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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Durch den elektrischen Strom schlossen sich alle Blutgefäße. Nur der beißende Geruch verbrannten Fleisches nahm fast die Luft zum Atmen fort, trotz Absaugrohren und obwohl Ventilatoren immer neue Frischluft in den Operationsraum bliesen.
    »Wer den Geruch nicht vertragen kann, darf hinausgehen und frische Luft inhalieren«, sagte Bergh laut. Er selbst roch nichts, er ekelte sich nicht, er empfand gar nichts außer der leichten Vibration des elektrischen Brenners und dem unlernbaren Tastgefühl der Fingerspitzen, mit denen er das Leberbett der Gallenblase abtastete.
    Die Ärzte und Schwestern schwiegen und blieben. Bergh beugte sich wieder über die Operationswunde. »Ich danke Ihnen«, sagte er. »Ein guter Chirurg darf nur das riechen, was er zur Diagnose braucht! Und Ekel kennt er nicht. – Machen wir weiter! Ich mache jetzt eine plastische Netzdeckung, für die ich die langgelassenen Fäden der Serosasäume benutze. Das ist die einfachste Methode einer Radikaloperation! Komplikationen gibt es nicht – wenn man es richtig macht! Drainage, die Gefahr der Infiltration in die Bauchhöhle, alles entfällt. Wir haben eine sauber ektomierte Gallenblase ohne jede Leberaffektion.«
    Mit dieser Operation nehme ich Brigitte Teschendorff alle Trümpfe aus der Hand, dachte er, während er einen Netzstreifen als plastische Deckung über die Vernähung der Serosasäume setzte. Von dieser Operation wird man sprechen! Nicht nur hier im Haus, auch außerhalb der Klinik. In ganz Wien.
    Er machte die letzten Handgriffe – Vernähung der plastischen Deckung … Noch einmal überblickte er den Operationsraum. Ein letzter, prüfender Blick und Gedanke: Ist nichts vergessen worden?
    Dann hob er den Kopf, trat vom Tisch zurück und nickte Oberarzt Dr. Werth zu. Er zog die Handschuhe aus und warf sie fort, riß den Mundschutz ab und die weiße Kappe. Seine weißen Haare waren schweißverklebt, aber sein vor Hitze gerötetes Gesicht war strahlend und glücklich.
    »Beenden Sie die Sache, Kollege Werth«, sagte er gönnerhaft. Er sah hinüber zu Dr. Thoma. Ihre Blicke trafen sich, und Dr. Thoma senkte den Kopf über das Narkosegerät.
    Auch besiegt, mein Junge, dachte Bergh. Es ist gut, wenn du es einsiehst. Um die Größe zu übertreffen und größer zu werden, braucht man Mut! Oft muß man über seinen eigenen Schatten springen.
    Die Mauer der weißen Kittel und Hauben wich zurück und bildete eine Gasse, als er vom Tisch wegtrat. Durch diese Gasse ging er hindurch wie durch ein Spalier.
    Der große Chef.
    Erst, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte und er allein mit sich war, vergrub er sein Gesicht in beide Hände. Als er sie wieder von den Augen nahm, war er ein alter, müder Mann, der keine anderen Wünsche mehr hatte, als Ruhe – Ruhe – nur Ruhe …
    Wien hatte seine Sensation.
    Der ›Wiener Morgengruß‹ hatte auf der ersten Seite den Artikel Artur Sporenkas über Professor Martin Bergh gebracht. Es war ein ziemlich verworrener Artikel, gespickt mit Andeutungen, ohne deutlich zu werden – es wurden Behauptungen aufgestellt, denen der Beweis fehlte. Und Sporenka – klug wie ein Journalist sein muß – schrieb es auch hinein: Wir haben keine Beweise – aber man munkelt so. Und wo gemunkelt wird, gibt es immer Flecken auf der reinsten Weste.
    Brigitte Teschendorff hatte mit kaum gezügelter Spannung das Erscheinen der Morgenzeitung erwartet. Kaum, daß sie gebracht worden war und sie den Artikel gelesen hatte, ging sie zu ihrem Mann und legte die Zeitung mit dem Artikel nach oben auf den Tisch.
    »Bitte, Joseferl – lies das einmal!« sagte sie mit gut gespielter Empörung. »Was sagst du dazu?«
    Josef Teschendorff las den Aufsatz Artur Sporenkas mit gerunzelter Stirn und schob dann die Zeitung zur Seite. »Eine billige Schmiererei!« sagte er ruhig. »Ich werde bei diesem Sporenka nicht ein zweitesmal großzügig sein.«
    »Dieser Artikel ist eine Infamie!« Brigitte Teschendorff gab sich Mühe, ihren Triumph wie echte Erregung klingen zu lassen. »Er unterstellt Bergh Unfähigkeit und Feigheit vor dem Operieren! Jeder in Wien weiß, daß …«
    »Reg dich nicht auf, Gitti!« Teschendorff nahm die Zeitung und zerknüllte sie. »Solche Sudeleien sind Eintagsfliegen. Sie sterben an der nächsten Sensation des nächsten Tages. Aber Sporenka wird an ihr sterben – ich werde gleich in die Stadt fahren und mit dem Direktor des Blattes sprechen.« Er tätschelte Brigittes Hand, aber es war mehr eine konventionelle

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