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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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so sehr, dass ihr bereits zwei Streichhölzer erloschen waren. Während sie damit beschäftigt war, sah ich, dass die Tür zur Vordeckskabine offenstand.
    Ich wandte mich schnell ab, aber nicht schnell genug. Ein flüchtiger Blick reichte schon. Nicht nur Patricks Kopf fehlte. Er hatte auch keine Arme und Beine mehr. Es fehlten noch andere Körperteile, aber darüber will ich schweigen. Was von ihm übrig war, hatte man ausgeweidet.
    Der Anblick bescherte mir Übelkeit. Ich ließ mich auf die Koje fallen, die ich in der vergangenen Nacht benutzt hatte und dachte an all die Geräusche, die mich wach gehalten hatten - Trudys Schreie und ihr Gewimmer. So leid mir Patrick auch tat, war das nichts im Vergleich zu dem Mitleid, das ich für sie verspürte. Er war tot gewesen und hatte nichts mehr gespürt. Aber die arme Trudy
hatte zusehen müssen, und ich traute mich gar nicht darüber nachzudenken, was Whittle ihr angetan oder wozu er sie gezwungen hatte.
    Sie brachte den Ofen in Gang, holte ein paar Handtücher aus einem Unterschrank und reichte mir eins. Ich zog meine nassen Hosen und Socken aus. Wir rieben uns trocken. Dann schlüpften wir unter die Decken, und es fühlte sich großartig an, in einem warmen Bett zu liegen!
    Ich dachte daran, sie zu fragen, was letzte Nacht geschehen war. Aber dann hielt ich den Mund, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass es ihr guttun würde. Außerdem hätte sie vermutlich sowieso nicht darüber gesprochen.
    Also schwiegen wir.
    Schließlich kamen Whittle und Michael nach unten.
    »O mein Gott!«, stieß Michael hervor, als er sah, was hinter der Tür lag. »Was haben Sie ihm angetan?«
    »Nun, ich habe ihn natürlich aufgeschlitzt.«
    »Wo ist der Rest von ihm?«
    »Futter für die Fische.«
    Er musste die fehlenden Körperteile aus dem Bullauge geworfen haben. Falls er etwas davon gegessen hatte, wie bei Mary, behielt er es für sich.
    »Mein Gott«, wiederholte Michael.
    »So habt ihr weniger Arbeit mit ihm«, sagte Whittle.
    »Ich sehe nicht ein, dass ich mich um ihn kümmern soll«, jammerte Michael.
    »Hätten Sie lieber, dass ich Trudy bitte, die Reste wegzuräumen?«
    So wie sich Michael um eine Antwort drückte, hatte ich den Eindruck, dass ihm das tatsächlich lieber gewesen wäre.

    »Und der arme Trevor ist ganz erschöpft davon, dass er Ihre Frau aus den Tiefen des Ozeans gerettet hat.«
    »Ich gehöre ans Ruder«, sagte Michael.
    »Sie gehören dahin, wo ich es sage. Ich bin davon überzeugt, dass sich das Schiff brav benehmen wird, bis Sie fertig sind.«
    »Bitte. Es ist nicht …«
    Whittle kam näher und versetzte Michael einen Tritt in den Hintern. Das ließ ihn nach vorn taumeln. Ich schoss ruckartig in die Höhe, um besser sehen zu können. An der Türschwelle verlor Michael das Gleichgewicht und landete aufschreiend direkt vor Patricks Leiche. Er kreischte wie am Spieß, dann fing er an zu schluchzen.
    Ich legte mich wieder hin und wandte den Kopf ab, denn ich wollte davon nichts mehr mitbekommen. Trudy hatte sich schon die Decke über den Kopf gezogen, als die beiden eingetreten waren.
    Kurz darauf sagte Whittle: »Sehen Sie? Ist doch ganz leicht - er wiegt kaum mehr als ein Hund.«
    Michael schritt weinend an mir vorbei. Als er zurück kam, trug er Eimer und Schrubber. Es war bereits dunkel, als er endlich alles sauber hatte.
    Er sagte kein Wort zu mir oder Trudy. Aber er seufzte und schniefte ununterbrochen.
    Trudy und ich durften in unseren Kojen liegenbleiben, bis Michael fertig war. Dann besorgte uns Whittle frische Kleidung. Wir standen auf und zogen uns an. Trudy machte Abendessen. Wir aßen, dann schickte Whittle mich und Michael an Deck, um uns wieder aus dem Weg zu haben.
    Michael erwähnte die Geschehnisse des Tages mit keinem Wort. Er gab mir Befehle und Anweisungen, aber das war es auch schon.

    Sobald wir wieder segelten, übergab er mir das Ruder. Er sagte, wir würden das Schiff abwechselnd steuern, jeder drei Stunden. Bei einem eventuellen Problem sollte ich ihn sofort holen. Dann ging er unter Deck.
    Ich war froh, dass ich ihn los war. Ich behielt Kompass und Segel im Auge und steuerte den richtigen Kurs - mehr oder weniger -, bis er auftauchte, um mich abzulösen.
    Whittle und Trudy waren nicht zu sehen. Die Tür zu ihrer Kabine war verschlossen. Ich machte es mir auf meiner Koje bequem. In dieser Nacht gab es keine Geräusche hinter der Tür.

13
    Starker Seegang, schwache Hoffnung
    Wir hielten Kurs auf den Hafen von New York, von dem

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