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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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älteste Freundin anzurufen.
    Cowgirl …, dachte er. Ich brauche dich jetzt.

im riss
    12.00 Uhr nachts – lange Midnight
27
    Stille …
    Midnight trat ein, löschte den Gedankenlärm von Jenks aus, verwandelte die Welt in blau und still und … rot.
    Hier im Zentrum des Risses begann alles purpurfarben zu leuchten – Rot mischte sich mit Blau, Zeit stand still, und doch … nicht. Der Regen prasselte noch ein paar Sekunden weiter, dann hörte er auf. Der Riss hatte sich nicht genug ausgedehnt, um die schweren Wolken über ihren Köpfen aufzusaugen. Melissa fragte sich, ob es wieder zu regnen anfangen würde, wenn er dort angekommen war.
    Wetter in der geheimen Stunde. Dabei hatte ich gerade gedacht, ich hätte alles gesehen.
    „Wo ist sie?“, fragte Jessica.
    Melissa schloss ihre Augen, versuchte, den kupferfarbenen, panischen Geschmack des Flammenbringers auszublenden.
    Sie schickte ihren Geist über den Riss, spürte, wie er wuchs, sich in den entgegengesetzten Richtungen zur Innenstadt und in die Berge ausdehnte. Noch bewegte er sich langsam, sie konnte aber schon spüren, wie er schneller wurde.
    Keine kleinen Schwestern da drin, nein.

    „Tut mir leid, Jess, ich kann sie nicht spüren.“
    „Warum nicht?“
    „Deine Schwester ist nicht im Riss. Jedenfalls noch nicht.
    Sie ist wahrscheinlich noch starr, deshalb schmecke ich ihre Gedanken nicht.“
    „Cassies Haus ist aber doch gleich hier!“ Jessica deutete auf den Wohnwagen neben den Schienen. Die rötliche Grenze hatte ihn bereits geschluckt.
    „Stimmt. Ich kann auch ihre Oma dadrin schmecken, die schläft“, sagte Melissa. „Sonst ist aber niemand zu Hause.“
    Jessica zog ein wütendes Gesicht, ihr Geist schmeckte nach feurigen Chilis und verbranntem Toast.
    „Die kleine Kröte hat sich rausgeschlichen!“, schrie sie.
    Melissa zog erleichtert eine Augenbraue hoch, gut, dass sie selbst keine große Schwester hatte. Madeleine hatte mit ihrem Eingreifen dafür gesorgt, dass ihre geliebten Midnighter in Bixby keine Geschwister bekamen – und das war der Grund.
    „Beruhige dich, Jess“, sagte Jonathan. „Sie kann nicht weit weg sein. Wenn der Riss erst mal bei ihr ankommt, dann kümmern wir uns drum.“
    Jessica sah Melissa an. „Und du bist sicher, dass du ihren Geist erkennst?“
    „Ich weiß, wie Cassie schmeckt. Sie werden zusammen sein, oder?“
    „Und wenn nicht?“
    Melissa seufzte. „Ich kann mir vorstellen, wie deine Schwester schmeckt, okay? Ich war in der Midnight bei dir zu Hause.“
    Jessica starrte sie an, allmählich nahm ihre Wut neue Formen an, als ihr bewusst wurde, was Melissa damit zugab. „Du Miststück!“, sagte sie, wandte sich ab und stolzierte davon.

    „Ich hab den Zwerg nicht angerührt“, sagte Melissa zu Flyboy. „Nur die Eltern.“
    Er antwortete mit einem Schulterzucken, dann ging er, um den Flammenbringer zu beruhigen.
    Melissa seufzte noch einmal, ihr langes, vom Regen durchnässtes Kleid schien sie zu Boden zu ziehen. Sie und Rex hätten vor langer Zeit zugeben müssen, was sie mit Jessicas Eltern getan hatten. Sie hatten immer befürchtet, dass es irgendwann rauskommen würde, und zwar dann, wenn alle Ruhe bewahren mussten.
    Sie hatten die Feuerwerkskörper bereits aufgebaut, Raketen in den Schotter gesteckt, Fackeln und Feuerräder in verschiedene Kartons aufgeteilt, und alles mit einer Plane aus Jonathans Kofferraum abgedeckt. Melissa beschloss, sich nützlich zu machen, solange die anderen beiden stressten. Sie schüttelte das Regenwasser von der Plane, dann entfernte sie sie von den Feuerwerkskörpern.
    Das Arsenal sah eindrucksvoll aus: Kerzen und Windlichter, damit Jessica nicht alle Zündschnüre selbst anzünden musste, Goldregen und Raketen, um den Hauptansturm der Darklinge zu bombardieren, wenn sie eintrafen, und Autobahnfackeln, die stundenlang brennen würden, damit die Einwohner von Jenks eine Chance hatten, sich selbst zu verteidigen, nachdem sich die drei in die Innenstadt zurückgezogen hatten.
    Wie lange noch?
    Melissa schloss wieder die Augen und streifte durch den sich ausweitenden Riss. Jetzt hielten sich mehr Menschen in seinem Inneren auf, verblüfft über die plötzliche Stille auf ihren Bildschirmen und das seltsam schimmernde Licht, das sich über allem ausgebreitet hatte.
    Es passierte wirklich: Die blaue Zeit schluckte jeden.

    Dann spürte sie einen Stich aus weiter Ferne, ein bekannter Geist, der das verwirrte Geplapper normaler Menschen und das Gemurmel von erwachenden

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