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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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er sich je zuvor um Mitternacht gewagt hatte.
    Vielleicht hatte das ein Teil von ihm so gewollt.
    Es sah so aus, als ob seine Begegnung mit den Alten früher als geplant zustande kommen würde.

flugstunden
    11.58 Uhr nachts
16
    „Also bis jetzt läuft dieser Plan unverkennbar scheiße“, sagte Melissa. „Jonathan kommt niemals vor Mitternacht hier an.“
    „Wir hätten mit ihnen zusammen fahren sollen.“ Jessica gähnte und verkroch sich vor dem kalten Wind in ihren Mantel. „Ich habe Rex gesagt, dass ich keine Angst davor habe.“
    „Es ist nicht deine Schuld, Jess“, sagte Melissa. „Rex wollte nicht, dass wir uns alle zusammen in Broken Arrow aufhalten.
    Du hast ihn gehört.“
    Jessica nickte stumm. Er hatte etwas von einer Falle der Grayfoots gefaselt, in der sie alle auf einmal landen könnten
    – dem Ende der Midnighter. Ihr kam das unwahrscheinlich vor.
    „Wahrscheinlich hat er gedacht, ich hätte Angst, wegen Übertretung der Sperrstunde geschnappt zu werden“, sagte sie. „Und wollte nicht, dass ich mich wie ein Weichei fühle.“
    Sie seufzte. Und jetzt saßen sie hier am Straßenrand an einem kalten, windigen Rastplatz kurz hinter der Bezirksgrenze fest. Beim nächsten Mal würde sie Rex verkünden, dass sie die neue, furchtlose Jessica war, die weder offizielle noch elterliche noch schwesterliche Strafen fürchtete.

    „Nein, Jess. Ich weiß zufällig, dass du es nicht warst, die er schützen wollte.“
    „Wie meinst du das?“
    „Ich war es.“ Melissa streckte ihre Hand aus, mit der Handfläche nach unten. Sie zitterte vor Kälte. „Bei dem Gedanken an eine schnelle Autofahrt fange ich an zu zittern.“
    Jessica sah die Gedankenleserin an und fragte sich, ob die Witze machte. Natürlich wollte niemand gern zweimal mit achtzig Sachen durch eine Windschutzscheibe fliegen.
    „Vielleicht sind sie tatsächlich nur deshalb nicht hier, weil sie von den Bullen geschnappt wurden“, fuhr Melissa fort.
    „Und wenn das der Fall ist, dann haben wir beide Glück, dass wir nicht mitgefahren sind.“
    Jessica seufzte. „Ein wirklich netter Gedanke.“ Jonathan verbrachte die geheime Stunde nicht besonders gern in einer Gefängniszelle, wo er ständig von den Wänden abprallte.
    „Ich versuche bloß, dich zu trösten. Es gibt Schlimmeres als eine Verhaftung.“
    „Da hast du wohl recht.“
    „Will sagen, wenn Kidnapper und wilde Autojagden im Spiel sind“, fuhr Melissa fort.
    „Mensch, Melissa. Wer hat dich denn plötzlich zur Miss Sonnenschein erkoren?“
    „Ich wollte es bloß erwähnt haben.“ Die Gedankenleserin sah auf ihre Uhr. „Egal. In fünf, vier, drei … “
    Die geheime Stunde war da und floss wie eine blaue Tintenflut über die Wüste auf sie zu. Der Holztisch erzitterte unter ihnen, die Luft wurde warm und still, und die Sterne über ihnen nahmen einen gespenstisch blassen Schimmer an.
    „Uff, das tut gut.“ Melissa legte den Kopf zurück, um Witterung aufzunehmen. Wenige Augenblicke später huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. „Entspann dich. Es geht allen gut.“
    Jessica atmete erleichtert aus. Wie gut, dass Melissa bei ihr war. Als Rex letzte Hand an seinen Plan gelegt hatte, war sie nervös geworden, weil sie irgendwo weit draußen eine ganze Stunde mit Melissa zubringen sollte. Wie sich herausgestellt hatte, war das aber gar nicht so schlimm. So eine arrogante Hexe wie früher war Melissa gar nicht mehr.
    Die Gedankenleserin warf ihr einen kühlen Blick zu. „Na, besten Dank auch, Jess.“
    „Huch, tut mir leid.“ Jessica ermahnte sich, ihre Gedanken unter Kontrolle zu halten, besonders jetzt, nachdem Midnight eingetreten war. „Ich meine doch bloß … es stimmt aber“, stotterte sie. „Du bist seit Neuestem viel netter.“
    „Wie du meinst.“ Melissa hob mit geschlossenen Augen das Gesicht gen Himmel. „Gut. Sie sind alle beieinander, aus irgendeinem Grund weit draußen in der Wüste, meilenweit weg von der nächsten Straße. Irgendwas ist schiefgegangen –
    schmeckt nach einer Auseinandersetzung zwischen Rex und Flyboy.“
    „Komisch, den letzten Teil hätte ich mir denken können.“
    Melissa grinste. „Jetzt ist Jonathan zu uns unterwegs. Ziemlich in Eile … “ Sie runzelte die Stirn. „Da draußen wachen welche auf.“
    Jessica zog ihre Taschenlampe aus dem Mantel, die den neuen Namen Halluzination trug. „Werden sie zurechtkommen?“
    „Wenn wir hier rauskommen, bevor sie irgendwas Großes anspringt.“
    „Wir?“

    Eins von Melissas

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