Der Ritter von Rosecliff
um Rhonwen zu imponieren. Sie musste begreifen, dass er ein besserer Mann war als Jasper Fitz Hugh. Zwischen ihr und dem verfluchten Engländer war irgendetwas vorgefallen, davon war Rhys überzeugt. Doch er würde ihr beweisen, dass er der einzig richtige Mann für sie war.
Ein Licht im dunklen Dorf erregte seine Aufmerksamkeit. Es bewegte sich langsam durch die Straßen ein Mensch mit einer Laterne, der in einem Steinhaus verschwand, aus dessen Schornstein Rauchwolken aufstiegen. Vielleicht war jemand krank ... Es könnte aber auch die Hebamme sein, die zu nächtlicher Stunde einem Kind auf die Welt helfen sollte.
Bei diesem Gedanken ballte Rhys die Fäuste. Acht Engländer hatten walisische Frauen geheiratet und bisher vierzehn Bälger in die Welt gesetzt. Würde in dieser Nacht ein fünfzehntes geboren werden?
Verdammt, er musste diese Engländer endlich vertreiben!
Plötzlich raschelte welkes Laub, und gleich darauf brach unter Rhys' Gefährten Panik aus.
»Gott steh uns bei!«
»Heilige Mutter Gottes!«
»Jesus, Maria und Josef! «
Rhys wirbelte auf dem Absatz herum und griff nach seinem Kurzschwert. Waren sie unbemerkt von Engländern umzingelt worden? Würde er endlich Gelegenheit haben, gegen seinen Erzfeind Jasper Fitz Hugh zu kämpfen?
Aber es waren keine Engländer, die seine Männer in Angst und Schrecken versetzten, sondern ein kleiner Krüppel: Newlin. Die Waliser waren ein abergläubisches Volk und schrieben dem missgestalteten Barden magische Kräfte zu. Doch Rhys bildete eine Ausnahme: er glaubte weder an Zauberei noch an Gebete. Beides war in seinen Augen nur Humbug. Ein Mann durfte sich nur auf den eigenen Körper und Geist verlassen. Wenn er einen starken Willen besaß, konnte er sehr viel erreichen. Wenn er ein Schwächling war, fristete er ein erbärmliches Leben, litt unter Hunger und Kälte und starb in jungen Jahren.
Als Kind hatte auch Rhys unter Hunger und Kälte gelitten, aber er war nie gewillt gewesen, sich auf Dauer damit abzufinden. Sein eiserner Wille würde ihm eines Tages Ruhm und Reichtum bescheren ...
»Ihr seid erbärmliche Feiglinge!«, schnauzte er seine Männer an. Auch Newlin blieb nicht von seinem Zorn verschont. »Macht es dir Spaß, solchen Einfaltspinseln Angst einzujagen?«
Der alterslose kleine Barde lächelte. »Man braucht kein besonderes Talent, um schlichten Gemütern Angst einzujagen. Einen intelligenten Mann das Fürchten zu lehren, wäre viel interessanter. Aber ich hatte nichts dergleichen im Sinn.«
»Was hast du dann hier zu suchen?«
»Ich bin auf dem Weg nach Hause«, antwortete Newlin ruhig und deutete auf den domen, die Grabstätte, die ihm als Wohnung diente. Rhys wusste, dass Randulf Fitz Hugh sich als einziger Engländer oft mit dem Barden unterhielt. Vielleicht konnte er dem kleinen Krüppel irgendwelche wertvolle Informationen über die Pläne des englischen Lords entlocken.
»Hast du Fitz Hughs Aufbruch beobachtet?«
Newlin zuckte mit einer Schulter. »Ich weiß, dass er eine Reise unternimmt.«
»Weißt du auch, wohin er will und wie lange er unterwegs sein wird?«
»Ich weiß - und du weißt es auch -, dass es in England Ärger gibt weil zwei Personen sich einen erbitterten Machtkampf liefern. Ich weiß - und du weißt es auch, dass Randulf Fitz Hugh deshalb zu einem Treffen mit den anderen englischen Lords nach Bailwynn im Süden des Landes reisen musste. Und ich weiß ferner, dass er so schnell wie irgend möglich zu seiner Frau und seinen Kindern zurückkehren wird. Gibt es noch etwas, was du wissen möchtest?«
Einer von Rhys' Männern kicherte, was ihn wieder in Wut brachte. »Der Engländer zieht dich ins Vertrauen, und trotzdem weigerst du dich, deinen eigenen Landsleuten zu helfen!« Er ging drohend auf den Barden zu. »Lass dir eines sagen, alter Mann - ich werde die britische Festung angreifen und einnehmen. Rosecliffe Castle wird bald eine Hochburg jener Waliser sein, die ihrem, Volk treu geblieben sind.« Rhys trat zur Seite und fuhr höhnisch fort: »Geh und erzähl deinen neuen englischen Freunden, was der letzte echte Waliser plant. Ich werde dich nicht daran hindern, Verrat zu begehen.«
Newlin wiegte sich langsam vor und zurück, vor und zurück ... »Hierzulande wachsen die Steine überall zu mächtigen Festungen heran, und Wälder werden gerodet. Ich weiß nicht ob das gut oder schlecht ist. Die Welt verändert sich, ob es uns gefällt oder nicht.«
Rhys schnaubte verächtlich. »Nur Narren glauben an die
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