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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Darklinghälfte nervös, die ans Töten dachte. Er wusste, sollte er die Kontrolle verlieren, würde der kurze, brutale Kampf zwischen ihnen gleichberechtigter ausfallen, als Angie erwartete, mit oder ohne Messer. Das würde aber niemanden weiterbringen. Sie mussten kommunizieren und durften sich nicht gegenseitig umbringen.
    „Und was werdet ihr mit meinen Erinnerungen machen?“, fragte Angie leise.
    Rex riss seine Augen von ihrer Kehle los. Würde sie ihm glauben, dass er so wenig wie möglich in ihrem Gedächtnis verändern wollte? Nur herausfinden, was sie über die geplante Abreise der Grayfoots aus der Stadt wusste, und vielleicht eine heftige Phobie gegen Kidnapping von anderen Leuten für die Zukunft installieren. Natürlich nur, solange Melissa mittendrin nicht die Geduld verlieren und ihr Versprechen vergessen würde …
    Falls das geschah, wollte Rex nicht in Angies Haut stecken.
    Vielleicht gab es noch einen anderen Weg, damit umzugehen – einen ohne Gedankenlesen.
    Rex versuchte, das Messer in seinem Gesicht zu ignorieren.
    „Glaubst du wirklich an all dieses Zeug? Dass die alten Midnighter total böse waren?“
    „Ich glaube nicht daran, Rex, ich weiß es. Ich bin eine richtige Historikerin, kein Amateur. Bevor ich etwas über die geheime Stunde herausfand, hatte ich für ein Buch über Oklahomas Eigenstaatlichkeit recherchiert. Ich habe alles dokumentiert, was mir der alte Mann über seine Kindheit erzählt hat. Ich habe die Gerichtsunterlagen in Tulsa gefunden, über seine Eltern, die sie geholt haben.“
    Rex zog die Augenbrauen hoch. Er hatte alte Zeitungen aus Bixbys Vergangenheit gesammelt, aber keine Gerichtsunterlagen und nichts, was von so weit her kam wie Tulsa.

    „Wovon redest du da?“, fragte er.
    „Der Fall war 1949 eine große Sache. Die Eltern vom alten Grayfoot stritten um ein Ölfeld, das einige alte Stadtväter –
    Seher wie du, Säulen der Gesellschaft – im Indianergebiet abgesteckt hatten. Normalerweise wäre der Prozess hingebogen worden, damit die Midnighter gewinnen würden, ohne Probleme. Der Fall landete aber vor einem Gericht in Tulsa, bei einem Richter, den sie nicht kontrollieren konnten.“
    Rex runzelte die Stirn. „Und was ist dann passiert?“
    „Eines Tages gaben alle Parteien der Native Americans klein bei. Sie gaben den Fall auf, dann verkauften sie ihre Häuser, um die Gerichtskosten der Stadtväter zu bezahlen. Sie verloren alles, was sie besaßen.“
    Er schluckte. „Das klingt nach … Schiebung.“
    „Nicht wahr? Und weißt du, was das Schlimmste ist, Rex?“, sagte sie. „Nach diesem Tag zeigten Grayfoots Eltern nie wieder einen Funken Rückgrat, es sei denn, um den Stadtvätern in allem, was sie sagten, zuzustimmen. Genau wie viele andere Leute in Bixby. Also kam der alte Kerl auf die Idee, dass es in Bixby nicht mit rechten Dingen zuging.“
    Rex blinzelte. Er hatte sein ganzes Leben damit zugebracht, diese Geschichte zu erforschen. Wo kam plötzlich diese vollkommen andere Seite her?
    Eigenartig war, dass sich Rex, wenn er sich um gewöhnliche Daylightergeschichte kümmerte, niemals nur auf das Wort eines Historikers verließ. Man musste verschiedene Quellen überprüfen, das wusste jeder. Aber bis heute Abend, als Angie in seinen Wagen eingestiegen war, hatte er keine zweite Meinung gekannt, die er der Lehre gegenüberstellen konnte.
    Aber nach allem, was sie getan hatte, wie konnte er da wissen, ob sie die Wahrheit sagte?

    „Also gut“, sagte er. „Ich will, dass du dieses Messer ein paar Zentimeter weiter wegtust.“
    „Warum sollte ich?“
    „Weil du mir jetzt sagen wirst, was zwischen dir und den Grayfoots vorgefallen ist“, sagte er.
    Das Messer zögerte. „In der Nacht in der Wüste, damals, als wir dich an die Darklinge übergeben haben, hat keiner von uns damit gerechnet, dass das Kind auftauchen könnte. Sie war doch der erste Halbling, oder?“
    „Sie hieß Anathea“, sagte Rex.
    „Ich meine, ich weiß, dass sie ein Midnighter war und dass sie wie alle anderen zu einem Monster geworden wäre. Aber Mann, sie sah nicht älter als zwölf aus.“
    „War sie auch kaum“, sagte Rex. „Sie hat diese fünfzig Jahre größtenteils in der erstarrten Zeit verbracht. Verängstigt und allein, umgeben von echten Monstern.“
    Angie saß eine Weile schweigend da. „Also habe ich angefangen, mich laut zu fragen, ob es das wert wäre, einen neuen Halbling zu machen. Ich dachte, der alte Mann würde mir zuhören. Aber die Darklinge

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