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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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feindlich. Unter dem Arm trug er einen Aktendeckel.
    »Was wollen Sie denn hier?« schnauzte Professor Bergh ihn an. Er kam mit großen, schnellen Schritten hinter dem Schreibtisch herum und auf Wortischek zu, als wolle er ihn angreifen und hinauswerfen. Wortischek blieb an der Tür stehen. Seine Augen waren glänzend starr wie bei einem Fisch. »Ich hatte Ihnen verboten, jemals wieder die Station zu betreten!«
    »Ich komme im Auftrag von Herrn Direktor Bernsteg«, sagte er mit seiner dumpfen Stimme, die einen anwehte wie muffiger Kellerdunst.
    Bergh vergrub die Fäuste in die Taschen seines weißen Kittels. »Hat er keinen anderen als Sie? Ich will Sie hier nicht mehr sehen!«
    Wortischek hob die Schultern. »Herr Direktor Bernsteg hat mich als Boten angestellt. In der Registratur war nicht genug zu tun.«
    »Als Boten –«, sagte Bergh. Die Erkenntnis, was dieses Wort bedeutete, raubte ihm die Luft. Wortischek schien es zu ahnen und sprach aus, was Bergh dachte.
    »Ich werde jetzt öfter zu Ihnen kommen … Ich bin eben der einzige Bote der Verwaltung – Herr Direktor Bernsteg läßt Ihnen sagen, daß er nur noch durch mich mit Ihnen verhandeln will …«
    Professor Bergh betrachtete Wortischek wie einen Kranken mit einem seltenen Gebrechen und wurde plötzlich ruhig. Sein Zorn verflüchtigte sich.
    »Ich habe Feinde hier in der Klinik –«, sagte Bergh.
    »Ja, Herr Professor«, sagte Wortischek ehrlich.
    »Wer sind sie?«
    Herbert Wortischek schwieg. Professor Bergh trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Erregung stieg wieder in ihm empor. Die Bestätigung, daß er in seiner Klinik sabotiert wurde, war so ungeheuerlich, daß es schwer war, sie ruhig hinzunehmen.
    »Warum werde ich denn angefeindet?« fragte er.
    »Sie wollen alles ändern«, sagte er langsam. »Das ist es, Herr Professor. Was früher gut war, ist jetzt schlecht.«
    »Aber es geschieht doch nur zum Wohle der Kranken!«
    »Seit Sie hier sind, sind die Kassen leer, trotzdem das Krankenhaus voll belegt ist. Das sieht keine Verwaltung gern. Und Sie lassen sich nichts sagen. Das ist es auch …«
    Professor Bergh unterbrach das Trommeln seiner Finger. Vor zehn Minuten noch hätte er Wortischek wegen dieser letzten Bemerkung aus dem Zimmer geworfen. Er hätte getobt und seine Rechte als Chef wahrgenommen. Jetzt war er nachdenklich. Die Sorgen eines freien Arztes sind die Sicherungen seines Lebensunterhaltes und das Sammeln von Krankenscheinen. Die Sorgen eines besoldeten Chefarztes einer Klinik sind die ständigen Kämpfe gegen den überschrittenen Etat, die Sturheit der Verwaltung und die gänzlich unärztliche Ansicht, daß nicht der Kranke oder seine Krankheit das Wichtigste sind, sondern seine Zahlungen und deren wohlauskalkulierte Höhe.
    »Ich danke Ihnen, Wortischek«, sagte Bergh. Er schloß hinter dem verwundert hinausgehenden Krankenpfleger die Tür und lehnte sich dann dagegen, als wolle er ein neuerliches Aufdrücken von draußen mit seinem Körpergewicht verhindern.
    Ich werde meine Stellung aufgeben, dachte er. Überall in der Welt kann ich jetzt Chefarzt werden. Es gibt keine Stadt, die meinen Namen nicht kennt. Meine Forschungen werden diskutiert. Ich habe Angebote nach den USA, nach Japan, England und sogar nach Moskau. Die ganze Welt steht mir offen – Warum soll ich in Wien bleiben und mich aufreiben an Neid und Mißgunst und kleinkrämerischer Rechnerei?
    Er nahm sich vor, mit Teschendorff zu sprechen. Endgültig. Und wenn man ihn aus seinem Vertrag nicht entließ, würde er sogar klagen! Die Begründung seiner Klage aber würde die Öffentlichkeit aufschrecken: Ich lege meinen Posten als Chefarzt nieder, weil die St.-Emanuel-Krankenanstalten in keiner Weise mehr den Anforderungen eines modernen chirurgischen Betriebes genügen und sich keine Ansätze des Kuratoriums zeigen, diesen Übelstand abzuändern! Es ist mir meinem ärztlichen Gewissen gegenüber unmöglich geworden, weiter einer solchen Klinik vorzustehen.
    Ob Teschendorff es auf einen solchen Skandal ankommen ließ? Oder Baron v. Boltenstern? Auch Brigitte würde sich dagegen wehren – sie besonders.
    Professor Bergh sah auf die elektrische Uhr an der Wand. Elf Uhr! Im OP I lag die Frau mit dem Mammakarzinom auf dem Tisch. Dr. Werth wartete auf den Chef. Auch Dr. Thoma stand daneben, bleich und voller Erwartung. Der Befehl des Chefs, ihm trotz der vorausgegangenen Auseinandersetzung zu assistieren, hatte ihn unsicher gemacht.
    Der Haussprechapparat

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