Der Ritter von Rosecliff
bei ihrem letzten Treffen vor! Schlank wie eine Gerte, aber mit Kurven an den richtigen Stellen. Rabenschwarze Haare, fast genauso dunkle Augen ... verglichen mit ihr sah die Blondine von gestern Abend ordinär und nichtssagend aus. Kein Wunder, dass er als Mann versagt hatte! Dagegen begehrte er dieses wilde Geschöpf aus den Wäldern mit einer Leidenschaft, die ihn selbst überraschte.
»Willkommen auf Rosecliffe Castle!« Jasper griff nach ihrer Hand, verbeugte sich und berührte ihre Finger mit den Lippen.
Rhonwen wusste nicht wie sie darauf reagieren sollte. Seit er die Halle betreten hatte, war ihr schwindelig. Dieser Mann war einfach zu groß, zu vital, zu attraktiv ... Als er sich über ihre Hand beugte, kam sie sich wie ein unbeholfenes Kind vor, doch als er ihre Finger küsste, überlief sie ein heißer Schauer.
Wie war es nur möglich, dass eine so flüchtige Berührung solches Feuer auslöste? Hastig entzog sie ihm ihre Hand und versteckte sie in den Rockfalten. »Mein Besuch war ...- äh ... nicht geplant. Ich bin ... äh ... ich bin Josselyn auf dem Markt begegnet und sie hat mich eingeladen. « Sie hörte selbst wie linkisch das klang.
»Ich musste mit Engelszungen reden, bevor sie eingewilligt hat mitzukommen«, fügte Josselyn fröhlich hinzu. »Und sie hat es nur getan, weil Rand nicht zu Hause ist und ich ihr gesagt habe, dass du krank im Bett liegst. Aber jetzt siehst du schon viel besser aus als heute Vormittag. Isoldes Heiltrank scheint gewirkt zu haben.«
»So ist es«, bestätigte Jasper, doch Rhonwen fing einen Blick zwischen ihm und Josselyn auf, und sofort wurde ihr alles klar: ihre Freundin wollte sie mit Jasper verkuppeln! Entsetzt verschränkte sie die Arme vor der Brust und sagte das Erste, was ihr in den Sinn kam. »Ich muss jetzt gehen.«
»0 nein, das kommt gar nicht in Frage!«, rief Josselyn. »Du hast meine Kinder ja noch gar nicht gesehen.«
»Ich werde sie ein anderes Mal bewundern«, schwindelte Rhonwen und ging auf die Tür zu.
»Und was ist mit Nesta? Sie glaubt doch, dass du hier auf sie wartest.«
»Ich werde sie unterwegs oder auf dem Markt treffen.«
Aber es war zu spät um die Flucht anzutreten. Mit einem triumphierenden Grinsen rief Josselyn: »Ah, da sind ja wenigstens die beiden Mädchen! Isolde, meine Älteste, und Gwendolyn, meine Jüngste.«
Die Kinder blieben neben ihrem Onkel stehen. Isolde war blond wie ihre Mutter, hatte aber die dunklen Augen ihres Vaters geerbt. Gwendolyn hatte dunkle Locken, die ihr rosiges rundes Gesicht umrahmten.
Jasper ging in die Hocke. »Das ist Rhonwen ap Tomas«, erklärte er seinen Nichten. »Sie ist eine Freundin eurer Mutter - und eine Freundin von mir. Begrüßt sie herzlich.«
Beide Mädchen machten artig einen Knicks, und danach setzte Jasper die Kleine auf seine Schultern, während Isolde sich bei ihm einhängte. Es war nicht zu übersehen, dass sie ihren Onkel vergötterten.
Dass dieser englische Ritter so liebevoll mit den Töchtern seines Bruders umging, weckte unerwartete Erinnerungen in Rhonwen. Ihr viel zu früh verstorbener Vater hatte sie einst so auf seine Schultern gesetzt! ,Weil sie wusste, dass Josselyn sie beobachtete, verbarg sie ihre wahren Gefühle - eine seltsame Mischung aus Verlangen, Kummer und Eifersucht - hinter einem Lächeln.
»Deine Mädchen sind sehr hübsch und gut erzogen«, sagte sie. »Du musst sehr stolz auf sie sein.«
»Das bin ich. Stolz und glücklich. Ehe und Mutterschaft haben mir dieses Glück beschert«, antwortete Josselyn. »Ich hoffe von ganzem Herzen, dass auch du es eines Tages finden wirst.«
»Ja, das hoffe ich auch«, murmelte Rhonwen. Sie wollte sich wieder verabschieden, doch plötzlich stürmte ein Junge atemlos in die Halle.
»Tante Nesta ist hier!«
Er rannte sofort wieder hinaus, und Gwendolyn lief ihm nach, sobald ihr Onkel sie auf den Boden gesetzt hatte. Nur Isolde blieb bei Jasper, schmiegte sich an ihn und griff nach seiner Hand. »Spielen wir jetzt Schach? Du hast es mir versprochen.«
»Wir spielen - aber später.« Er kraulte sie unter dem Kinn, und sie schaute lächelnd zu ihm auf. Dann musterte sie Rhonwen mit unverhohlener Feindseligkeit. Warum hatte das Mädchen auf Anhieb eine Abneigung gegen sie gefasst? Es dauerte nicht lange, bis Rhonwen ein Licht aufging: Isolde betete ihren Onkel an und wollte seine Aufmerksamkeit für sich allein haben. Sie war wohl eifersüchtig auf jede Frau, die in Jaspers Nähe kam.
Es war hoffnungslos, schnell die
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