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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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sie. »Oder Ihr erledigt Euren Auftrag schnell und zieht zu grüneren Weiden weiter«, fügte sie mit süßlicher Stimme hinzu. »Wie ich gehört habe, sollen die Huren südlich des Flusses sehr hübsch sein.«
    Er dachte an den Wert dieses Vertrags – sie hatte nicht einmal versucht, seine überhöhten Preise zu drücken.
    »Ich werde entscheiden, was uns besser frommt, sobald ich die Farbe Eures Geldes sehe.«
    »Meines Geldes?«, fragte sie.
    »Ich verlange Vorauskasse für einen Monat, Äbtissin. Wir kämpfen niemals umsonst.«
    Lorica · Ein Goldener Bär
    Der Bär war gewaltig. Alle Leute auf dem Markt sagten das.
    Der Bär saß in Ketten da, hatte die Beine ausgestreckt wie ein erschöpfter Tänzer und hielt den Kopf gesenkt. An jedem Bein hatte er eine Fessel, und die Ketten dazwischen waren so kunstvoll geschmiedet, dass sich die Bestie nur sehr eingeschränkt bewegen konnte.
    Beide Hinterpfoten waren mit Blut überzogen – in den Fesseln steckten zusätzlich kleine Stacheln, die nach innen wiesen.
    »Seht den Bären! Seht doch den Bären!«
    Der Bärenhalter war ein großer Mann, so fett wie ein Lord, und er hatte Beine wie Baumstämme und Arme wie Schinken. Seine beiden Jungen waren klein und schnell und sahen so aus, als sei ihr zweiter Beruf der eines Verbrechers.
    »Ein Goldener Bär aus der Wildnis! Nur heute!«, brüllte er, während seine Jungen durch den Markt streiften und riefen: »Kommt, und seht den Bären an! Den Goldenen Bären!«
    Der Markt war so voll, wie ein Markt beim ersten Hauch des Frühlings nur sein konnte, nachdem jeder Bauer und Krämer den ganzen Winter hindurch auf seinem Hof oder im Stadthaus eingepfercht gewesen war. Jede Frau hatte neue Körbe zum Verkauf geflochten. Gute Bauersleute boten gesunde Winteräpfel und sorgfältig gehortetes Getreide an. Es gab neue Leinenwaren – Hemden und Kappen. Der Messerschleifer machte gute Geschäfte, und ein Dutzend weiterer Händler und Frauen priesen ihre Waren lauthals an: frische Austern von der Küste, Lämmer, gegerbtes Leder.
    Fast fünfhundert Menschen befanden sich auf dem Markt, und jede Stunde strömten weitere hinzu.
    Ein Schankjunge aus der Taverne rollte hintereinander zwei kleine Fässer herbei, legte ein Brett über sie und schenkte Bier und Apfelwein ein. Er hatte sich unter der alten Eiche niedergelassen, die den Mittelpunkt des Marktfeldes bezeichnete, und war nur einen Steinwurf von dem Bärenmeister entfernt.
    Die Männer tranken.
    Ein Fuhrmann brachte seine kleine Tochter herbei, damit sie den Bären bestaunen konnte. Es handelte sich um ein Weibchen, das zwei Junge hatte. Mit ihrem hellen, leicht ins Goldene spielenden Fell waren sie wunderschön, doch ihre Mutter roch nach Verwesung und Dung. Ihre Augen waren wild, und als die Tochter des Fuhrmanns eines der Jungen berührte, öffnete das furchterregende Tier das Maul. Das Mädchen betrachtete furchtsam die vielen gefährlichen Zähne. Die stetig anwachsende Menge erstarrte, und dann wichen die Leute langsam zurück.
    Die Bärin hob eine Tatze, zerrte an den Ketten …
    Das Mädchen blieb stehen. »Armer Bär«, sagte es zu seinem Vater.
    Die Tatze hätte das Mädchen beinahe erreicht. Doch die Schmerzen, die von den Stacheln in den Fesseln ausgingen, überlagerten offenbar die Wut des Tieres. Es fiel auf alle viere, setzte sich wieder und sah in seiner Verzweiflung beinahe menschlich aus.
    »Psst, Mädchen«, sagte der Vater. »Das ist eine Kreatur aus der Wildnis. Ein Diener des bösen Feindes.«
    Allerdings klangen seine Worte nicht besonders überzeugend.
    »Die Kleinen sind wunderbar.« Die Tochter ließ sich auf die Hacken nieder.
    Sie waren von Seilen umschlungen, trugen aber keine Fesseln.
    Ein Priester – ein sehr weltlicher Priester in kostbarer blauer Wolle, der einen großartigen und schweren Dolch umgebunden hatte – beugte sich herunter. Er hielt einem der Bärenjungen die Faust vor die Nase, und das kleine Tier biss ihn. Er riss die Hand aber nicht zurück, sondern wandte sich dem Mädchen zu. »Die Wildnis ist oftmals schön, Tochter. Aber diese Schönheit ist eben die Falle, die der Teufel für die Unachtsamen aufgestellt hat. Sieh ihn an. Sieh ihn doch nur an!«
    Der kleine Bär kämpfte gegen sein Seil und wollte den Priester erneut beißen, der sich nun langsam erhob und dem jungen Tier einen Fußtritt gab. Dann drehte er sich zum Bärenmeister um.
    »Es bedeutet so etwas wie Häresie, eine Kreatur aus der Wildnis für Geld zu zeigen«,

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