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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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ungebärdiger wurden, je mehr das Rudel anwuchs. Dreißig wütende Hunde können einander genauso sehr hassen wie einen Bären.
    Der Priester trat aus dem Kreis heraus. »Seht euch diese Kreatur des Bösen an!«, rief er. »Sie ist die Verkörperung unseres Feindes. Seht euch doch nur ihre Fangzähne an, die vom bösen Feind dazu gemacht wurden, Menschen zu töten. Und seht euch diese Hunde an, die von den Menschen gezüchtet wurden – es sind Tiere, die seit geduldigen Generationen von Menschen zu Gehorsamkeit erzogen wurden. Kein Hund kann dieses Ungeheuer allein zur Strecke bringen, aber will etwa jemand bezweifeln, dass es allen gemeinsam möglich sein wird? Gibt es hier jemanden, der diese Lektion nicht verstanden hat? Der Bär – seht ihn euch nur an – ist mächtig. Aber der Mensch ist noch weitaus mächtiger.«
    Diesmal hob die Bärin den Kopf nicht.
    Der Priester trat sie.
    Das Tier starrte zu Boden.
    »Das Biest will nicht kämpfen!«, sagte einer der Soldaten.
    »Ich will mein Geld zurück!«, rief ein Stellmacher.
    Der Priester zeigte sein schreckliches Lächeln. Er packte das Seil, an das eines der Bärenjungen gebunden war, riss die Kreatur in die Luft und warf sie den Hunden vor.
    Nun sprang die Bärin auf.
    Der Priester lachte. »Jetzt wird das Ungeheuer kämpfen«, sagte er.
    Die Bärin stemmte sich gegen die Fesseln, als die Mastiffs das schreiende Junge in Stücke rissen. Es klang wie ein Menschenkind, entsetzt und verängstigt, und dann war es fort – zerfetzt und gefressen von einem Dutzend Hunden. Bei lebendigem Leibe.
    Der Fuhrmann hielt seiner Tochter die Augen zu.
    Der Priester drehte sich ihm zu; in seinen Augen loderte es. »Zeig es ihr!«, kreischte er. »Zeig ihr, was passiert, wenn das Böse besiegt wird!« Er machte einen Schritt auf den Fuhrmann zu …
    Und die Bärin bewegte sich. Sie bewegte sich weitaus schneller, als man es hätte erwarten können.
    Sie hielt den abgerissenen Kopf des Priesters in der einen Tatze und seinen Dolch in der anderen; dann erst fiel der Körper in den Dreck und pumpte sein Blut in die Menge. Nun wirbelte die Bärin herum – sie schien plötzlich nur noch aus Zähnen und Klauen zu bestehen – und rammte den schweren Stahldolch durch die Glieder ihrer Kette in den Boden.
    Die Glieder zerbrachen.
    Eine Frau schrie auf.
    Die Bärin tötete so viele, wie sie erwischen konnte, bis ihre Tatzen mit Blut überzogen waren und ihre Glieder schmerzten. Die Menschen kreischten, behinderten sich gegenseitig, und die Tatzen schlugen wie Rammböcke bei einer Belagerung gegen sie, sodass jeder Mann und jede Frau, die sie traf, starben.
    Wenn es ihr möglich gewesen wäre, hätte sie jeden einzelnen Menschen auf der ganzen Welt umgebracht. Ihr Junges war tot. Ihr Junges war tot.
    Sie tötete und tötete, aber die Menschen rannten in alle Richtungen davon.
    Als sie niemanden mehr erwischen konnte, ging sie zurück und zerriss die am Boden liegenden Körper – ein paar hatten noch gelebt, aber sie sorgte nun dafür, dass sie in schrecklicher Angst starben.
    Ihr Junges war tot.
    Sie hatte keine Zeit zur Trauer. Bevor die tödlichen, stahlgekleideten Soldaten mit ihren mächtigen Bögen herkommen konnten, nahm sie ihr verbliebenes Junges, beachtete weder Schmerz noch Müdigkeit noch Angst und Panik, die sie verspürte, weil sie so tief im gezähmten Grauen des Menschenlandes steckte, und floh. Hinter ihr läuteten die Alarmglocken des Ortes.
    Sie rannte.
    Lorica · Ser Mark Wishart
    Nur ein einziger Ritter und sein Knappe erschienen. Von der Komturei aus waren sie im Galopp zu den Toren geritten, fanden diese geschlossen und die Türme bemannt. Die Soldaten auf den Mauern waren mit Armbrüsten bewaffnet.
    »Eine Kreatur der Wildnis!«, riefen die angsterfüllten Männer auf der Mauer und weigerten sich, dem Ritter die Tore zu öffnen – obwohl sie ihn doch gerufen hatten. Und obwohl er der Prior des Ordens vom heiligen Thomas war. Und überdies ein Paladin.
    Der Ritter umrundete langsam die kleine Stadt, bis er zum Marktfeld kam.
    Er stieg ab. Sein Knappe betrachtete das Feld so argwöhnisch, als könnte jeden Augenblick eine Horde Kobolde darauf erscheinen.
    Der Ritter öffnete das Visier und schritt gemächlich über das Feld. Ganz am Rand lagen bei dem ausgetrockneten Graben, der die Grenze des Marktes bezeichnete, einige Leichen, und etliche weitere fanden sich unter der Markteiche. Er konnte die Fliegen hören. Und er roch die Gedärme aus den aufgerissenen

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