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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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müssen, bis wir für dich eine Garderobe erstanden haben.«
    Sie hielt mir den Morgenmantel hin. Ich musste den Pullover loslassen. Bevor der Saum jedoch zu hoch rutschen konnte, hielt ich mir den Morgenmantel vor. Sarah bückte sich und stellte die Pantoffeln ab. Ich war mächtig froh, dass sich der Morgenmantel zwischen mir und ihrem Gesicht befand.
    »Zieh sie an.«
    Ich stieg in die Pantoffeln. Sie fühlten sich wesentlich besser an als der kalte Boden.
    »Wo ist denn Ihr … dein Vater?«, fragte ich.
    Als ich die Trauer in ihren Augen sah, wünschte ich, ich hätte ihr die Frage nicht gestellt.
    »Er ist vor etwa zehn Jahren gefallen.«
    »Das tut mir leid.«
    »Wir haben viel gemeinsam, du und ich. Wir haben beide unsere Väter im Krieg verloren. Meinen haben die Ute am Milk Creek getötet.«

    »Die Ute? Sind das Indianer?«
    Sie nickte und richtete sich wieder auf.
    Nun, anscheinend wohnte sie allein mit ihren Großeltern hier, also fragte ich lieber nicht nach ihrer Mutter.
    »Zieh den Morgenmantel an und komm mit«, sagte sie. »Ich habe unten für dich ein heißes Bad vorbereitet.«
    Ein heißes Bad!
    »Großartig!«
    Glücklicherweise drehte sie sich um und ging zur Tür. Ich schlüpfte schnell aus dem Pullover und zog den Morgenmantel über, dann folgte ich ihr. Wir gingen die Treppe hinunter, und sie führte mich in den rückwärtigen Teil des Hauses, wo ich bis jetzt noch nicht gewesen war. Vom General oder von Mable war nichts zu sehen.
    Die Küche war hübsch und wurde von einem Feuer im Ofen behaglich gewärmt. Eine weitere Tür führte in eine Kammer, in der eine Wanne bereitstand, aus der Dampfwolken aufstiegen.
    »Ich werde ein paar von Papas Sachen für dich heraussuchen«, sagte Sarah. »Sie werden dir natürlich zu groß sein, aber sie werden reichen müssen, bis wir im Laden waren.«
    »Danke«, sagte ich.
    Ich wartete, bis sie draußen war. Dann zog ich mich aus und stieg in die Wanne.
    Das Wasser verbrühte mich fast. Es war einfach großartig! Ich hatte seit dem Tag vor meinem Aufbruch nach Whitechapel kein vernünftiges Bad mehr genommen.
    Ich lag einfach da und genoss es eine Zeit lang. Dann seifte ich mich ein und tauchte unter, um den Schaum aus dem Haar zu bekommen. Als ich luftschnappend wieder
auftauchte, kam Sarah mit einem Kleiderbündel unter dem Arm herein. Gott sei Dank war das Wasser mittlerweile so trübe, dass es meinen Unterleib verbarg.
    Sarah stellte ein Paar Schuhe auf den Boden, dann setzte sie sich auf einen Stuhl, packte sich die restlichen Sachen auf den Schoß und fing an, sich mit mir zu unterhalten.
    Sie war das einzige Kind ihrer Eltern gewesen und hatte den größten Teil ihrer Jugend in Internaten verbracht. Ihre Mutter war an Lungenentzündung gestorben, als sie sechs Jahre alt gewesen war. Ihr Vater, seines Zeichens Kavallerieoffizier, war ständig von einem Außenposten im Westen zum nächsten versetzt worden, bis er Neunundsiebzig von den Ute in Colorado getötet wurde. Später hatte sie dann in Syracuse gewohnt und an einer Mädchenschule unterrichtet, bis ihr Großvater, der General, vor zwei Jahren in den Ruhestand gegangen war. Dann war sie hierhergezogen, um bei ihm und Mable zu leben.
    Sie kochte, hielt das Haus sauber und erledigte die Einkäufe. So sehr sie die beiden alten Herrschaften auch ins Herz geschlossen hatte, gab sie jedoch unumwunden zu, dass sie sich nach der Gesellschaft von Menschen ihres Alters sehnte. Darum war sie auch so froh, dass ich in der vergangenen Nacht aufgetaucht war.
    Das konnte ich alles gut verstehen, allerdings fand ich es doch etwas übertrieben, dass Sarah die Gesellschaft ihres neuen Freundes genoss, während er nackt in der Badewanne saß.
    Sie plauderte munter weiter, bis mein Wasser den größten Teil seiner Wärme verloren hatte und ich zu zittern anfing. Sie bemerkte es. Vielleicht, weil meine Lippen blau angelaufen waren.

    Sie holte mir ein Handtuch. »Du ziehst dich an, und ich mache inzwischen Frühstück.«
    Sarah ging in die Küche. Ich konnte sie durch die offenstehende Tür sehen, aber sie beachtete mich nicht weiter, und so stieg ich aus dem Wasser, trocknete mich ab und schlüpfte in die Kleider. Der Größe nach zu urteilen war ihr toter Papa größer und schmaler als Trudys Vater gewesen.
    Es schien auf ewig mein Schicksal zu sein, die Klamotten toter Väter zu tragen.
    Nachdem ich Ärmel und Hosenbeine hochgekrempelt hatte, ging ich zu Sarah in die Küche. In der Pfanne brutzelten Schinken und

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