Der Riss
Schlummer geholt hatte. Er wehrte sich gegen sie, schwenkte seine Taschenlampe, die mit ihrem Stahlmantel dem jüngsten Darkling einen schmerzhaften Heuler entlockte. Da sie aber nicht brannte und keinen Namen mit dreizehn Buchstaben besaß, hatten ihm die Darklinge mit ihren Klauen bald das Gesicht aufgeschlitzt, dann seine Brust, und schließlich fanden sie seine Kehle.
Und dann fraßen die Darklinge, löschten ihren Durst an den noch warmen Säften des Mannes, ergötzten sich an seinen letzten Japsern, stritten sich um die Reste …
Melissa spürte, wie ihr die Galle hochkam, und von der Ekstase der Darklinge schwirrte ihr der Kopf. Sie schlug sich mit den Fäusten an den Kopf, versuchte, die Bilder hinauszuprügeln, und stolperte halb blind über die Schienen, schwindelig, und hätte beinahe gekotzt, weil ihr Geist in dem Strudel aus Hunger und Tod gefangen saß.
Dann fuhr ein Schmerz durch ihre ausgestreckte Hand, ein scharfes, brennendes Gefühl, und sie hörte Glas splittern.
Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, und versuchte, ihre Gedanken wieder in ihren eigenen Körper zu zwingen.
Überall war Feuer, blendete die geheime Stunde mit weißem Licht. Sie hatte das Windlicht umgeworfen. Es war zersprungen, und auf die Feuerwerkskörper war Öl geflossen.
Zwischen den blendenden Flammen sah Melissa, wie Zündschnüre Feuer fingen.
Das war zu früh, die Darklinge waren noch nicht hier. Sie musste das Feuer löschen, bevor Raketen, Leuchtkugeln und Goldregen explodierten und sie all ihre Munition vergeudeten.
Melissa warf sich in den Schotter, rollte sich über das brennende Öl, versuchte, die Flammen zu ersticken. Ihr langes, schwarzes Kleid war noch immer tropfnass von ihrem Gang durch den Regen zu Jonathans Auto. Durchtränkt genug, um ihren Körper zu schützen. Aber ihre Hände verbrannten, und sie atmete den bittren Geruch ihres versengten Haars ein, dessen verschmorte Strähnen sie aus den Augenwinkeln sah. Eine Rakete schoss neben ihr hoch, bis sie der obere Rand des Risses zum Schweigen brachte.
Melissa rollte vor und zurück, ihr weites Kleid hatte sie so weit ausgebreitet, wie sie konnte. Sie roch die versengte Baumwolle, unter sich spürte sie das erstickte Zischen einer Rakete, die mit einem kurzen Stoß in ihre Rippen explodierte.
Als sie wenig später die Augen öffnete, brannten sie wegen des Rauchs, sie sah aber, dass sie das Feuer weitgehend gelöscht hatte. Letzte Ölreste flackerten auf dem nassen Schotter und gingen dann aus.
Melissa seufzte erleichtert. Ihre Hände und ihr Gesicht hatten Brandblasen, ihr Haar fühlte sich katastrophal an, und sie roch wie ein nasser Hund, den man angezündet hatte. Aber den größten Teil des Vorrats hatte sie gerettet. Jenks würde nicht wegen ihres Fehlers sterben.
Eine Sekunde später runzelte sie die Stirn, als ihr das nächste Problem bewusst wurde.
Das Windlicht war zerstört, ihr einziges Feuer gelöscht, und Jessica suchte ihre kleine Schwester. Bis der Flammenbringer zurückkehrte, war Melissa schutzlos.
Sie schickte ihren Geist aus und fand den kupferhaltigen Geschmack in der Mitternachtslandschaft – das vertraute, metallische Aroma des Flammenbringers. Jessica war noch in Bewegung, stürzte zwischen den regenschweren Bäumen hindurch auf die Höhle zu. Sie war noch nicht bei ihrer kleinen Schwester angekommen.
Im Osten hatte Jonathan Rex jetzt fast erreicht, Satz für Satz erklomm er das hohe Gebäude.
Und tief aus der Wüste kamen Darklinge, sehr alte.
In Massen.
„Macht schon, Jessica und Jonathan“, sagte Melissa, als sie sich auf die Füße erhob. „Seht verdammt noch mal zu, dass ihr beikommt!“
flyboy, flieg
12.00 Uhr nachts – lange Midnight
28
„Wo sind sie?“, rief Rex.
„Wer?“
„Jessica! Melissa!“
Jonathan breitete die Arme aus. „Sie sind noch in Jenks.“
Rex gab einen animalischen Heuler von sich, seine Hände krallten sich klauenartig zusammen. Dess, die in ihrer Installation aus Feuerwerkskörpern kniete, sah auf. „Er wollte, dass du Jessica herbringst“, sagte sie.
„Hab ich schon gerafft.“
Jonathan war tropfnass. Wenn man mit hundert Sachen durch schwebenden Regen stürzte, war das wie in Klamotten schwimmen. Wenn es in der geheimen Stunde nicht so warm wäre, hätte er sich inzwischen vermutlich wegen Unterkühlung den Tod geholt.
Und das ist der Dank.
„Warum hast du sie nicht mitgebracht?“, brüllte Rex.
„Hör mal, Melissa wusste nicht genau, was du wolltest, also hat
Weitere Kostenlose Bücher