sonnenaufgang. Ich sah zuerst die verschlossene Tür, dann ihn an. Die Qual stand ihm ins Gesicht geschrieben.
»Ich bin sicher, er hat sie nicht umgebracht«, sagte ich. »Das würde er nicht tun. Nur mit ihr hat er ein Druckmittel gegen uns in der Hand.«
»Ich will nicht darüber sprechen«, sagte er.
Wir gingen an Deck. Der Morgen war wolkenverhangen, eine steife Brise blies. Möwen kreischten, und man konnte hören, wie sich auf den umliegenden Schiffen Leute unterhielten, während sie sich bereitmachten, den Anker zu lichten. Alles erschien sehr friedlich, aber auch irgendwie unwirklich. Auf unserer Jacht herrschten Wahnsinn und Tod, doch niemand außer uns wusste davon.
Michael sprach nur mit mir, wenn er Befehle zu geben hatte. Zusammen lichteten wir den Anker und setzten die Segel. Er übernahm das Ruder, und wir schossen fast aus dem
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