Der Ripper - Roman
weitergemacht, aber dann brach der Axtgriff. Die Schneide schoss in die Luft und sauste direkt an Chase’ Gesicht vorbei.
»Um Gottes willen!«, stieß Chase hervor.
»Da kommen wir nicht ran«, sagte McSween.
Breakenridge versetzte dem Schrank noch einen Tritt, dann warf er den Axtgriff weg.
»Wir könnten den Geldschrank mitnehmen«, schlug ich vor. »Mit genug Zeit müsste es uns gelingen …«
»Das haben wir schon einmal versucht«, sagte Chase.
»Sehen wir lieber nach, was die Passagiere dabeihaben«, sagte McSween. »Besser, als mit leeren Händen abziehen zu müssen.«
Chase stieß dem Postbeamten den Revolver vor die Brust. »Du bleibst hier. Streck den Kopf raus, und wir erwidern den Gruß, indem wir dir ein Loch reinschießen.«
Wir kletterten aus dem Waggon. Chase erklärte Emmet und Snooker die Situation.
»Hätten wir Dynamit dabei, wäre das alles ganz einfach«, quengelte Snooker.
»Wir haben aber kein Dynamit«, meinte Chase. »Sehen wir, was bei den Passagieren zu holen ist, und machen uns davon.«
»Ich will mit«, sagte Emmet.
»Du bleibst bei den Pferden«, befahl Chase.
»Lass ihn hierbleiben«, sagte Emmet und wies mit dem Kopf auf mich. »Ich muss mich immer um die Pferde kümmern. Das ist nicht fair.«
»Wir sind nicht hier, um Leute zu erschießen«, sagte Chase.
»Ich werde keine Menschenseele erschießen.«
»Solange keine Menschenseele zufällig hinter dir hustet«, sagte McSween.
Das brachte ihm einen wütenden Blick ein.
»Wollt ihr mir das ewig vorhalten? Das ist einfach ungerecht. Ich darf mich nur noch um die Pferde kümmern und warten, während alle anderen ihren Spaß haben.«
»Gib dem Jungen noch eine Chance«, sagte Breakenridge.
»Einer hat bereits versucht, uns aus dem Fenster zu erschießen«, fügte Snooker hinzu. »Willy hat auf ihn geschossen, und …«
»Verfehlt«, sagte Emmet.
»Immerhin hat er ihn erschreckt. Aber was ich damit sagen wollte: Könnte ja sein, dass wir auf einen oder zwei
sture Passagiere stoßen. Wenn die’ne Schießerei anfangen, könnte es nicht schaden, wenn wir Emmet dabeihaben.«
Chase überlegte einen Augenblick. Dann nickte er. »Du müsstest auch die Gefangenen bewachen«, sagte er dann zu mir gewandt. »Glaubst du, du schaffst das?«
»Ich habe den Schaffner überwältigt, und er hatte den Vorteil, bewaffnet zu sein.« Ich tätschelte den Griff des Revolvers, den ich ihm abgenommen hatte.
»Vielleicht wirst du gezwungen, einen zu erschießen«, sagte McSween. »Reicht dein Mumm dazu?«
»Entweder sie bleiben still da liegen, oder sie müssen den Konsequenzen ins Auge sehen.«
»Das reicht mir«, sagte Chase. »Also gut, Emmet. Aber halt dich zurück. Keiner wird durchlöchert, ohne dass er vorher das Schießeisen zieht und es herausfordert.«
»Versprochen.« Emmet stieg aus dem Sattel und reichte mir die gesammelten Zügel; er sah mächtig glücklich aus.
Dann eilten sie los. Sie sprachen sich ab, dann teilten sie sich auf die ersten beiden Passagierwaggons auf. Als sie ihre Positionen eingenommen hatten, zogen sie die Revolver. Chase und Emmet betraten den ersten Waggon, der eine von vorn, der andere von hinten. McSween und Snooker betraten den nächsten von vorn, während Breakenridge von hinten eintrat.
Sie waren noch nicht richtig eingestiegen, als Schüsse krachten. Einige der Passagiere schrien, andere kreischten. »Freunde, das ist ein Überfall! Beruhigt euch«, hörte ich Chase rufen. »Wir wollen niemanden verletzen. Wir wollen nichts als euer Geld und eure Uhren. Gebt alles
brav meinem Freund, der jetzt an euch vorbeigeht. Wir werden schnell fertig sein, dann könnt ihr weiterfahren.«
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie schnell weiterfahren würden - nicht mit der abmontierten Schiene. Von meinem Standort aus konnte ich jedoch sehen, dass die Lokomotive kurz vor dem zerstörten Gleis angehalten hatte und nicht aus den Schienen gesprungen war.
»Du steuerst auf die schiefe Bahn, mein Sohn«, sagte der Lokführer.
Ich sah auf ihn hinab, wo er neben seinem Heizer auf dem Boden lag. Beide hatten sie sich umgedreht und starrten mich an. Keiner von ihnen machte Anstalten aufzustehen, doch ich wechselte die Zügel in die linke Hand und zog den Colt.
»Du willst doch nicht in diese schlimme Sache verwickelt werden«, sagte der Lokführer.
»Wäre ich nicht darin verwickelt worden, Sir, dann wäre Ihr Zug jetzt ein Haufen Schrott auf dem Grund des Flusses. Es war meine Idee, Sie vorher
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