Der rostende Ruhm
und dachte an die Zurückziehung der Anzeigenaufträge des Teschendorff-Konzerns und an das Aufbrüllen des Verlagsleiters: »Entweder bringen Sie die Sache in Ordnung – oder den Verlust der Anzeigen ziehen wir von Ihrem Gehalt ab. Dann werden Sie bis an Ihr Lebensende umsonst arbeiten müssen! Uns ist eine Anzeige von Teschendorff mehr wert als hundert Berghs und seine Affären!«
»Wir waren unvollständig informiert«, sagte er und lächelte verzeihungsheischend, als Bergh aufsah und über die dünne Goldbrille einen Blick auf ihn warf. »Fräulein Orth ist noch jung – avantgardistisch –, sie will sich die journalistischen Sporen verdienen …«
»Deswegen braucht sie mich nicht zuschanden zu reiten!« Professor Bergh schmunzelte. Er dachte an Brigitte Teschendorff und war voller Freude. »Schicken Sie die junge Dame – wenn sie wieder gesund ist – auf jeden Fall zu mir. Ich werde sie durch die Klinik führen und bei einer Operation zusehen lassen. Wenn sie nicht umfällt, hat sie Nerven genug, um das anzuhören, was ich ihr zu sagen habe.«
»Ich werde es ihr ausrichten.« Artur Sporenka knetete seinen Hut zu einer Rolle, die er unter den Arm schob. »Sie fühlen sich nicht erheblich geschädigt durch diesen Artikel?«
»Aber nein.« Bergh hob wieder den Kopf. »Sie sollten Ihre journalistischen Fohlen nur ab und zu an die Longe nehmen und ihnen den Schritt beibringen.«
»Sind Sie bereit, Ihre Ansicht über diesen Artikel schriftlich unserem Blatt zu geben? Die Verlagsleitung ist sehr erregt …«
»Gut. Schreiben wir das Rezept«, Bergh erhob sich und reichte Sporenka die Hand. »Diktieren Sie meiner Sekretärin die Erklärung. Sie soll sie mir zur Unterschrift hereinreichen.« Er begleitete den sprachlosen Sporenka zur Tür und hielt ihn am Ärmel fest, als er schnell den Raum verlassen wollte. »Und schicken Sie mir Ihr kleines Fohlen in die Klinik! Mit leerem Magen – ich werde ihr eine schwierige Operation vorsetzen. Strafe muß sein!«
Er lachte und schloß hinter dem wie auf Gänseflaumen gehenden Sporenka die Tür.
Der Chefredakteur schüttelte den Kopf, als begriffe er noch nicht, was er gehört hatte. Er war in das Krankenhaus gekommen, gewappnet, einen schreienden Despoten zu sehen, einem bis ins Letzte beleidigten Heroen zu begegnen, der das Recht hatte, ihn auf Pistolen zu fordern. Statt dessen fand er einen freundlichen, ja fast freudigen Mann, der ihm elegant alle Entschuldigungen abnahm und ihn innerhalb von fünf Minuten überzeugte, daß er von einer unerreichbaren Höhe auf ihn herabsprach und die Größe erreicht hatte, wo man sich den Luxus der Güte leisten kann.
Schwester Angela kam über den Flur. Sie wollte berichten, daß die Patientin mit dem exstirpierten Aneurysma nach einer Bluttransfusion erwacht sei und es ihr verhältnismäßig gutgehe. Sie sah den entgeisterten Sporenka vor der Cheftür stehen.
»Nanu?« fragte sie. »Suchen Sie jemanden?«
»Nein, o nein.« Sporenka strich sich über das Gesicht. »Ich war eben drin …« Er zeigte mit dem Daumen auf die Chefzimmertür. »Ich bin noch ganz weg … Er war so freundlich, so nett, so charmant …«
»Er hat auch eine schwere Operation hinter sich …«
»Und? Wie ist sie ausgelaufen?«
»Natürlich gut.« Schwester Angelas Gesicht glänzte. »Bei unserem Professor …«
War die Operation wirklich so gut abgelaufen?
Mit Höpfner-Klemmen war das Aneurysma bereits abgeteilt worden, die vorsichtige Ausschälung hatte begonnen. Mit einem Scherenschlag hatte Bergh das Aneurysma an der einen Seite abgetrennt.
In diesem Augenblick füllte sich der gesamte Operationsraum mit Blut. Es spritzte neben der Vena anonyma hervor, sprudelte aus der trichterförmigen Operationsmulde und lief über die Abdecktücher und den Körper.
»Puls unregelmäßig. Atmung flach«, sagte Dr. Thoma heiser. Dr. Werth stand wie versteinert neben Professor Bergh, der die Schere in weitem Bogen wegwarf und auf den Blutstrom starrte.
»Welch eine Sauerei!« schrie Bergh. Er brüllte es sich selbst zu, denn er allein hatte jeden Schnitt geführt. Der Oberarzt neben ihm war zu einem Handlanger degradiert worden. »Haben Sie alles abgeklemmt, Herr Werth? Wo kommt das arterielle Blut her, wenn alles verschlossen ist? Das ist eine bodenlose Schweinerei!«
»Es ist alles in Ordnung, Herr Professor.« Dr. Werth schluckte. Er wußte, er hatte keinen Fehler gemacht – aber aus der Wunde spritzte das Blut im Rhythmus des Herzschlages.
»Alles
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