Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Blasphemie«, sagte er.
Verärgert stemmte Gelfred die Hände in die Hüften. »Ich habe einen Freibrief des Bischofs «, sagte er.
Der Hauptmann zuckte mit den Schultern. »Red weiter, Gelfred.«
Gelfred holte eine Jagdtasche. Sie war steif von Blut, doch das waren Jagdtaschen immer.
Er zog eine Taube heraus – ein wirklich sehr großes Exemplar –, legte sie auf den Tisch und breitete ihre Flügel aus.
»Einer der Jagdfalken hat sie vor etwa zwei Stunden erlegt«, sagte er. »Kein anderer Vogel wäre dazu in der Lage gewesen.«
Der Hauptmann starrte auf die kleine Röhre am Fuß des Vogels, in der für gewöhnlich Botschaften verschickt wurden.
Gelfred nickte. »Er kam aus der Abtei, Hauptmann.«
Milus übergab ihm eine winzige Schriftrolle, die nicht größer war als sein kleiner Finger. »Niederarchaisch«, sagte er. »Das grenzt den Kreis der Verdächtigen ein.«
Die Blicke des Hauptmanns huschten über das Schreiben. Es war sauber verfasst und klang höchst gefährlich – eine Liste der Ritter, der Schwertkämpfer und Bogenschützen sowie weitere Zahlen, vor allem von Vorräten, und dann ging es um Beschreibungen der Verteidigungsmaßnahmen. Aber es stand nichts darin, was den Spion hätte verraten können.
»In einem Konvent von hundert Frauen, von denen jede Niederarchaisch lesen und schreiben kann? Und von denen jede die Macht besitzt und benutzen kann.«
Eine von ihnen war eine Hinterwallerin.
Gelfred nickte. »Der Verräter sitzt nicht hier, sondern in der Festung«, sagte er.
Der Hauptmann nickte zustimmend und schwieg, wie man es tat, wenn man schlechte Nachrichten erhalten hatte und sie noch nicht recht glauben wollte. »Jemand hat den Wildbuben getötet«, sagte er, und sein Blick begegnete dem Gelfreds. »Jemand hat Schwester Hawisia in den Rücken gestochen.«
Gelfred nickte. »Ja, Mylord. Das sind auch meine Gedanken.«
»Jemand hat mit einem Dämon zusammengearbeitet, um eine Nonne zu ermorden.« Der Hauptmann kratzte sich unter dem Bart. »Selbst nach meinen Maßstäben ist das ziemlich schlimm.«
Niemand grinste.
Der Hauptmann stand auf. »Ich will, dass du unseren Verräter zur Strecke bringst, aber gleichzeitig brauche ich dich im Wald«, sagte er. »Und da draußen wird es immer schlimmer.«
Gelfred lächelte. »Mir gefällt es dort«, sagte er und sah sich um. »Zumindest besser als hier drinnen.«
Lorica · Ser Gaston
Vor der Stadt warteten eine Abordnung aus zehn Wagen, die mit Pferdefutter gefüllt waren, sowie vier örtliche Ritter zusammen mit dem Schulzen unter der königlichen Eiche. Der König ritt herbei und umarmte den Schulzen, während der Vogt des Königs die vier jungen Ritter begrüßte und sie auf ihre Pflichten einschwor. Der Quartiermeister kümmerte sich um die Wagen.
Der Schulze hatte gerade die halbe Geschichte des Niederbrennens der Herberge Zu den zwei Löwen erzählt, als er plötzlich ganz weiß und dann rot im Gesicht wurde.
»Aber das ist ja der Mann!«, rief er. »Euer Gnaden! Das ist der Mann, der befohlen hat, die Herberge niederzubrennen!« Er zeigte auf de Vrailly.
De Vrailly zuckte mit den Achseln. »Kenne ich Euch, Ser?«, fragte er und ritt zum König hinüber, dem Schulzen und den anderen Mitgliedern des königlichen Haushalts, die sich unter der großen Eiche versammelt hatten.
Der Schulze stotterte: »Euer … Euer Gnaden, das ist der Schurke, der den Befehl zum Niederbrennen der Herberge gegeben hat. Und er hat erlaubt, dass der Wirt zusammengeschlagen wird, ein treuer Geselle und ein guter …«
De Vrailly schüttelte milde den Kopf. »Du nennst mich einen Schurken? «
Der König legte eine Hand auf de Vraillys Zaumzeug. »Haltet ein, Mylord. Ich muss seine Anklage hören.« Der König warf dem Schulzen einen bösen Blick zu. »Wie unbegründet sie auch sein mag.«
»Unbegründet?«, rief der Schulze.
De Vrailly lächelte. »Euer Gnaden, es ist nicht unbegründet. Meine Knappen haben den wertlosen Paysant getreten und seine Herberge niedergebrannt, damit er eine Lektion für seine Unverschämtheit erhält.« Er hob die linke Braue um eine Haaresbreite. Seine wunder schönen Nasenflügel bebten, während er die Lippen zusammenkniff.
Der König holte tief Luft. Gaston beobachtete ihn sehr aufmerksam. Schon hatte er sein Schwert in der Scheide gelockert. Diesmal würde nicht einmal de Vrailly so einfach davonkommen. Der König durfte vor seinem eigenen Volk, seinen Vasallen und Offizieren keineswegs als schwacher Herrscher
Weitere Kostenlose Bücher