Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Empörung. »Was wollen Sie jetzt noch vom Professor, nachdem Sie ihn mit Dreck beworfen haben?«
    »Was hat sie?« keifte die Sekretärin. »Machen Sie, daß Sie sofort hinausgehen! Sofort! Oder ich lasse Sie durch unsere Krankenpfleger auf die Straße bringen!«
    »Ich bin ja gekommen, um ihn vor diesem Artikel zu warnen!« rief Gabriele. Sie wehrte die Sekretärin ab, die sie am Arm aus dem Zimmer drängen wollte. Als auch Dr. Werth, in seiner Empörung wenig höflich, Gabriele faßte, um sie wegzuführen, schrie sie in ihrer höchsten Not, grell, hilfesuchend, selbst die gepolsterte Tür zum Chefzimmer durchdringend.
    »Martin! Martin!«
    Dr. Werth und die Sekretärin ließen sie sofort los. Die Tür zum Chefzimmer öffnete sich. Professor Bergh kam heraus, umgezogen, in einem hellen Sommeranzug. In der Hand hielt er die neueste Ausgabe der Zeitung. Sein Gesicht war bleich und zerfurcht.
    »Was soll diese Aufregung?« fragte er Dr. Werth. »Und du kommst wegen dieses Aufsatzes, Gabi?« Er lächelte bitter. »Sporenka ist nur die Feder – die Hand, die sie führt, kenne ich! Ich werde alles regeln. Warum sich aufregen …?«
    »Dieser Artikel ist ein Skandal!« rief Dr. Werth.
    »Wenn man ihn zum Skandal macht – ja. Aber er trifft mich nicht. Jetzt nicht mehr! Wir können ihn mit Gelassenheit lesen – und sogar lächeln.«
    »Man zweifelt Ihr Können an, Herr Professor!«
    »Wenn es jemandem Spaß macht? Soll er es tun! Habe ich es nötig, mich wegen solcher Sudeleien zu verantworten?!«
    »Nie und nimmer, Herr Professor«, rief Dr. Werth. »Aber die kritiklose Masse …«
    »Und das Kuratorium –«, sagte Gabriele leise.
    »Sie spucken gegen den Wind!« sagte Bergh stolz. Er schob Gabrieles Arm unter den seinen und beobachtete nicht die sprachlosen Blicke Dr. Werths und der Sekretärin. »Gehen wir essen, Gabi …« Er wandte sich zu seinem Oberarzt und gab ihm die Hand. »Sie können den Artikel nachher im Kasino vorlesen, Kollege Werth. Und verteilen Sie einige Exemplare auf den Stationen zur Lektüre …«
    »Herr Professor –«, stammelte Dr. Werth verständnislos.
    »Meine Patienten stehen hinter mir – wie meine Ärzte.« Bergh nickte Dr. Werth zu. »Ich habe doch Ihr Vertrauen, Herr Kollege.«
    »Wir stehen – was auch immer aus dieser Infamie entstehen mag – hinter Ihnen, Herr Professor.«
    »Das soll entscheiden, Kollege Werth!« Professor Bergh lächelte und drückte den Arm Gabrieles an sich. »Wir tun unsere Pflicht, wir retten das Leben, wir besiegen die Krankheiten und den Tod! Und wir waren – wo es möglich war – immer siegreich!«
    Als Bergh und Gabriele Orth die Klinik verließen, gab Bergh dem Pförtner in der gläsernen Eingangsloge die neue Zeitung.
    »Schönen Dank, Herr Professor«, sagte der Pförtner. »Ich lese sie gleich.«
    »Vor allem die erste Seite, lieber Sendl. Da steht was über mich!«
    »Du bist wahnsinnig«, sagte Gabriele fast weinend, als sie auf der Straße standen und Bergh seinen Wagen aufschloß.
    Zwei Tage nach der Gallenkoagulation, noch in dem Zeitraum der allgemeinen Krisis, läutete es Sturm aus dem Zimmer von Frau Maria Wollny. Schwester Angela stürzte herbei und fand Ministerialrat Wollny, wie er seine stöhnende und sich in Koliken krümmende Frau im Bett festhielt.
    »Sie stirbt!« stammelte Erich Wollny. »Was ist das denn? Sie hat ja wieder Koliken! Es ist ja wie früher. Ich denke, ihr habt die Galle weggenommen! Sie stirbt mir! Wo ist der Professor?«
    Professor Bergh war nicht im Haus. Niemand wußte, wo und wie er zu erreichen war. So untersuchte Oberarzt Dr. Werth die wimmernde Patientin. Seine Diagnose, die er für sich behielt, war vernichtend.
    Die Hautfarbe Maria Wollnys wurde gelbbraun – die Leber war vergrößert. Zweiundzwanzig mg Prozent Bilirubin fanden sich im Serum. Die sofortige Röntgenkontrolle mit einer intravenös gespritzten Füllung der Gallenwege mit Biligrafin brachte es deutlich zutage: Im Choledochus saß noch ein gewanderter Gallenstein. Er hatte sich fest eingeklemmt.
    Bergh hatte ihn bei seiner Totaloperation übersehen. Er hatte ihn gar nicht bemerkt.
    Er hatte, völlig eingefangen von der Elektrokoagulation, den Choledochus überhaupt nicht abgetastet.
    Dr. Werth handelte sofort. Er rief den OP I an.
    »Sofort freimachen!« rief er. »Eine Choledochotomie! In fünfzehn Minuten will ich beginnen! Stellen Sie alles zurück!«
    Durch die Klinik surrte fast körperlich spürbar die Nervosität, die jeder Noteingriff

Weitere Kostenlose Bücher