Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
Vom Netzwerk:
Gedanken durch die kurze körperliche Verbindung auf Dauer leichter lesbar geworden waren.
    Aber Melissa schüttelte den Kopf. „Es liegt auf der Hand, Jess. Ich habe das Tageslicht früher auch gehasst, wie du weißt.

    Aber ich habe die Midnight nie so sehr geliebt wie dieser Knabe.“
    Eine Explosion lenkte Jessicas Aufmerksamkeit wieder auf den Horizont. Einer der Gleiter war an Jonathans Schild abgeprallt. Ein blauer Funkenregen ergoss sich vom Himmel, als er fiel, und der andere drehte ab und floh. Jonathan kam kurz vor ihnen federnd zum Stehen, eine Staubwolke flog auf und erstarrte mitten in der Luft – die seltsame Magie seiner Akrobatenschwerkraft tat ihre Wirkung.
    „Beeilt euch!“, rief er und streckte beide Hände aus.
    Jessica bemerkte erfreut, dass er nicht zuckte, als Melissa seine Hand ergriff, sie nur ansah und sagte: „Du weißt, wie es geht?“
    „Ja, Jessica hat es mir gerade beigebracht.“
    Überraschung zeigte sich auf Jonathans Miene, und er warf Jessica einen kurzen Blick zu. Sie konnte nur mit den Schultern zucken. Daran hatte sie gar nicht gedacht, sämtliche Flugtechniken waren jedoch in oft verwendeten Bahnen ihres Gedächtnisses gespeichert, in all den Stunden an Jonathans Seite ausgefeilt. Selbst wenn sie nachts nicht zusammen flogen, träumte sie davon oder rätselte über der Mitternachtsphysik, wenn sie eigentlich Hausaufgaben lösen sollte.
    Hatte Melissa das alles wirklich so schnell aufgenommen?
    „Auf geht’s“, sagte Melissa und beugte die Knie.
    Die drei sprangen gemeinsam ab, zunächst zu einem kleinen, zögerlichen Sprung. Melissa brachte sie weder ins Trudeln, noch stolperte sie drei Meter weiter bei der Landung. Sie stießen sich beim zweiten Sprung fester ab. Eine niedrige Bahn brachte sie schnell über die Wüste. Sie nahmen Geschwindigkeit auf, wichen Gestrüpp und Kakteen aus, ohne ein Wort zu wechseln, als ob Melissa schon viele Male mit ihnen geflogen wäre.

    Jessica fragte sich, was sich in Jonathans Kopf abspielte, ob er glaubte, Melissa würde seine Gedanken lesen, während sie flogen. Oder erinnerte er sich an sein Entsetzen über ihren ersten Kontakt, bevor Melissa sich selbst unter Kontrolle bekommen hatte? Vielleicht war die Notlage aber auch zu groß, und er konzentrierte sich einfach aufs Fliegen …
    Vielleicht war das der Trick, wie man mit der Gedankenleserin umgehen musste, vielleicht musste man seinem Hirn einfach eine Pause gönnen.
    „Gleich sind wir da“, sagte Melissa schwer schnaufend.
    Jessica fragte: „Geht’s ihnen gut?“
    „Mit Dess ist alles in Ordnung. Rex … ist bei den anderen.“
    „Bei welchen anderen?“
    Melissa strauchelte bei der nächsten Landung, und alle drei flogen wieder hoch, drehten sich einmal um sich selbst, bevor sie wieder unten ankamen. Jonathan zwang sie bei der Landung, stehen zu bleiben.
    Vor ihnen am Horizont stoben blaue Funken aus der Wüste auf.
    „Was ist da draußen los?“, fragte er sie.
    „Dess wehrt sie ab. Und wenn sie erst mal schmecken, dass der Flammenbringer unterwegs ist, werden sie sich aus dem Staub machen.“
    Jessica runzelte die Stirn. „Was ist mit Rex?“
    „Mach dir um ihn keine Sorgen. Volltrottel – er hatte versprochen, mich zu warnen, bevor er etwas Derartiges wagen würde.“
    „Was wagt er?“
    Melissa schüttelte den Kopf. „Wir sollten in Bewegung bleiben, wenn wir ankommen wollen, bevor Dess einen Kurzschluss produziert.“ Sie sah die beiden flehend an, keine weiteren Fragen zu stellen. „Sehen wir zu, dass wir weiterkommen, okay?“
    Jonathan sah Jessica an, dann beugte er die Knie. „Okay.“
    Sie sprangen ab. Mit langen, federnden Sprüngen kamen sie zügig voran. Melissa flog, als ob sie monatelang geübt hätte.
    Eine halbe Meile vor Dess überquerten sie einen Flecken mit kleinen, gedrungenen Kakteen. Jessica entdeckte am Rand ein schwarzes Auto mit platten Reifen.
    „Das ist doch nicht das von Melissa, oder?“, fragte sie.
    „Nein, von den Grayfoots“, antwortete Jonathan. „Echten Grayfoots.“
    „Oh.“ Kein Wunder, dass die Dinge durcheinandergeraten waren.
    Am höchsten Punkt ihres nächsten Sprungs sah Jessica eine riesige schwarze Katze, die sich zwischen blauen Funken auf die Hinterläufe erhob, umkreist von einer wirbelnden Gleiterwolke. Ein dreizehnzackiger Stern aus glühenden Drähten war auf dem Wüstenboden ausgelegt. In seiner Mitte stand Dess, der Darkling direkt davor. Melissas Wagen war nicht weit weg, er sah zerbeult und kaputt

Weitere Kostenlose Bücher