Der Ripper - Roman
Winchester in Schach. Dabei behielt er zusammen mit Emmet auch die Passagierwaggons im Auge, bereit, auf jeden zu schießen, der sich einmischen wollte.
Zwischen ihnen und mir befanden sich vier Passagierwaggons, deren Fenster zum größten Teil offenstanden. Niemand war so dumm, den Kopf nach draußen zu strecken, aber ich hörte eine Menge Lärm. Es gab wütende und ängstliche Stimmen, ein paar Passagiere weinten und benahmen sich, als würden sie gleich massakriert.
Ich war gerade am dritten Waggon vorbeigegangen, als jemand den Arm aus einem Fenster streckte. Die dazugehörige Hand hielt einen Revolver.
Snooker und Emmet schauten gerade in die andere Richtung; sie wollten sehen, was im Postwaggon vor sich ging.
Ich muss sie warnen, schoss es mir durch den Kopf.
Doch dann kam ich zu dem Schluss, dass das nicht viel helfen würde.
Ich stieß trotzdem einen Warnschrei aus, beließ es jedoch nicht dabei. Emmet und Snooker rissen die Köpfe herum. Da hatte ich schon den Sechsschüsser des Schaffners gezogen und schoss auf die Hand des Passagiers.
Das war das erste Mal, dass ich eine Schusswaffe abfeuerte. Als der Revolver losging, riss ihn mir der Rückstoß fast aus der Hand. Natürlich verfehlte ich mein Ziel. Die Kugel sprengte ein Loch in den oberen Teil des Fensters. Aber es war, als hätte ich den Arm getroffen, denn sein Besitzer ließ die Waffe fallen und zog ihn zurück, ohne auch nur einen Schuss abgefeuert zu haben.
Emmet warf mir mit schräg gelegtem Kopf einen seltsamen Blick zu. Snooker blinzelte mir zu.
Ich lief los und hob den Revolver des Passagiers auf. Es handelte sich um einen Colt Peacemaker vom Kaliber.45, dasselbe Modell wie das des Schaffners. Ich steckte ihn ins Holster und schob mir die Waffe des Schaffners in den Gürtel.
Dann eilte ich weiter und gesellte mich zu Emmet und Snooker.
»Mann!«, sagte Snooker. »Du bist mir vielleicht einer!«
»Yeah«, sagte Emmet. »Danke.« Er war nicht ganz so überschäumend vor Freude wie sein Kumpane.
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
Im Verlauf weniger Minuten war auf mich geschossen worden, hatte ich den Schaffner bewusstlos geschlagen, ihn beraubt und auf einen Passagier geschossen. All das wühlte mich ganz schön auf. Genau wie die Erkenntnis, dass ich mich auf die Seite der Gesetzlosen geschlagen hatte. Dennoch war ich mächtig zufrieden mit mir.
»Ich bin hocherfreut, dass ich von Nutzen sein konnte«, sagte ich. »Der Schaffner hat mir freundlicherweise seine Waffe überlassen.«
Snooker lachte unter seinem Mundtuch. »Scheint so, als hätte er dir noch eine Menge mehr abgetreten.«
»Er war tatsächlich äußerst großzügig.« Ich trat an den beiden Gefangenen vorbei und wies mit dem Kopf auf den Postwaggon. »Darf ich?«
»Sieh mal nach, was da so lange dauert«, sagte Snooker.
Also kletterte ich in den Waggon. Gerade rechtzeitig, um Breakenridge dabei zuzusehen, wie er dem Geldschrank einen Tritt versetzte. Er wirkte größer, als ich ihn in Erinnerung hatte, doch obwohl er so massig wie ein Bär war, brachte sein Tritt den Geldschrank nicht einmal zum Zittern.
»Dazu brauchst du mehr als deinen Stiefel«, sagte McSween.
»Höllenscheiße!«
Chase hielt einen völlig verängstigt aussehenden Burschen in Schach, der sich mit einer blutigen Hand den Mund hielt. »Hätte dich angezogen fast nicht wiedererkannt.«
»Ich war gezwungen, den Schaffner zu überwältigen.«
»Gut gemacht, Willy!«, sagte McSween.
»Wir haben hier ein Problem«, erklärte Chase. »Der Postbeamte will den Schrank für uns nicht aufmachen.«
»Ich kann es nicht«, nuschelte der Bursche hinter seinen blutigen Fingern.
»Behauptet er jedenfalls. Angeblich ist das ein Sicherheitsschloss, das in Denver zugesperrt wurde und bis El Paso nicht mehr geöffnet werden kann.«
»Ich glaube nicht, dass er lügt«, sagte McSween.
»Hey!«, rief Breakenridge aus der Dunkelheit am anderen Ende des Wagens. »Hier ist unser Schlüssel!« Er kam mit einer Axt zurück. »Zurück, Freunde!«
Wir machten Platz. Er schwang die Axt hoch über die Schulter und schlug zu. Sie prallte laut scheppernd gegen den Geldschrank und glitt ab. Die Tür blieb verschlossen. Der Schlag hatte auf dem Stahlschrank kaum mehr als einen Kratzer hinterlassen. Breakenridge versuchte es erneut, mit demselben Resultat.
»Zu schade, dass er nicht aus Holz ist«, meinte McSween.
Breakenridge schenkte ihm keine Beachtung. Vermutlich hätte er den ganzen Tag
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