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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Aber dann gewann ihre Stimme an Sicherheit, und bald deklamierte sie mit äußerster Überzeugung.
    Rex hatte das meiste bereits erklärt, während sie darauf gewartet hatten, dass die blaue Zeit zu Ende ging. Doch als Jessica hörte, wie die Enthüllungen mit Angies kühner Stimme wiederholt wurden, begann ihr die Geschichte in die Knochen zu kriechen, zusammen mit der Wüstenkälte einer Herbstnacht in Oklahoma.
    Wenn das alles stimmte, wie viel hatte Madeleine dann von all dem gewusst, was sich zu ihrer Zeit abgespielt hatte? Sie war erst siebzehn gewesen, als die Grayfoots den Midnightern die Macht entzogen hatten, aber sie trug Erinnerungen von Generationen von Gedankenlesern in sich. Sie müsste es doch wissen, wenn Midnighter über Jahrtausende gruselige Dinge angestellt hatten?
    Und würde einer von ihnen den Mut aufbringen, sie zu fragen, was sie von all dem hielt? Melissa würde natürlich nichts anderes übrigbleiben, wenn sich die beiden das nächste Mal berührten. Jessica war nur froh, dass es Melissa war und nicht sie, die fragte.
    Als Angie am Ende ihres Vortrags angekommen war, schien sie sich nicht mehr vor ihnen zu fürchten. Inzwischen rauchte sie und sah aus, als ob sie sie für normale Kids halten würde.
    „Jetzt habe ich euch erzählt, wie es wirklich war“, endete Angie. „Was wollt ihr mir jetzt im Gegenzug berichten?“
    Jessica sah die Frau mit zusammengekniffenen Augen an.
    Sie war froh, dass Melissa keine sabbernde Idiotin aus ihr gemacht hatte, was aber nicht heißen sollte, dass sie Angie deshalb mochte. Ganz und gar nicht.

    „In der Hauptsache solltest du eins wissen“, sagte Rex. „Soweit wir wissen, wird am 1. November die Hölle losbrechen.“
    „Um Mitternacht davor, genau genommen“, fügte Dess hinzu. „Wenn der 31. Oktober in den November übergeht.“
    Angie grinste. „Mitternacht an Halloween, was?“
    „Das mag sich miserabel anhören“, sagte Dess gelassen.
    „Aber Zahlen lügen nicht.“
    „Ich weiß nicht, ob ich den Kram mit der Numerologie glauben soll.“
    „Numerologie?“ Dess fiel die Kinnlade runter. „Das ist Mathe, du Schwachkopf.“
    Die Frau sah Dess lange skeptisch an, aber dann machte sie ein besorgtes Gesicht. „Wisst ihr, bevor sie mich ausgeschlossen haben, hat Ernesto Grayfoot immer gesagt, irgendwas würde bald eintreffen. Und nachdem die Darklinge nicht mehr geantwortet haben, fingen alle an, sich davor zu fürchten. Er meinte, es hätte mit dem Flammenbringer zu tun.“ Sie sah Jessica an. „Das bist doch du, oder?“
    Jessica nickte.
    „Die Grayfoots haben aber nicht alle Instruktionen bekommen, bevor der Halbling starb.“
    „Was hat Ernesto genau gesagt?“, fragte Rex.
    „Er hat mir nur einen Namen gesagt – der alte Mann war nervös, weil ,Samhain‘ kommen würde.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Er hat mir nie erzählt, wer das ist.“
    Melissa schüttelte den Kopf. „Nicht ,wer‘, Schwachkopf, wann. Samhain ist der altertümliche Name für Halloween.“
    „Gespensterjagd“, murmelte Dess.
    „Du musst gerade was sagen“, antwortete Melissa.
    „Schon wieder Halloween“, stöhnte Rex müde. „Lässt uns anscheinend nicht los.“

    „Kommt schon, Leute. Seid nicht blöd“, sagte Angie. „Halloween ist nichts als Popkulturunsinn. In Oklahoma gibt es das erst seit einem Jahrhundert, und wie ich euch erklärt habe, sind die Monster hier schon viel früher gewesen.“ Sie musterte die fünf nacheinander. „Sie sind immer noch hier.“
    „Monster?“, sagte Rex. Er trat einen Schritt auf Angie zu, dann noch einen, und Jessica spürte ein nervöses Kribbeln ganz unten im Bauch. Etwas veränderte sich an Rex, die Erschöpfung fiel von ihm ab. Plötzlich kam er ihr größer vor, sein Gesichtsausdruck härter, jede Linie in seinem Gesicht schien eine Bedrohung. Dann passierte das Unglaublichste –
    Jessica sah, wie seine Augen purpurn aufleuchteten, obwohl der dunkle Mond längst untergegangen war. Er stand eine Armlänge von Angie entfernt, aber die Frau taumelte rückwärts und sank gegen das zerbeulte Auto. Die Zigarette glitt ihr aus den Fingern.
    „Vielleicht hast du recht, Angie“, sagte er. „Vielleicht leben seit langer, langer Zeit Monster hier in Bixby. Aber eins solltest du nicht vergessen.“
    Dann änderte sich sein Tonfall, seine Stimme wurde trocken und kalt, als ob etwas Altertümliches aus ihm sprechen würde. „Monster oder kein Monster, ich bin, was du aus mir gemacht hast, als du mich in der

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