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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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weniger herumgeschnüffelt, von ihren neuen Freunden bei den Majorettes erzählt und ihre Schritte geübt. Vielleicht hatte sie wirklich vor, sie alle mit irgendetwas zu überraschen.
    Und selbst wenn sie Ärger machen wollte, konnte Beth kaum etwas im Ärmel haben, was die Sache noch schlimmer machen würde.
    Es hatte keine weiteren Finsternisse – oder Zeitbeben oder was auch immer von dem Primärdingsda – seit der Mittagspause in der vergangenen Woche mehr gegeben. Melissa wusste aber zu berichten, dass die Darklinge bald mit einer rechneten. Nach der letzten Finsternis hatte sich der Riss in Jenks zu einem Oval etwa von der Größe eines Tennisplatzes ausgedehnt. Inzwischen kontrollierten sie abwechselnd jede Midnight, nur um sicherzugehen, dass keine normalen Leute in den Riss gelangt waren. Neben dem üblichen blauen Leuchten war da drinnen alles rot gefärbt und nichts erstarrt – Herbstblätter fielen, Regenwürmer krochen, Moskitos summten und stachen. Zu seltsam für Worte.
    Dess meinte, mit jeder Finsternis würde der Riss größer werden, wie bei einer Laufmasche in alten Strümpfen. An Halloween würde sich die Struktur der geheimen Stunde schließlich auflösen, und im Umkreis von Meilen würden sich alle in einer blau-roten Welt wiederfinden.
    Als Jessica ihr Physikbuch durchblätterte, während sie sich auf ein Kapitel mit dem Titel „Wellen und du“ zu konzentrieren versuchte, tauchten immer wieder Bilder von der Nacht am letzten Mittwoch auf – wie Rex ausgesehen hatte, als er aus der Wüste zurückgetaumelt kam, bleich wie ein Gefangener, der Jahre in einer winzigen Zelle ohne Licht verbracht hatte.
    Wie er sich in seiner Wut in etwas Unmenschliches verwandelt hatte.
    Rex sagte, er könnte sich noch immer nicht erinnern, was ihm da draußen in der Wüste zugestoßen war, und selbst Melissa hatte nicht tief genug in ihn eindringen können, um irgendetwas auszugraben. Er meinte, er hätte aber seltsame Träume, als ob ihm alte Darklingerinnerungen in Hochauflösung durch den Kopf wandern würden. Alles aus einer Unterhaltung mit den Alten in der Wüste.
    Es war eher eine Gehirnwäsche als eine Unterhaltung gewesen, soweit Jessica erkennen konnte. Vielleicht auch eine komplette Körperwäsche – seine gespenstische Transformation schien Angies Vorwürfe wahr werden zu lassen, als ob Rex inzwischen wirklich zum Monster geworden wäre.
    Jessica fröstelte bei der Vorstellung und gab den Versuch auf, sich auf toroidale und sinusförmige Wellen zu konzentrieren. Stattdessen schloss sie die Augen und sog den Duft nach Tomatensoße auf, der unter ihrer Tür hervorkam. Wenn sich alles verändern würde, dann waren diese letzten Scheibchen Normalität kostbar.
    Nur noch zweimal Mittwoch vor Samhain. Warum sollte sie Beths Spaghettiabend nicht genießen, solange es ihn gab?

    „Essen ist fertig!“, rief Beth direkt hinter ihrer Tür.
    Jessica schreckte aus ihren Träumen auf und blinzelte.
    „Danke, dass du mich erschreckt hast.“
    „Gern geschehen.“ Schritte entfernten sich über den Flur.
    Jessica lächelte. Mit der krampfhaft begeisterten Beth konnte sie umgehen. Sie ließ sich vom Bett auf die Füße rollen, streckte sich, um einige Muskelverspannungen von zu viel Lernen zu lösen, dann öffnete sie die Tür.
    Der verführerische Duft von Beths Tomatensoße wogte aus der Küche auf sie zu, und die Geräusche einer angeregten Unterhaltung ihrer kompletten Familie schallten durch das Haus.
    Nur für diese Nacht könnte sie so tun, als ob hier in Bixby alles in Ordnung wäre.
    Als sich Jessica aber den Flur hinunter in Bewegung setzte, hörte sie, wie sich eine fremde Stimme erhob, leise, aber irgendwie selbstbewusst – und irgendwie nebulös vertraut.
    „Kann nicht sein“, sagte sie leise. Beth redete jetzt wieder.
    Sie musste sich verhört haben.
    Aber Jessicas Furcht wuchs, als sie an der Küchentür ankam und den leeren Tisch erblickte – zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Bixby war der Esszimmertisch gedeckt worden.
    Und das hieß, es war Besuch im Haus.
    Sie ging durch die Küche ins Esszimmer, bis sie vier Personen gegenüberstand: Beth, Mom, Dad …
    Und Cassie Flinders.
    „Hallo, Jess!“, sagte Mom. „Beth hat heute eine Freundin aus der Schule mitgebracht.“
    Jessica brachte nur ein zombiehaftes „Ach ja?“ heraus.
    „Cassie ist mit mir in der Schulgarde“, sagte Beth, wobei ein amüsiertes Lächeln ihre Lippen umspielte. Sie wandte sich an das Mädchen. „Ich habe dir

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