Der Ripper - Roman
fallen und legte die Hände auf meine Beine. »Das könnte jeder getan haben.«
»Nein. Es war Whittle. Ich weiß es.«
»Aber vielleicht irrst du dich.«
»Er hält sich genau an seinen Plan - nach Westen zu reisen und Frauen aufzuschlitzen. Er hatte sogar schon geplant, seine blutigen Taten als das Werk von Indianern auszugeben. Er hoffte, sich einer Bande von Rothäuten anschließen zu können. Und ihr ein paar seiner Kniffe vorzuführen.«
Sarah streichelte mir sanft über die Beine, während sie zu mir aufblickte. »Du bist nicht für ihn verantwortlich. Nichts davon ist deine Schuld.«
»Ich hätte ihn verfolgen müssen.«
»Du hast doch getan, was du konntest. Du bist hierhergekommen, um uns vor ihm zu retten. Es wäre Wahnsinn gewesen, sich in dieser Nacht hinaus in den Schnee zu wagen, und als wir herausgefunden hatten, dass er Saber gestohlen hat, war es zu spät.«
»Ich hätte dann aufbrechen müssen.«
»Nein.«
»Hätte ich mir ein Pferd ausgeliehen und ihn verfolgt …«
»Er hatte einen Vorsprung von mehreren Stunden.«
»Trotzdem.«
»Aber es ist doch nicht deine Pflicht, ihn aufzuhalten.«
»Ich weiß nicht, ob es meine Pflicht ist«, sagte ich ihr. »Aber ich hatte die Gelegenheit, ihn zu töten, und habe
versagt. Es ist meine Schuld, dass er seinen Fuß an Bord der True D. Light gesetzt hat. Es ist meine Schuld, dass er ihre Eigentümer ermordet hat. Es ist sogar meine Schuld, dass er überhaupt nach Amerika gekommen ist. Wäre ich nicht gewesen, wären Trudy, ihre Familie und die Clemons’ noch am Leben. Und es besteht kein Zweifel, dass Whittle auch noch andere umgebracht hat. Viele. Vielleicht eine ganze Reihe Mädchen zwischen hier und Arizona, von denen in der World nichts zu lesen war. In diesem Fall kann ich mir jedenfalls nichts vormachen. Niemand außer Whittle kann für das Massaker in Tombstone verantwortlich sein. Nein, ich fürchte, ich muss ihn verfolgen.«
Sarah schwieg lange. Sie sah mich ernst an. Schließlich sagte sie: »Kein Wunder, dass Grandpa dich so ins Herz geschlossen hat. Du bist ihm sehr ähnlich. Pflicht. Ehre. Die Ungerechtigkeiten der Welt in Ordnung bringen oder bei dem Versuch sterben.«
»Nicht ich werde sterben. Sondern Whittle.«
»Dann bist du also fest entschlossen.«
»Ich möchte dich nicht verlassen, Sarah.«
»Das wirst du auch nicht. Glaubst du, ich lasse dich allein losziehen?«
»Aber … Das ist nicht dein Ernst.«
Sie drückte fest mein Bein. Ihre Augen funkelten aufgeregt. »Wir werden zusammen reisen. Es wird ein paar Tage dauern, bis wir alles vorbereitet haben. Wir müssen jemanden finden, der das Haus hütet …«
»Aber du bist eine Frau«, sagte ich.
»Das stimmt. Aber ich bin eine Forrest, die letzte einer langen Reihe von Soldaten und Abenteurern.«
»Ich will dich nicht in Gefahr bringen!«
»Und ich will dich nicht verlieren. Besser der Gefahr ins Auge sehen als allein hierbleiben.«
»Aber …«
»Keine Widerrede. Wir reisen gemeinsam!«
Und so geschah es auch.
DRITTER TEIL
Auf dem Weg nach Tombstone
25
Gen Westen
Wir wollten mit der Eisenbahn fahren, da sich eine derartige Entfernung so am schnellsten zurücklegen ließ.
Sarah traf alle Vorbereitungen. Über ihren Anwalt fand sie jemanden, der während unserer Abwesenheit das Haus hütete. Ich schrieb Mutter einen Brief, in dem ich sie von unserer Reise nach Westen unterrichtete.
Dann galt es zu packen. Wir wollten beweglich bleiben, also verzichteten wir auf sperrige Schrankkoffer. Ich verstaute meine Habseligkeiten in einer Reisetasche. Sarah brauchte da schon mehr. Wir kamen überein, außer unseren Kleidern und den Toilettenartikeln alles zurückzulassen. Die Pistolen nahmen wir allerdings mit. Sarah steckte die kleine einschüssige Pistole mitsamt Munition in ihre Handtasche. Ich warf den Armeerevolver des Generals einschließlich Holster und Patronen in meine Reisetasche.
Wir brachen am 1. Mai auf, einem sonnigen und warmen Tag. Am Bahnhof verabschiedeten wir uns von Sarahs Anwalt. Der Zug war noch nicht eingefahren, und so warteten wir zusammen mit anderen Leuten auf dem Bahnsteig. Ich war so aufgeregt, dass ich kaum stillsitzen konnte.
Dann ertönte das Schrillen einer Dampfpfeife. Ich wagte mich näher an die Gleise und sah unseren Zug. Er dampfte mit qualmendem Schornstein heran, monströs
und wundervoll zugleich. Als er näher heranschnaubte, spürte ich die Planken unter meinen Stiefeln erbeben. Der Zugführer winkte mir aus seinem hohen
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