Der Ritter von Rosecliff
Erfahrung mit schlimmem Erwachen nach durchzechten Nächten, aber dies war bestimmt der ärgste Morgen, den er je erlebt hatte. Vor Monaten hatte er sich fest vorgenommen, nicht mehr so viel zu trinken. Und jetzt lag er hier und fühlte sich so miserabel, dass er nur einen Wunsch hatte: zu sterben.
Mühsam öffnete Jasper ein Auge. Wo war er? Das Dach über ihm sah neu aus. Die Holzbalken waren noch nicht von Rauch geschwärzt. Von irgendwo drang Licht in den Raum, aber er wollte seinen schmerzenden Kopf nicht bewegen, um nach der Lichtquelle zu suchen. Er schloss das Auge wieder und versuchte nachzudenken. Was hatte er gestern Abend gemacht? '
Nach einer Weile stellten sich vage Erinnerungen ein. Er und Uric, einer der wenigen unverheirateten Ritter auf Rosecliffe, waren nach der Wachkontrolle ins Dorf gegangen, in der Hoffnung, willige Frauen aufzutreiben. Es war ihnen gelungen: die Witwe Ellyn und ihre Cousine, die gerade zu Besuch war, hatten sich nicht lange geziert als ihnen jeweils eine Silbermünze angeboten wurde, zumal die Ritter auch jede Menge Wein dabei hatten. Das fast fertige Haus des Krämers eignete sich gut für Schäferstündchen. Doch als Jasper dort mit seinem Liebchen allein war, hatte irgendetwas nicht geklappt. Was?
» O Gott!«, stöhnte er, als es ihm einfiel. Obwohl jede Bewegung eine Höllenqual war, schaffte er es, wenigstens auf allen Vieren hoch zu kommen. In dieser Stellung verharrte er eine Weile und kämpfte gegen Schwindel und Übelkeit an. Er musste so schnell wie möglich von hier verschwinden, nachdem er sich in der Nacht blamiert und lächerlich gemacht hatte. Zeit seines Lebens war ihm so etwas noch nie passiert!
Er hatte die dralle Waliserin bezahlt um Sex mit ihr zu haben, und sie war eine mehr als willige Gespielin gewesen, die nichts unversucht ließ, um ihn in Stimmung zu bringen. Dazu gehörte normalerweise nicht viel, doch dieses Mal hatte sein Körper ihm einen üblen Streich gespielt. Blonde Frauen mit üppigem Busen waren sonst durchaus nach seinem Geschmack, aber vor seinem geistigen Auge war ständig ein schlankes schwarzhaariges junges Mädchen aufgetaucht und hatte ihm den Spaß verdorben.
»Himmel und Hölle!«, fluchte Jasper. Er hätte die ganze Nacht eine heißblütige Frau genießen können. Stattdessen hatte sie ihn schließlich frustriert allein gelassen, weil er es einfach nicht schaffte, sie zu befriedigen.
»Dieses verdammte kleine Luder!« Gemeint war natürlich Rhonwen ap Tomas. Nur sie war schuld an seiner Schmach, als Mann versagt zu haben! Würde es ihm jetzt immer so ergehen, wenn er sich mit einer Frau amüsieren wollte?
Herrgott nur das nicht! Was war er doch für ein Narr gewesen, das Luder laufen zu lassen! Er hätte es - notfalls mit Gewalt - nehmen sollen. Dann würde es nicht mehr in seinem Kopf herumspuken.
Irgendwie kam er auf die Beine, taumelte aus dem Haus und wurde von grellem Sonnenlicht geblendet. Trotzdem gelang es ihm, Helios zu finden und in den Sattel zu steigen. Was er dringend brauchte, war ein Bad, um einen halbwegs klaren Kopf zu bekommen. Anschließend würde er sich in sein Zimmer zurückziehen und gute Vorsätze für die Zukunft fassen: kein Saufen mehr, keine Weiber mehr ...
Es war sein Pech, dass er am Burgtor Josselyn traf, die mit einem Wachposten diskutierte. Als sie Jasper sah, winkte sie ihn zu sich heran. »Ich möchte ins Städtchen gehen. Bitte erklär den Männern, dass sie nicht das Recht haben, mich daran zu hindern.«
»Sei doch vernünftig, Josselyn«, flehte Jasper. Seine eigene Stimme hallte unerträglich laut in seinem Kopf wider. »Es ist doch nur zu deinem eigenen Besten.«
»Zu meinem Besten? Erklär mir bitte, warum es zu meinem Besten sein sollte, auf die Gesellschaft meiner Landsleute zu verzichten?«
Jasper presste eine Hand auf seine Schläfe. Er hatte das Gefühl, als würde sein Schädel jeden Augenblick explodieren. »Könnten wir diese Unterhaltung vielleicht später fortsetzen?«
Josselyn musterte ihn von Kopf bis Fuß. »ja, so wie du aussiehst kann ich gut verstehen, dass dir nicht nach Reden zumute ist. Am besten legst du dich gleich ins Bett um deine ... deine Krankheit auszukurieren.« Das hörte sich sehr sarkastisch an. »Isolde macht dir bestimmt einen Heiltrank, wenn du sie darum bittest. Was mich betrifft, so habe ich es eilig.«
Sie überquerte leichtfüßig die Zugbrücke, und Jasper fluchte leise vor sich hin. »Folge ihr und bleib an ihrer Seite, egal was sie
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